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CleanIT – der Todesstoß für ein freies Internet

CleanIT ProjectCleanIT Project

Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt www.cleanitproject.eu

Seit April 2011 verfolgt die Europäische Union ein Projekt namens CleanIT. Vordergründiges Ziel sei dabei die Bekämpfung illegaler Inhalte im Internet und damit die terroristische Nutzung desselben einzuschränken.

CleanIT wird derzeit außerhalb eines legislativen Ansatzes und somit außerhalb der Anhörungsmöglichkeiten nationaler und supranationaler Parlamente verfolgt und eine Mitspracheregelung durch gewählte Abgeordnete ist auch zukünftig ausdrücklich nicht vorgesehen. Konkret bedeutet dies, dass die EU mit diesem Projekt versucht eine flächendeckende Kontrolle der Netzinhalte vorbei an den Parlamenten einzuführen. Begründet wird die Projektführung außerhalb eines legislativen Ansatzes mit der Freiwilligkeit der Umsetzung seitens der Provider und der schnelleren Umsetzbarkeit.

Um die Brisanz dieses Themas zu verdeutlichen, die wesentlichen Empfehlungen aus dem Projekt, die aus einem geleakten Dokument durch die Organisation European Digital Rights (EDRi) an die Öffentlichkeit gelangten:

  • Aufhebung aller gesetzlichen Bestimmungen, die der Filterung/Überwachung der Internetanschlüsse von Angestellten in Betrieben entgegenstehen
  • Strafverfolgungsbehörden sollen die Möglichkeit erhalten, Inhalte zu entfernen, „ohne [dass sie sich an] die arbeitsintensiven und bürokratischen Prozeduren wie Notice&Takedown halten“ müssen
  • „wissentlich“ auf „terroristische Inhalte“ zu verlinken soll „ganz genauso“ strafbar sein wie „Terrorismus“ selbst (wobei sich der Vorschlag nicht auf Inhalte bezieht, die von einem Gericht als illegal eingestuft wurden, sondern ganz allgemein auf unbestimmte „terroristische Inhalte“)
  • Schaffung gesetzlicher Grundlagen für einen „Klarnamen“zwang, um eine anonyme Nutzung von Onlinediensten zu unterbinden
  • ISPs sollen haftbar gemacht werden, wenn sie keine „vernünftigen“ Anstrengungen machen, technische Überwachungsmaßnahmen zur Identifizierung einer (unbestimmten) „terroristischen“ Nutzung des Internets zu setzen
  • Anbieter von Filtersystemen für Endnutzer und deren Kunden sollen zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie „illegalen“ Aktivitäten nicht melden, die sie über die eingesetzten Filter identifiziert haben
  • auch Kunden sollen zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie „wissentlich“ Inhalte melden, die nicht legal sind
  • Regierungen sollten die Hilfsbereitschaft von ISPs als Kriterium für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen heranziehen
  • Soziale Netzwerke und Plattformen sollen Sperr- und „Warn“systeme einführen – irgendwie soll es nicht erlaubt sein, (unbestimmte) „Internetdienste“ für „terroristische Personen“ anzubieten und wissentlich Zugang zu illegalen Inhalten zu gewähren, während die Endnutzer gleichzeitig „gewarnt“ werden sollen, wenn sie auf illegale Inhalte zugreifen.
  • Die Anonymität von Personen, die (möglicherweise) illegale Inhalte melden, soll gewahrt bleiben … allerdings muss ihre IP Adresse gespeichert werden, damit Untersuchungen aufgenommen werden können, wenn die Person verdächtigt wird, absichtlich legale Inhalte zu melden und damit den Meldungen zuverlässiger Informationen schneller nachgegangen werden kann.
  • Unternehmen sollen Uploadfilter installieren, um hochgeladene Inhalte zu kontrollieren und sicherzustellen, dass gelöschte Inhalte – oder ähnliche Inhalte – nicht wieder hochgeladen werden
  • Zudem sollen Inhalte nicht in allen Fällen gelöscht, sondern „gesperrt“ (i.e. durch den Hostingprovider unzugänglich gemacht – und nicht im Sinne des Zugangsprovider „gesperrt“) werden. In anderen Fällen sollen wiederum online belassen und nur der Domainname gelöscht werden.

Diese geleakte Giftliste ist mit dem Ende des freien Internets gleich zu setzen. Auch wenn die Verantwortlichen des Projekts nach Bekanntwerden des Dokuments zurück ruderten und es als reines Arbeitspapier bezeichneten, zeigt es, welche Ideen und Vorstellung in diesem Projekt als diskutierbar betrachtet und nicht von vornherein als freiheiteinschränkend oder als nicht vom Gesetz gedeckt bewertet werden. Selbst der Vorwurf, dass es sich beim geleakten Dokument um eine alte Version handle (so wäre der Klarnamenzwang in der nachfolgenden Version bereits gestrichen worden), kann nicht darüber hinweg täuschen, dass die EU massiv auf die Kontrolle des freien Internets abzielt. Nach ACTA sehen wir einen erneuten Versuch der EU unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung Hand ans Internet zu bekommen. Denn ganz schnell wird aus einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Provider eine gesetzliche Grundlage wie der inzwischen täglich hundertfach stattfindende Kontenabgleich der Finanzämter zeigt, der bei seiner Einführung auch nur in Ausnahmefällen vorgenommen werden sollte.

Quellen:
Clean IT
The Clean IT Project
„Clean IT“: EU-Projekt will Internet säubern
Terrorabwehr: EU-Projekt „Clean IT“ will „sauberes Internet“
CleanIT – Pläne zur Überwachung des Internets im großen Stil

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