Welche Agenda verfolgen unsere Qualitätsmedien?

Ich habe heute eine Mail einer Leserin mit folgendem Wortlaut erhalten:

In Bezug auf Ihren Artikel Unsere Qualitätsmedien: Haben Sie eine Idee, welche Agenda die Elite der „Qualitätsmedien“ verfolgt oder wie man das herausfinden kann?

Gerne versuchen ich die darin aufgegriffene Frage mit einem Artikel zu beantworten:

J.P. Morgan und J.P. Morgan JrJ.P. Morgan und J.P. Morgan Jr

Bildquelle: Wikipedia

Am 9. Februar 1917 kam es im amerikanischen Kongess zu einer Rede vom Kongressabgeordneten Callaway, der in dieser Rede feststellte, dass in den letzten Monaten 25 der führenden amerikanischen Zeitungen durch das Bankhaus J.P. Morgan aufgekauft wurden und die kritischen und unabhängigen Chefredakteure durch Morgan-treue Mitarbeiter ausgetauscht wurden. Callaway benannte damals auch den Grund für diese Aktion: Die Kontrolle über die US-Medien zu gewinnen.

Dazu ein Ausschnitt aus den Aufzeichnungen des Kongresses vom 9. Februar 1917 (Quelle: U.S. Congressional Record February 9, 1917, Seite 2947; Online):

“In March, 1915, the J.P. Morgan interests, the steel, ship building and powder interests and their subsidiary organizations, got together 12 men high up in the newspaper world and employed them to select the most influential newspapers in the United States and sufficient number of them to control generally the policy of the daily press in the United States.

“These 12 men worked the problems out by selecting 179 newspapers, and then began, by an elimination process, to retain only those necessary for the purpose of controlling the general policy of the daily press throughout the country. They found it was only necessary to purchase the control of 25 of the greatest papers. The 25 papers were agreed upon; emissaries were sent to purchase the policy, national and international, of these papers; an agreement was reached; the policy of the papers was bought, to be paid for by the month; an editor was furnished for each paper to properly supervise and edit information regarding the questions of preparedness, militarism, financial policies and other things of national and international nature considered vital to the interests of the purchasers.

“This contract is in existence at the present time, and it accounts for the news columns of the daily press of the country being filled with all sorts of preparedness arguments and misrepresentations as to the present condition of the United States Army and Navy, and the possibility and probability of the United States being attacked by foreign foes.

“This policy also included the suppression of everything in opposition to the wishes of the interests served. The effectiveness of this scheme has been conclusively demonstrated by the character of the stuff carried in the daily press throughout the country since March, 1915. They have resorted to anything necessary to commercialize public sentiment and sandbag the National Congress into making extravagant and wasteful appropriations for the Army and Navy under false pretense that it was necessary. Their stock argument is that it is ‚patriotism.‘ They are playing on every prejudice and passion of the American people.”

Hier finden wir den ersten Hinweis darauf, welche Ziele mit den Aufkäufen verfolgt wurden: Die politische Meinungsbildung zu beeinflussen und die eigenen Interessen durch die Medien in die Köpfe der Menschen zu bringen.

Bezeichnenderweise traten keine zwei Monate nach dieser Rede die USA in den ersten Weltkrieg ein – genauer gesagt am 6. April 1917. Im Vorfeld unterlegt mit massiven Kriegsaufrufen eben dieser führenden 25 Zeitungen, die durch ihre Bedeutung regionale Zeitungen dazu veranlassten ähnliche Leitartikel zu verfassen und somit die Ablehnung der amerikanischen Gesellschaft für einen Kriegseintritt verringerte.

Die durch J.P. Morgan begonnene Konzentration der Zeitungen auf wenige Eigentümer nahm in den Folgejahren weiter massiv zu und findet bis heute seine Fortsetzung:

Bildquelle: Media Ownership and Concentration in America, Eli Noam, Oxford University Press, 2009, Seite 139

Mittlerweile ist die Medienkonzentration in den USA so weit fortgeschritten, dass man nur noch zwischen wenigen Großkonzernen (wie Disney, Time Warner, Viacom oder eben General Electric-NBC) unterscheiden kann – unabhängig des Distributionsweges (TV, Radio, Zeitung oder Internet) der Nachrichten.

Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt von www.bpb.de

Selbst die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt hierzu:

Medienkonzentration ist kein neues Phänomen. Seit der Industrialisierung der Presse durch die technisch-ökonomischen Veränderungen im 19. Jahrhundert haben bestimmte gesellschaftliche Kräfte immer wieder versucht, die Monopolisierung der Medien zu befördern und unternehmerische Interessen durchzusetzen.[1] Vor dem Hintergrund von Konzentrationsprozessen auf nationaler Ebene und angesichts transnational agierender Medienunternehmen hat die Eigentumskonzentration bei Presse und Rundfunk ein noch nie da gewesenes Ausmaß erreicht. Die verschiedenen Formen der Medienverflechtung sowie das Entstehen ausdifferenzierter Medienkonzerne führen zu einer Störung des freien Spiels der Kräfte am Markt. Dies ist nicht nur volkswirtschaftlich unerwünscht, sondern bewirkt im Medienbereich auch gesellschafts- und demokratiepolitische Legitimationsdefizite.

Und damit haben wir das zweite Ziel: Das Ausschalten kritischer Berichterstattung in Folge unterschiedlicher Meinungen, Sichtweisen und politischen Anschauungen, die bei einer gelebten Meinungsvielfalt zwangsweise auftreten müssen.

Ein weiterer Aspekt der Medienkonzentration auf wenige Besitzergruppen ist die damit einhergehende Zerstörung der Demokratie. Albrecht Müller richtigerweise auf www.nachdenkseiten.de:

Geballte Medienmacht überall. Damit stirbt die Basis der Demokratie.

Die Medienkonzentration in Italien ist eklatant. Berlusconi beherrscht weite Teile der privaten und öffentlichen Medien. Die Medienkonzentration in den USA ist bedrohlich und eine der Ursachen für undemokratische Personal- und Sachentscheidungen. Der Einfluss des australischen Medienbesitzers Murdoch ist auch in den USA groß. Das gleiche gilt für Großbritannien. Murdoch hat dort auch Personalentscheidungen und die Anpassung von Parteien an neoliberale Vorstellungen, zum Beispiel von Labour mit Tony Blair, wesentlich bestimmt.
In Deutschland wird das Geschehen von im Geiste verbundenen Konzernen bestimmt, von Bertelsmann, von Springer und einigen kleineren Konzernen wie Holtzbrinck und Burda. Wenn’s um den Kern der Entwicklung geht, etwa um die Unterstützung der jetzigen Bundeskanzlerin und auch zum Beispiel des ehemaligen Verteidigungsministers zu Guttenberg, oder um die Grundphilosophie des Zusammenlebens, nämlich die totale Kommerzialisierung aller Lebensbereiche und um neoliberal geprägte Reformen, dann sind sich diese Konzerne einschließlich der mächtigen Regionalzeitungen im wesentlichen einig. Dass der Spiegel jetzt “Bild” scharf kritisiert, dient eher der eigenen Imagebildung, als dass es ein wirkliches Bild der Medienverhältnisse abbildet. Der Spiegel und die Bild-Zeitung haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten über weite Strecken gemeinsame Sache gemacht: für die neoliberale Reformpolitik, gegen jede politische Alternative links von Union und FDP, für Privatisierung, für die Privatisierung der Altersvorsorge, für De-Regulierung, usw.

Wir haben also auch in Deutschland ein großes Problem der Gleichrichtung unserer Medien; deshalb ist eine wichtige Bedingung für das Funktionieren der Demokratie außer Kraft gesetzt.

Drittes Ziel: Abschaffung der Demokratie in der uns bekannten Form. Und dass genau dieser Prozess stattfindet, dürfte aufgrund der Aufforderungen mehr Macht und Entscheidungskompetenz nach Brüssel abzugeben (Stichwort Haushalts- und Budgetrecht) offensichtlich sein.

Gustave Le Bon schreibt in seinem Hauptwerk Psychologie der Massen bereits 1895:

Menschen von verschiedenartigster Intelligenz haben äußerst ähnliche Triebe, Leidenschaften und Gefühle. In allem, was Gegenstand des Gefühls ist: Religion, Politik, Moral, Sympathien und Antipathien usw. überragen die ausgezeichnetsten Menschen nur selten das Niveau des gewöhnlichen einzelnen.

Bildquelle: Wikipedia

Für Le Bon dominierte in der menschlichen Entwicklungsgeschichte bis in die allerjüngste Vergangenheit hinein das Kollektiv. Das Überleben wird nur durch die Zugehörigkeit zu einer Sippe und Stamm ermöglicht und dieser Wunsch nach Geborgenheit in einer Gruppe kann sehr leicht durch die Massenmedien erzeugt werden. Die Medien besitzen somit ein ausgezeichnetes Instrument, um Massen „herzustellen“ und vor allem zu steuern. Beispielhaft sind hier die „Fanmeilen“ bei EM- und WM-Spielen zu nennen, deren Zulauf und Zuspruch hauptsächlich durch die Medien generiert werden.

Die Steuerung der Menschen stellt damit das vierte Ziel dar. Diese Steuerung wird umso wichtiger, wenn existenzbedrohende Themen wie ESM und Fiskalpakt anstehen. Denn würden die Medien ihrem eigentlichen Aufrag nachkommen, der ihnen laut Grundgesetz „mehr oder weniger zugewiesen“ wurde („Die freie geistige Auseinandersetzung ist ein Lebenselement der freiheitlichen demokratischen Ordnung in der Bundesrepublik und für diese Ordnung schlechthin konstituierend. Sie beruht entscheidend auf der Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit, die als gleichwertige Garanten selbständig nebeneinander stehen.“), müssten sie anders über die Risiken, Gefahren und zu erwartenden Konsequenzen für den deutschen Bürger berichten.

Wir sehen die Agenda der „Qualitätsmedien“ zielt ab auf:

  • Die Beeinflussung der politischen Meinungsbildung, um eigene – den Eliten dienende – Interessen als positive Anker in die Köpfe der Menschen zu setzen.
  • Das Ausschalten kritischer Berichterstattung und die Gleichschaltung der öffentlichen Meinung. Insbesondere die Herabwürdigung Andersdenkender und kritischer Menschen, die die eingeschlagenen Wege als falsch anprangern.
  • Die Abschaffung der Demokratie und gleichzeitige Akzeptanzschaffung für die „alternativlose“ Eine-Welt-Regierung mit all ihren daraus resultierenden Folgen.
  • Die Steuerung der Massen in Form von Propaganda, um die Ziele der Eliten zu verwirklichen.

Sicherlich stellen diese vier Punkte nur einen Abriss dar. In meinen Augen sind jedoch diese Aspekte die wesentlichen, um die Eingangs genannte Frage nach der Agenda der „Qualitätsmedien“ zu beantworten. Leider wird der Ein oder Andere diese Ziele wieder in das Reich der Verschwörungstheorien verweisen wollen, denjenigen sei nochmals ein Zitat von Gustave Le Bon an die Hand gegeben:

Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen mißfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer.

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