Als der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber 2006 seinen „Problembär“ loslies, dachte man das nur die bayerische CSU ihren Problembär hätte:
Und, äh, es ist ganz klar, dass, äh, dieser Bär, äh, ein Problembär ist und es ist im Übrigen auch, im Grunde genommen, durchaus ein gewisses Glück gewesen, er hat um 1 Uhr nachts praktisch diese Hühner gerissen.
Seit der SPD-Entscheidung in der Kanzlerkandidatenfrage mussten wir aber lernen, dass auch die SPD ihren eigenen „Problempeer“ hat: Peer Steinbrück.
Jener Peer Steinbrück, dessen Vater aus der Familie Delbrück stammt, die in Deutschland durch die Banken
bekannt wurde/ist, wurde 1974 nach seinem Studium und seiner Bundeswehrzeit im Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau angestellt. Seit dieser Zeit hat Steinbrück den Dunstkreis der politischen Welt nicht mehr verlassen und sich niemals dem Druck einer wertschöpfenden Arbeit in der freien Wirtschaft stellen müssen. 2012 wurde er zum SPD-Kanzlerkandidaten für 2013 gekürt.
Seitdem hat der Bilderberger (St. Moritz, 2011) kein Fettnäpfchen (Vortragshonorare, Besuch bei Hollande usw.) ausgelassen und sich somit als wirklicher „Problempeer“ für die SPD entpuppt.
Wie versuchen nun SPD und die engagierte PR-Agentur Super J+K diesen „Problempeer“ in den Griff zu bekommen? Zum Einen mit einem Budget von 23 Millionen Euro, das der deutsche Steuerzahler aufgrund der Wahlk(r)ampfkostenerstattung auch noch selber zahlen darf, und zum Anderen durch nachfolgende Wahlk(r)ampfplakate:
SPD – Merkels Kompetenzteam?
Fast könnte man den Anschein gewinnen, dass sich die Agentur Super J+K bewusst gegen Peer Steinbrück als Objekt auf den SPD-Wahlk(r)ampfplakaten entschieden hat. Oder warum sonst zieht sie die CDU-Politdarsteller um Merkel, de Maziere und Pofalla vor? Zuviel Angst vor dem „Problempeer“? Man mag über die Qualitäten des „Kompetenzteam Merkels“ streiten. Tatsache ist jedoch, dass es kein Zeichen von Größe ist, wenn man in einer Diskussion (was ein Wahlk(r)ampf eigentlich sein sollte) auf den Gegner dispektierlich herunterblickt. Vielmehr sollte man sich mit dessen Argumenten auseinandersetzen oder noch besser eigene Vorschläge aufzeigen. Deswegen finde ich dieses Motiv mehr als traurig – insbesondere dann wenn man das Kompetenzteam von Steinbrück betrachtet:
Eine Pfarrerin Entwicklungspolitik (Cornelia Füllkrug-Weitzel), eine Bankerin für Wirtschaft (Christiane Krajewski von der Investmentbank Leonardo & Co.), ein Medienmanager für Kultur (Oliver Scheytt), eine Designprofessorin für Netzpolitik (Gesche Joost), eine Erziehungswissenschaftlerin für Bildung und Wissenschaft (Yasemin Karakasoglu), einen Bundestagsabgeordneten für Gesundheit (Karl Lauterbach), einen Wirtschaftsminister für Umwelt und Energie (Matthias Machnig), einen Parlamentsgeschäftsführer für Inneres und Justiz (Thomas Oppermann), einen SPD-Bayern-Chef für Verkehr und Bauen (Florian Pronold), eine Sozialministerin für Familie (Manuela Schwesig), einen Gewerkeschaftsboss für Arbeit und Soziales (Klaus Wiesehügel), eine Ex-Justizministerin für Verbrauchschutz (Brigitte Zypries) und einen Bild-Schreiberling als Pressesprecher (Rolf Kleine).
Alles Namen mit denen die wenigsten wirklich etwas abfangen und verbinden können. Ob deren Kompetenz – abgeleitet aus den bisherigen beruflichen Erfahrungen und Positionen – ausreicht, kann man seriös an dieser Stelle nicht beurteilen. Abgesehen von Zypries und Lauterbach sind es unbekannte Gesichter mit denen man ein Wahlk(r)ampfplakat dann wohl doch nicht „aufhübschen“ wollte, da man befürchtete, dass der Wiedererkennungswert gegen Null geht.
SPD – Privatspähre Neulanf für Merkel?
Peinlich, peinlich, peinlich… Wie ich bereits im Artikel Wahlk(r)ampfplakate 2013 – Die
Grünen aufgeführt habe, saß die SPD als ReGIERungspartei in der ersten Reihe:
Wie wir zwischenzeitlich wissen, hat jedoch die damalige BundesreGIERung aus SPD und Grünen Abhörmaßnahmen durch die US(t)A(si), UK und Co. abgesegnet oder zumindestens wohlwollend zur Seite geschaut. Denn in die rot-grüne ReGIERungszeit fiel genau die Aufarbeitung des Echolon-Abhörskandals und bereits damals fand eine systematische Überwachung der deutschen Kommunikation statt. Lange vor Prism, Tempora und Xkeyscore – festgehalten in einem Bericht des Europäischen Parlaments: Existenz eines globalen Abhörsystems für private und wirtschaftliche Kommunikation (Abhörsystem ECHELON) (2001/2098 (INI))!
Und der damalige Chef des Kanzleramts Frank-Walter Steinmeier hat 2002 die Zusammenarbeit des BND mit dem US-Geheimdienst NSA abgesegnet und somit eine Grundsatzentscheidung Pro-NSA-Überwachung getroffen.
Heuchelei in Reinkultur kann man da nur sagen. Aber was will man auch von einer Partei erwarten, die die Vorratsdatenspeicherung aller Telekommunikationsdaten fordert. Übrigens wurde das vom Kompetenzmitglied Brigitte Zypries verfasste Telekommunikationsgesetzt vom Bundesverfassungsgericht gekippt (hier §113a):
(3) Die Anbieter von Diensten der elektronischen Post speichern:
1. bei Versendung einer Nachricht die Kennung des elektronischen Postfachs und die Internetprotokoll-Adresse des Absenders sowie die Kennung des elektronischen Postfachs jedes Empfängers der Nachricht,
2. bei Eingang einer Nachricht in einem elektronischen Postfach die Kennung des elektronischen Postfachs des Absenders und des Empfängers der Nachricht sowie die Internetprotokoll-Adresse der absendenden Telekommunikationsanlage,
3. bei Zugriff auf das elektronische Postfach dessen Kennung und die Internetprotokoll-Adresse des Abrufenden,
4. die Zeitpunkte der in den Nummern 1 bis 3 genannten Nutzungen des Dienstes nach Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone.
Noch Fragen?
SPD – Wir für bezahlbare Mieten
Ein Wahlk(r)ampfplakat einmal ohne CDU-Bezug. Natürlich sind bezahlbare Mieten wichtig, jedoch hat gerade die SPD einen erheblichen Anteil daran, dass es zu exorbitanten Mieten überhaupt gekommen ist. In ihre ReGIERungszeit fallen Erhöhungen bei der Grunderwerbssteuer, Streichung der Eigenheimzulage, Verlagerung der Komptenzen in der Wohnungspolitik vom Bund auf die Länder oder die Abschaffung der degressiven Steuerabschreibung. Alles Punkte, die Investoren für Neubauten, die jetzt fehlen und den Druck auf die Miethöhen verstärkt haben, und normale Bauherren abgeschreckt haben.
Wieder einmal die klassische Hegelsche Dialektik. Ich schaffe selbst ein Problem (steigende Mietpreise), zeige die Lösung auf (Mietpreisbremse), um mein eigentlich gewünschtes Ergebnis zu erhalten (ReGIERung stellen).
Übrigens hat sich die SPD erst im Januar 2013 erstmals mit diesem Thema beschäftigt – kurz vor der Landtagswahl in Niedersachsen. In ihrem Positionspapier „Bezahlbares Wohnen der sozialen Stadt“ taucht zum ersten Mal das Thema Mieten auf:
Bei Neuvermietungen darf die Miete um nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Bei Bestandsmieten sollen Mieterhöhungen auf maximal 15 Prozent in vier Jahren begrenzt werden.
So geht eben Wahlk(r)ampf heute. Sich rechtzeitig eines Themas widmen, dass man die letzten Jahre achtlos am Wegesrand hat liegen lassen und dann auf dicke Hose machen. Richtig glaubwürdig, liebe SPD!
SPD – Wir für ein Alter ohne Armut
Selten ein solch schlechtes Plakat in der Umsetzung gesehen. Abgesehen davon, dass das Bild wirkt, als hätte man dem Mann den Kopf per Photoshop aufgesetzt, fehlt ihm auch der Schattenschlag. Den wirft nur die Frau. Man könnte fast meinen, es hat sich niemand finden lassen, der für die SPD und diesen Wahlslogan Pate stehen wollte. Doch zu dem eigentlichen Inhalt:
Wie wir sehen haben sich die Renten seit 1999 und einer SPD-ReGIERungsbeteiligung kontinuierlich nach unten entwickelt. In einem Bericht des DIW zur Wirtschaftsforschung finden wir zu diesem Thema folgendes:
Neben den rückläufigen Zahlbeträgen einer GRV-Rente bei Neurentnern deutet auch die in den letzten Jahren deutlich gewachsene Zahl der Empfänger von Grundsicherungsleistungen darauf hin, dass das Risiko für Altersarmut in den nächsten zehn Jahrenvermutlich zunehmen wird. Dem kann eine weitere Veränderung der Haushaltsstrukturen hin zu mehr Paarhaushalten zum Teil entgegen wirken, dies wird aber das grundsätzliche Problem eines generell absinkenden Rentenniveaus in Verbindung mit sinkenden Anwartschaften für breite Teil der Erwerbsbevölkerung nur mildern können. Auch der weitere Ausbau der privaten Alterssicherung löst nicht die grundlegenden Problematik des Schutz vor Altersarmut, da insbesondere private Rentenverträge – wie die Riesterrente – vor allem von Personen am oberen Rand der Einkommensverteilung in
Anspruch genommen werden. Diese Form der Alterssicherung ist gerade bei denjenigen
unterdurchschnittlich verbreitet, die diesen Pfeiler der Alterssicherung besonders nötig hätten.
Dazu eine Anmerkung:
Die Einführung der Riesterrente ist auf die SPD zurück zu führen (Reform der gesetzlichen Rentenversicherung 2000/2001).
Und ein Auszug aus Wikipedia:
Im Gegensatz zur Entwicklung der Kinderarmut war die Altersarmut in Deutschland rückläufig: von 13,3 Prozent 1998 auf 11,4 Prozent im Jahr 2003. Längerfristig wird hier ein Wiederanstieg erwartet, weil die derzeit vielen Arbeitslosen, Teilzeitbeschäftigten, Minijobber und Geringverdienenden geringere Renten bekommen werden und allgemein das Rentenniveau aller zukünftigen Rentner (und aller heutigen Arbeitnehmer) im Zuge der Rentenreform gesenkt wurde. Einer Studie zufolge, die das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) 2005 vorlegte, droht nahezu jedem dritten Bürger Verarmung im Alter. Begründet wird dies mit der steigenden Lebenserwartung, den Reformen von 2001 und 2004, die das gesetzliche Rentenniveau um rund 18 Prozent sinken ließen, und der fehlenden Bereitschaft und Fähigkeit zu privater Altersvorsorge (etwa 60 % der Bürger sollen sich diese nicht leisten können).
Dieses Thema ist also seit Jahren akut und hat sich vor allem in Zeiten der SPD-ReGIERungsbeteiligung entwickelt . Seitens der SPD wurde jedoch keinerlei Weichenstellung vorgenommen, um diese Entwicklung abzufedern, zu verhindern oder ihr irgendwie zu begegnen. Deswegen ist es in meinen Augen reiner Populismus sich vor den Wahlen damit zu brüsten, dass man sich dieser Thematik gezielt widmen möchte. Man hatte als SPD die Zeit und die Positionen etwas dagegen zu tun – und zwar rechtzeitig.
Auch die Wahlk(r)ampfplakate der SPD verlieren sich in Überschriften, sinnleeren Inhalten und Just-in-Time-Themen. Dabei sind auch bei der SPD die Aussagen und die gelebte Politik als ReGIERungspartei nicht deckungsgleich. Man setzt auf die Vergesslichkeit der Menschen und springt auf Themen auf, die man als SPD selbst herbeigeführt hat oder die bislang als unwichtig erachtet wurden, jetzt aber als Wahlk(r)ampfthema zum Stimmenfang taugen.
Aber was will man auch von einer nicht-existierenden Opposition erwarten, die in allen wichtigen Fragen der letzten Jahre die Entscheidungen der CDUCSUFDP-ReGIERung mitgetragen und nur bei banalen Dingen Opposition gespielt hat.
Bisherige Wahk(r)ampfplakat-Betrachtung:
Wahlk(r)ampfplakate 2013 – Die Grünen
Wahlk(r)ampfplakate 2013 – FDP
Wahlk(r)ampfplakate 2013 – CDU
Quellen:
Wahlplakate zur Bundestagswahl 2013 Deutschland-Fahne wird dezenter platziert
Stoibers Zitate
Wikipedia – Peer Steinbrück
Wikipedia – Delbrück (Familie)
Immer neue Fettnäpfchen – Peer Steinbrück: Steilvorlagen für die Kanzlerin
Millionenaufwand: SPD gönnt sich größtes Wahlkampf-Budget
Wikipedia – Wahlkampf
Existenz eines globalen Abhörsystems für private und wirtschaftliche Kommunikation (Abhörsystem ECHELON) (2001/2098 (INI))
Peer Steinbrück – Mein Kompetenzteam
Mit Pfarrerin und Bankerin – Steinbrück macht sein Kompetenzteam komplett
Bild-Journalist wird Sprecher von Steinbrück
Kooperation mit dem BND: Union und Linke attackieren Steinmeier in NSA-Affäre
Pressegespräch zur digitalen Welt: SPD fordert weiterhin Vorratsdatenspeicherung – wir helfen mit Kompetenz
SPD-Strategiepapier – Ärmere Menschen werden an den Stadtrand gedrängt
Wikipedia – Eigenheimzulage
Bezahlbares Wohnen in der Sozialen Stadt
Entwicklung der Altersarmut in Deutschland
Wikipedia – Relative Armut
Wikipedia – Riester-Rente