Freihandelsabkommen TTIP: Augenwischerei bis zur Europawahl

Karel De GuchtKarel De Gucht

Karel De Gucht – Bildquelle: Wikipedia / Gerrit.Spriet@vld.be

EU-Handelskommissar Karel de Gucht, seines Zeichens Bilderberger, Atlantik-Brücken-Redner und ACTA-Befürworter, verantwortlich für die derzeit stattfindenden geheimen Verhandlungen zwischen dem undemokratischen EU-Moloch und dem US-Regime beim Freihandelsabkommen TTIP, hat sich für einen teilweisen Stopp bei den Verhandlungsgesprächen ausgesprochen.

Hintergrund seien – nach offizieller Lesart – die umstrittenen Klauseln für den Investitionsschutz von Unternehmen. Hier will die nicht-gewählte EU-Kommission drei Monate lang eine öffentliche Befragung durchführen. Startzeitpunkt: März.

Hinter dieser Investitionsschutzklausel steckt nichts anderes als dass Investoren die Möglichkeit bekommen, Staaten vor Schiedsgerichten zu verklagen, wenn sie ihre Gewinnaussichten durch demokratische Beschlüsse verletzt sehen. Auf eine solche Investitionsschutzklausel in einem anderen Abkommen beruft sich heute schon Vattenfall – und verklagt derzeit Deutschland auf 3,7 Milliarden Euro Schadensersatz für den Atomausstieg.

Entgangener, da geplanter Gewinn, als Einklagemöglichkeit vor Schiedsgerichten,

die keiner nationalen Gesetzgebung und Kontrolle unterworfen wären. Unternehmen könnten so etwa das staatliche Verbot bzw. die Kennzeichnungspflicht gentechnisch veränderter Lebensmittel oder der Gasförderung mittels Fracking verhindern, oder Entschädigungszahlungen für den Ausstieg aus der Kernenergie erzwingen. Die Vorteile, die das Abkommen den Unternehmen bieten würde, wären zudem bindend, dauerhaft und praktisch nicht mehr veränderbar – weil jede einzelne Bestimmung nur mit Zustimmung sämtlicher Unterzeichnerstaaten geändert werden könne, sobald der Vertrag in Kraft getreten sei. Das Abkommen wurde als „undemokratisch“, als „unvereinbar mit demokratischen Prinzipien“ und als „Unterwerfung“ der Teilnehmerstaaten unter Konzerninteressen bezeichnet

klingt wie das perfekte Perpetuum Mobile der Gewinngenerierung für internationale Unternehmen.

Interessant ist der angesetzte Zeitpunkt der Befragung und dessen Zeitraum von drei Monaten, wenn man die im Mai stattfindenden Europawahlen ins Kalkül mit einbezieht. Genau in der Entscheidungs- und Findungsphase vieler Wähler wird eine pseudo-demokratische Befragung von Brüssel gestartet und durchgeführt.

Will man damit eine mögliche – und wohl auch wahrscheinliche – Klatsche der etablierten Parteien Klungelclubs vorbeugen? Nicht nur in Frankreich (Marie Le Pen) oder in England (UKIP) scheinen die EU(ro)-Kritiker die stärksten Kräfte zu werden, wie auch der in den Gladio-Skandal verwickelte Ex-Regierungschef Luxemburgs Jean-Claude Juncker konstatiert:

Meine allergrößte Sorge ist, dass wir am Abend der Europawahlen feststellen könnten, dass der europäischen Integration nicht wohlgesonnene Parteien doch einen erheblichen Einfluss im Parlament haben könnten.

Sehen wir hier den offensichtlichen Versuch den Wählern eine Beruhigungspille zu verabreichen? Aus Angst von den Wählern ansonsten abgestraft zu werden?

Wenn man sich das von Statista ermittelte Interesse für die kommende Europawahl anschaut, ist diese Angst der Erfüllungsgehilfen für Industrie und Finanzwirtschaft durchaus nachvollziehbar:

Statista Europawahl 2014 – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt de.statista.com

Setzt man die 30% der interessierten Europäer als ungefähre Zahl der tatsächlichen Wähler gleich (2009 lag sie bei gerade einmal 43%), so könnte diese interessierte und daher wohl auch besser informierte Wählerschaft die bestehenden „Machtstrukturen“ in Brüssel gehörig durcheinander bringen. Und damit das ganze ausbeuterische System EU ins Wanken bringen, da das ansonsten vorhandene „Regulativ der Pro-EU(ro)-Stammwähler (CDUCSUSPD)“ fehlt.

Dieser Gefahr sind sich natürlich die Barrossos, Van Rompuys und Schultzens der EU bewusst und schaff(t)en neben einer „Toleranzbehörde“ auch ein „Troll“-Team, das EU(ro)-Kritikern im Internet (Foren, Chats usw.) mit EU-Propaganda begegnen soll, um ein weiteres Erstarken der kritischen Parteien wie AfD oder UKIP zu verhindern.

Was wir mit der Teilaussetzung bei den TTIP-Verhandlungen sehen, ist ein reines Ablenkungs- und Machtsicherungsmanöver der EUkraten. Denn wollte Brüssel wirklich der Bevölkerung ein Mitspracherecht in Sachen TTIP geben, würden

  • die Verhandlungen bzw. Ergebnisse nicht im Geheimen stattfinden, sondern öffentlich gemacht werden,
  • alle Inhalte auf den Prüfstand gestellt und kritisch beleuchtet werden,
  • nicht nur Lobbyisten und Parteifunktionäre bei den Verhandlungen teilnehmen, sondern auch Bürgervereinigungen und andere kritische Stimmen.

Nur nochmals zur Erinnerung um was es außer der Investitionschutzklausel noch bei TTIP geht:

  • US-Produkte müssten nicht mehr europäische Verbraucherschutz- und Tierschutzstandards einhalten, um in der EU verkauft zu werden. Damit EU-Unternehmen dann nicht benachteiligt sind, müssten die Standards hierzulande gesenkt werden.
  • Der durch das Abkommen ausgelöste Preiskampf bei Lebensmitteln würde auf beiden Seiten des Atlantiks naturschonend wirtschaftende Bauernhöfe massenweise zur Aufgabe zwingen.
  • Die durch die EU-Chemikalienverordnung REACH vorgeschriebene Gefahrenprüfung vor der Markteinführung von Substanzen wird umgehbar: Ein Konzern müsste nur ein Produkt in den USA anbieten – und schon könnte er es auch in Europa verkaufen.
  • TTIP wird die Einfuhr gentechnisch veränderter Lebensmittel, von Hormonfleisch und Chlorhühnern erleichtern – und die Kennzeichnungspflicht aufweichen.
  • Wenn öffentliche Dienstleistungen als Märkte interpretiert werden, wie es die Pläne bisher vorsehen, wird eine Welle an Privatisierungen folgen.
  • Im Bereich des so genannten „geistigen Eigentums“ drohen Verschärfungen: weniger Rechte für Internetnutzer und ein lascher Datenschutz.
  • Mit dem Abkommen soll das gescheiterte ACTA-Abkommen durch die Hintertür eingeführt werden: mit beispielloser Gängelung von Internetnutzern, Aushöhlung des Datenschutzes, Beschneidung der Kommunikationsfreiheit.
  • Der Vertrag soll das Geschäft mit der umweltschädlichen Erdgas-Förderung mittels Fracking anheizen. Fracking-Gas könnte dann einfach nach Europa exportiert werden – und unsere Chemiekonzerne würden ihre giftigen Chemikalien dafür in die USA verkaufen. So käme es auch in Europa zum Fracking-Durchbruch.

Quellen:
Wikipedia – Karel De Gucht
Wikipedia – Liste von Teilnehmern an Bilderberg-Konferenzen
Atlantik-Brücke – Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft. Ein Lagebericht
Europäische Union – Freihandelsgespräche mit USA teilweise ausgesetzt
Wegen Investitionsschutz – Freihandelsgespräche mit Amerika vorerst gestoppt
EU stellt Teil von Handelsabkommen mit USA auf Prüfstand
Wikipedia – Transatlantisches Freihandelsabkommen
Die Zukunft Europas – Europawahl 2014: Mehr Schicksalstag als Stimmungstest
Freihandelsabkommen TTIP: Tatbestand der Verschwörung
Luxemburg: Juncker stürzt über Gladio-Affäre
Statista – Wie stark interessieren Sie sich für die kommende Europawahl?
EU will neue Behörde zur Überwachung der Toleranz einführen
EU to set up euro-election ‚troll patrol‘ to tackle Eurosceptic surge

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