Boston Consulting Group zur Eurokrise

Boston Consulting GroupBoston Consulting GroupIm September 2011 hat die Bosten Consulting Group (BCG) ein Meinungsbild mit dem Titel „Collateral Damage – Back To Mesopotamia? – The Looming Threat of Debt Restructuring“ veröffentlicht. Zu finden ist dieses „Machwerk“ hier.

Zusammenfassend geht es dabei um mögliche Wege aus der Schuldenkrise in Europa/Euro-Zone und den USA, wobei ich mich auf den europäischen Abschnitt beschränken werde, den ich im Nachfolgenden kurz skizzieren möchte:

Implementing Write-Off

Die Staatsschulden könnten durch den Staat mit Hilfe des ESFS teilweise abgeschrieben werden. Betrachtet man beispielsweise einen italienischen Schuldenschnitt der öffentlichen Hand von 180%, würde dies zu einem Haircut bei italienischen Staatsanleihen in Höhe von 47% führen. Unerwähnt bleibt dabei aber, dass wohl hauptsächlich Privathaushalte diesen Haircut zu tragen hätten, weniger institutionelle Anleger. Eine weitere kreative „Abschreibemöglichkeit“ wäre nach BCG die Reduzierung von Hypothekenkrediten um einen bestimmten Faktor X für private Haushalte, während dessen für Unternehmen diese Reduzierung galant als nur „notwendig“ erachtet wird. Dies impliziert für mich jedoch, dass Unternehmen wohl größere Abschreibungen erfahren sollen als der einfache Häuslebauer. Beiden Aspekten gemein ist jedoch, dass damit die Risiken des „moral hazard“ zukünftig ansteigen werden, da jedwede Risiken durch solche Maßnahmen abgedeckt wären (zumindest zu einem erheblichen Anteil).

Acknowledgement Losses at Lenders

Ein Abschreiben kann natürlich auch aus Sicht der Kreditgeber vorgenommen werden – was derzeit ca. 10% (ca. 3 Billiaden €) ausmachen würde. Dies hätte jedoch zur Folge, dass ein Zusammenbrechen der Finanzinstitute unausweichlich würde, da weder Banken noch Versicherungen genügend Abschreibungspotenzial (soll heißen Puffer) in ihren Büchern haben, um diese massiven Verluste auffangen zu können. Und damit kommt wieder der gemeine Steuerbürger ins Spiel, der nach 2008 und 2011 wieder den Finanzsektor mit Steuergeldern aus der Patsche helfen müsste. Eine Rekapitalisierung würde damit de facto zu einer Verstaatlichung der Banken führen.

Funding the Restructuring

Eine Umstrukturierung des Schuldenüberhangs kann nach Meinung der BCG auch über mögliche Steuererhöhungen auf vorhandene Vermögenswerte im privaten Sektor erfolgen. Eine Finanztransaktionssteuer scheint dabei die wahrscheinlichste Option zu sein. Da die Kosten einer Restrukturierung in der Regel höher sein werden als Guthaben in den einzelnen Staaten vorgehalten wird, ist eine Transferunion unumgänglich. Konkret bedeutet dies, dass der deutsche Steuerzahler (neben den Niederländern, Finnen oder Österreichern) die Umstrukturierungskosten (de facto Zinszahlungen) für Länder wie Griechenland, Spanien oder Italien über einen 25%-igen Guthaben-Haircut übernehmen muss. BCG selbst umschreibt diese Maßnahmen als unpopulär, da dabei die Banken und Versicherer als Gewinner hervorgehen würden.

Additional Fiscal Measures

Dahinter verbergen sich nichts anderes als höhere Steuern (z.B. auf Immobilienbesitz und dies dauerhaft) oder neue Steuern wie beispielsweise Steuern auf nicht-reinvestierte Unternehmensgewinne.

Implementing Structural Changes

BCG sieht bei Umsetzung einer der oben aufgezeigten Maßnahmen oder aus einem Strauss aus verschiedenen Kombination daraus zwingend weitere strukturelle Änderungen von Nöten:

  • Rückkehr zur Maximal-Verschuldung von 60% eines Staates (bezogen auf sein BIP), sowie höchstens 3%-Neuverschuldung pro Jahr (Maastricht-Kriterien). Dies alles unter strikter Kontrolle und Durchsetzung von Strafen bei Nicht-Einhaltung.
  • Einführung von Eurobonds als Gesamtschuldabsicherung in der Euro-Zone. Dies setzt natürlich die Zustimmung finanzstarker Länder wie Deutschland voraus, deren Refinanzierungskosten dadurch stark ansteigen würden.
  • Einführung von Kontrollmaßnahmen (Haushaltskontrollen durch die EU) um die Bildung einer erneuten Kreditblase zu verhindern. Was letzendlich auf die Abgabe der Fiskalhoheit nach Brüssel hinauslaufen würde.
  • Erhöhung des Renteneintrittalters bei gleichzeitiger Reduzierung der Altersbezüge. Dies kommt unter dem Strich einer zweifachen Rentenkürzung gleich, da wohl niemand ernsthaft erwarten kann das beispielsweise ein Maurer noch mit 70 Jahren auf dem Bau herumturnt.
  • Angleichung von Gehältern in der Euro-Zone auf ein gemeinsames Niveau. Wobei BCG von einem stärkeren Anwachsen der Löhne in Deutschland spricht, da hier ein Reallohnverlust in den letzten Jahren stattgefunden hat. Zusätzlich wird eine Stärkung des deutschen Konsums gefordert, damit die Sparquote reduziert wird.

Betrachtet man diese „Liste“ der Bosten Consulting Group gibt es bei dieser Geschichte nur einen Verlierer. Und dieser heißt (Achtung Trommelwirbel!!):

Der einfache Mann/Frau von der Straße.

Die eigentlichen Verursacher (FED, Bankensystem, Bankster, Regierungen usw.) werden nicht zur Rechenschaft gezogen werden, können je nach eingeschlagenem Weg sogar ihre Positionen stärken oder ausbauen.

Setzt man zusätzlich die Stellung von BCG in der deutschen Regierung (als Lobbyist, als Gesetzeschreiber und als gefragte „Fachleute“ [z.B. die Herren Holle und Stelter]) in Relation, kann man unumwunden sagen: Der Drops ist gelutscht und er schmeckt für uns Normalsterbliche bitter. Oder denkt jemand ernsthaft daran, dass neben Inflation oder den aufzeigten Maßnahmen die von BCG als „Alternative Lösungen“ aufgezeigten Wiedereinführung von nationalen Währungen und/oder eine kleinerer Währungsraum (Nord-Euro?) kommen werden? Ich nicht…

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