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Überwachungsstaat 2.0Lesezeit: 3 Minuten

Hans-Peter Friedrich

Bildquelle: Wikipedia / Henning Schacht

Nachdem der gläserne Bürger mehr oder weniger bereits durch unsere „demokratischen“ Abgeordneten abgesegnet wurde (elektronische Gesundheitskarte, Kontenabgleich usw.) wünscht sich unser Innenminister Hans-Peter Friedrich eine Ausweitung der bestehenden Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen:

Ich halte es für richtig, dass an Plätzen oder Straßen, an denen es auffällig viel Kriminalität gibt, mehr Kameras installiert werden.

Hintergrund für diese Äußerung war der tödliche Angriff auf einen 20-Jährigen am Berliner Alexanderplatz in der vergangenen Woche durch eine Gruppe junger Männer.

Neben der Kamera“vermehrung“ will Friedrich zusätzlich mit mehr Polizeieinsatzkräfte in der Öffentlichkeit Präsenz zeigen:

Mehr Polizeistreifen und mehr Präsenz im öffentlichen Raum tragen ganz wesentlich zum Sicherheitsgefühl der Bevölkerung bei. Stadtviertel, in denen sich Bürger nicht mehr sicher bewegen können, darf es nicht geben.

Wieder einmal versucht die Politik hilflos Stärke zu zeigen. Anstatt die Ursachen für diese Gewaltexzesse anzugehen, wird versucht die daraus resultierende Auswirkung  zu kurieren. 

Bei jeder Gelegenheit werden sonst andere Länder als Beispiel für bessere Gesetze, Gesundheitssysteme usw. genannt – natürlich nur dann wenn es den Politikern in den Kram passt. Dass es eine Rund-um-die-Uhr-Überall-Überwachung in England gibt und dort der Videowahn nur marginale Auswirkungen auf die Gewaltstatistik hat, wird von Friedrich und Co. geflissentlich unterschlagen. Schließlich kann man diese Erkenntnis aus anderen Ländern in diesem Fall nicht gebrauchen:

Vom Beispiel Großbritannien kann gelernt werden, wie sich Videoüberwachung als Mittel sozialer Kontrolle durchsetzen kann. Dabei ist dies um so erstaunlicher, als daß die positive Wirkung auf die Kriminalitätsraten und auf das subjektive Sicherheitsgefühl keinesfalls eindeutig bewiesen sind. Aus den angeführten Studien läßt sich bereits ablesen, wie schwierig es ist, die Videoüberwachung über Statistiken zu beurteilen. Im besten Fall läßt sich sagen, daß Videoüberwachung in überwachten Zonen zum Rückgang bestimmter Kriminalität, wie Einbruch, geführt hat. Dabei muß aber auf die Möglichkeit der Verdrängung von Straftaten geachtet werden.

Wie oben bereits angedeutet, sollte sich die ReGIERung vielmehr Gedanken über die eigentliche Ursache für diese Gewaltexzesse machen. Für den Gewaltforscher Wilhelm Heitmeyer sind diese brutalen Gewaltausbrüchen eine Folge der Deklassierung durch soziale Ungerechtigkeit – sprich das vorherrschende Wertesystem generiert Menschen, die durch die soziale Spreizung bei Einkommen, sozialen Stand usw. immer mehr in den Hintergrund der Gesellschaft gedrängt werden und hilflos durch rohe Gewalt ihre Unzufriedenheit artikulieren.

Aber vielleicht kommt den ReGIERenden diese Gewaltzunahme auch zum richtigen Zeitpunkt, um den Wunsch der Videoüberwachung der Gesamtbevölkerung über den Umweg „steigende Gewalt im öffentlichen Raum “ zu realisieren. Ganz nach der Hegelschen Dialektik des Dreischritts von These, Antithese und Synthese:

1) Die Gegenüberstellung zweier Aussagen zu einem Sachverhalt, schafft eine These und eine Antithese, eine Negation der Position, die in der These behauptet wird. In der fortlaufenden Argumentation gewinnt diese Antithese als Negation eine positive Funktion. Sie treibt den Erkenntnisprozeß auf eine neue Ebene, diese neue Ebene bzw. die neue Formulierung auf dieser Ebene ergibt die Synthese. 
Sie dient wieder neu als Negation der Antithese und fordert gleichzeitig eine neue Gegenargumentation, ist also gleichzeitig neue These.

2) Das zweite Moment zeigt sich in der Bewegung in die das Denken bzw. dieser Erkenntnisprozeß eingebettet ist. Sie steht im Unterschied zu linearen oder deduktiven Verfahren, die auf vorgegebenen Postulaten basieren. Die Bewegung der Hegelschen Dialektik bezieht gezielt Positionen außerhalb des Argumentationsablaufes, um dann neue Positionen zu schaffen, die aus der linearen Sicht eine Negation darstellen und damit die Dialektik nicht nur in ihrem Prozeß dynamisiert wird, sondern auch das Gegenstandsfeld und die subjektive Erkenntnis dieses Prozesses.

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