Mit Kopfschütteln, Unglauben oder einfach Staunen sitzt man derzeit vor seiner Tageszeitung oder dem Fernseher und verfolgt das durch die GEZ-Steuer finanzierte Programm der öffentlich-rechtlichen Staatssender bzgl. der Situation in der Ukraine.
Von Objektivität, Ausgewogenheit und faktengeprüften Journalismus keine Spur. Stattdessen hat man das Gefühl der deutsche Michel soll aufgehetzt und auf einen (nötigen?) Krieg vorbereitet werden. Stumm folgend irgnedwelchen Agitatoren, wie wir es schon einmal in der deutschen Geschichte hatten.
Es ist beschämend in welcher Weise vor allem ARD und ZDF einseitige Berichterstattung betreiben und dabei wichtige Fakten unterschlagen. Keine, bestenfalls wenige, Worte zu den Demonstrationen in verschiedenen ukrainischen Städten, die die Übergangsregierung aus rechten Gruppierungen ablehnen. Genaus sieht es bei den derzeit stattfindenden Gesetzgebungen (Verbot der Amtssprache Russisch oder Rückwirkende Änderungen von Straftatbeständen) durch die von Merkel, Obama und der EU unterstützten Rechten aus.
Deswegen aus gegebenen Anlass eine Wiederveröffentlichung eines Artikels vom 4. Oktober 2012 mit dem Titel Welche Agenda verfolgen unsere Qualitätsmedien?, der nichts an seiner Brisanz verloren hat und aufzeigt, warum unsere Presselandschaft ein Abziehbild der Politik an Unglaubwürdigkeit ist:
Welche Agenda verfolgen unsere Qualitätsmedien?
Am 9. Februar 1917 kam es im amerikanischen Kongess zu einer Rede vom Kongressabgeordneten Callaway, der in dieser Rede feststellte, dass in den letzten Monaten 25 der führenden amerikanischen Zeitungen durch das Bankhaus J.P. Morgan aufgekauft wurden und die kritischen und unabhängigen Chefredakteure durch Morgan-treue Mitarbeiter ausgetauscht wurden. Callaway benannte damals auch den Grund für diese Aktion: Die Kontrolle über die US-Medien zu gewinnen.
Dazu ein Ausschnitt aus den Aufzeichnungen des Kongresses vom 9. Februar 1917 (Quelle: U.S. Congressional Record February 9, 1917, Seite 2947; Online):
“In March, 1915, the J.P. Morgan interests, the steel, ship building and powder interests and their subsidiary organizations, got together 12 men high up in the newspaper world and employed them to select the most influential newspapers in the United States and sufficient number of them to control generally the policy of the daily press in the United States. (Im März 1915 kamen 12 hochrangige Männer aus der Welt der Zeitungen mit Interessensvertretern von J.P. Morgans Stahl-, Schiff- und Pulverunternehmen und ihrer Unterorganisationen zusammen und beschäftigten sich damit, die einflussreichsten Zeitungen der USA zu bestimmten und über eine ausreichend große Anzahl davon die Kontrolle zu erlangen, um die Politik der Tagespresse steuern zu können.)
“These 12 men worked the problems out by selecting 179 newspapers, and then began, by an elimination process, to retain only those necessary for the purpose of controlling the general policy of the daily press throughout the country. They found it was only necessary to purchase the control of 25 of the greatest papers. The 25 papers were agreed upon; emissaries were sent to purchase the policy, national and international, of these papers; an agreement was reached; the policy of the papers was bought, to be paid for by the month; an editor was furnished for each paper to properly supervise and edit information regarding the questions of preparedness, militarism, financial policies and other things of national and international nature considered vital to the interests of the purchasers. (Diese 12 Männer arbeiteten die Probleme heraus, in dem sie 179 Zeitungen bestimmten, und dann einen Eliminierungsprozess begannen, um nur die für ihre Zwecke der Steuerung der allgemeinen Politik der Tagespresse im ganzen Land notwendigen Zeitungen zu erhalten. Sie fanden heraus, dass es nur notwenig ist, die Kontrolle über 25 der größten Zeitungen zu erlangen. Bzgl. der 25 Zeitungen wurde vereinbart: es sollten Abgesandte geschickt werden, die die vertreteten Meinungen der Zeitungen – national und international – aufkauften; diesbzgl. wurde eine Einigung erzielt; die Politik (Meinung) der Zeitungen wurden gekauft, bezahlt je Monat; ein Redakteur wurde in jeder Zeitung installiert, der die Informationen bzgl. Fragen der Vorsorge, des Militarismus, der Finanzpolitik und anderen Dingen von nationaler und internationaler Natur, die von besonderer Bedeutung für die Aufkäufer sind, überwachen und editieren sollte.)
“This contract is in existence at the present time, and it accounts for the news columns of the daily press of the country being filled with all sorts of preparedness arguments and misrepresentations as to the present condition of the United States Army and Navy, and the possibility and probability of the United States being attacked by foreign foes. (Dieser Vertrag besitzt bis heute Gültigkeit, und ist immer noch dafür verantwortlich, dass die Nachrichtenspalten der Tagespresse unseres Landes mit allen möglichen Argumenten und Falschdarstellungen zu der tatsächlichen Situation der US-Army und -Navy, und die Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit eines Angriffs durch ausländische Feinde, gefüllt sind.)
“This policy also included the suppression of everything in opposition to the wishes of the interests served. The effectiveness of this scheme has been conclusively demonstrated by the character of the stuff carried in the daily press throughout the country since March, 1915. They have resorted to anything necessary to commercialize public sentiment and sandbag the National Congress into making extravagant and wasteful appropriations for the Army and Navy under false pretense that it was necessary. Their stock argument is that it is ‘patriotism.’ They are playing on every prejudice and passion of the American people.” (Diese Politik beinhaltete auch die Unterdrückung von allem, was im Gegensatz zu den Wünschen der Aufkäufer stand. Die Wirksamkeit dieser Regelung wird eindrucksvoll dadurch demonstriert, wenn man sich die Inhalte in der Tagespresse anschaut, die im ganzen Land seit 1915 zu lesen sind. Sie haben auf alles notwendige zurück gegriffen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen und den Nationalkongress zu zwingen extravagante und verschwenderische Mittel für die Army und Navy unter falschen Vorwänden – mehr als nötig – bereit zu stellen. Ihr Hauptargument ist dabei, dass es ‚Patriotismus‘ ist. Sie setzen auf jedes Vorurteil und jede Leidenschaft des amerikanischen Volkes.)
Hier finden wir den ersten Hinweis darauf, welche Ziele mit den Aufkäufen verfolgt wurden: Die politische Meinungsbildung zu beeinflussen und die eigenen Interessen durch die Medien in die Köpfe der Menschen zu bringen.
Bezeichnenderweise traten keine zwei Monate nach dieser Rede die USA in den ersten Weltkrieg ein – genauer gesagt am 6. April 1917. Im Vorfeld unterlegt mit massiven Kriegsaufrufen eben dieser führenden 25 Zeitungen, die durch ihre Bedeutung regionale Zeitungen dazu veranlassten ähnliche Leitartikel zu verfassen und somit die Ablehnung der amerikanischen Gesellschaft für einen Kriegseintritt verringerte.
Die durch J.P. Morgan begonnene Konzentration der Zeitungen auf wenige Eigentümer nahm in den Folgejahren weiter massiv zu und findet bis heute seine Fortsetzung:
Mittlerweile ist die Medienkonzentration in den USA so weit fortgeschritten, dass man nur noch zwischen wenigen Großkonzernen (wie Disney, Time Warner, Viacom oder eben General Electric-NBC) unterscheiden kann – unabhängig des Distributionsweges (TV, Radio, Zeitung oder Internet) der Nachrichten.
Selbst die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt hierzu:
Medienkonzentration ist kein neues Phänomen. Seit der Industrialisierung der Presse durch die technisch-ökonomischen Veränderungen im 19. Jahrhundert haben bestimmte gesellschaftliche Kräfte immer wieder versucht, die Monopolisierung der Medien zu befördern und unternehmerische Interessen durchzusetzen.[1] Vor dem Hintergrund von Konzentrationsprozessen auf nationaler Ebene und angesichts transnational agierender Medienunternehmen hat die Eigentumskonzentration bei Presse und Rundfunk ein noch nie da gewesenes Ausmaß erreicht. Die verschiedenen Formen der Medienverflechtung sowie das Entstehen ausdifferenzierter Medienkonzerne führen zu einer Störung des freien Spiels der Kräfte am Markt. Dies ist nicht nur volkswirtschaftlich unerwünscht, sondern bewirkt im Medienbereich auch gesellschafts- und demokratiepolitische Legitimationsdefizite.
Und damit haben wir das zweite Ziel: Das Ausschalten kritischer Berichterstattung in Folge unterschiedlicher Meinungen, Sichtweisen und politischen Anschauungen, die bei einer gelebten Meinungsvielfalt zwangsweise auftreten müssen.
Ein weiterer Aspekt der Medienkonzentration auf wenige Besitzergruppen ist die damit einhergehende Zerstörung der Demokratie. Albrecht Müller richtigerweise auf www.nachdenkseiten.de:
Geballte Medienmacht überall. Damit stirbt die Basis der Demokratie.
Die Medienkonzentration in Italien ist eklatant. Berlusconi beherrscht weite Teile der privaten und öffentlichen Medien. Die Medienkonzentration in den USA ist bedrohlich und eine der Ursachen für undemokratische Personal- und Sachentscheidungen. Der Einfluss des australischen Medienbesitzers Murdoch ist auch in den USA groß. Das gleiche gilt für Großbritannien. Murdoch hat dort auch Personalentscheidungen und die Anpassung von Parteien an neoliberale Vorstellungen, zum Beispiel von Labour mit Tony Blair, wesentlich bestimmt.
In Deutschland wird das Geschehen von im Geiste verbundenen Konzernen bestimmt, von Bertelsmann, von Springer und einigen kleineren Konzernen wie Holtzbrinck und Burda. Wenn’s um den Kern der Entwicklung geht, etwa um die Unterstützung der jetzigen Bundeskanzlerin und auch zum Beispiel des ehemaligen Verteidigungsministers zu Guttenberg, oder um die Grundphilosophie des Zusammenlebens, nämlich die totale Kommerzialisierung aller Lebensbereiche und um neoliberal geprägte Reformen, dann sind sich diese Konzerne einschließlich der mächtigen Regionalzeitungen im wesentlichen einig. Dass der Spiegel jetzt “Bild” scharf kritisiert, dient eher der eigenen Imagebildung, als dass es ein wirkliches Bild der Medienverhältnisse abbildet. Der Spiegel und die Bild-Zeitung haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten über weite Strecken gemeinsame Sache gemacht: für die neoliberale Reformpolitik, gegen jede politische Alternative links von Union und FDP, für Privatisierung, für die Privatisierung der Altersvorsorge, für De-Regulierung, usw.Wir haben also auch in Deutschland ein großes Problem der Gleichrichtung unserer Medien; deshalb ist eine wichtige Bedingung für das Funktionieren der Demokratie außer Kraft gesetzt.
Drittes Ziel: Abschaffung der Demokratie in der uns bekannten Form. Und dass genau dieser Prozess stattfindet, dürfte aufgrund der Aufforderungen mehr Macht und Entscheidungskompetenz nach Brüssel abzugeben (Stichwort Haushalts- und Budgetrecht) offensichtlich sein.
Gustave Le Bon schreibt in seinem Hauptwerk Psychologie der Massen bereits 1895:
Menschen von verschiedenartigster Intelligenz haben äußerst ähnliche Triebe, Leidenschaften und Gefühle. In allem, was Gegenstand des Gefühls ist: Religion, Politik, Moral, Sympathien und Antipathien usw. überragen die ausgezeichnetsten Menschen nur selten das Niveau des gewöhnlichen einzelnen.
Für Le Bon dominierte in der menschlichen Entwicklungsgeschichte bis in die allerjüngste Vergangenheit hinein das Kollektiv. Das Überleben wird nur durch die Zugehörigkeit zu einer Sippe und Stamm ermöglicht und dieser Wunsch nach Geborgenheit in einer Gruppe kann sehr leicht durch die Massenmedien erzeugt werden. Die Medien besitzen somit ein ausgezeichnetes Instrument, um Massen “herzustellen” und vor allem zu steuern. Beispielhaft sind hier die “Fanmeilen” bei EM- und WM-Spielen zu nennen, deren Zulauf und Zuspruch hauptsächlich durch die Medien generiert werden.
Die Steuerung der Menschen stellt damit das vierte Ziel dar. Diese Steuerung wird umso wichtiger, wenn existenzbedrohende Themen wie ESM und Fiskalpakt anstehen. Denn würden die Medien ihrem eigentlichen Aufrag nachkommen, der ihnen laut Grundgesetz “mehr oder weniger zugewiesen” wurde („Die freie geistige Auseinandersetzung ist ein Lebenselement der freiheitlichen demokratischen Ordnung in der Bundesrepublik und für diese Ordnung schlechthin konstituierend. Sie beruht entscheidend auf der Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit, die als gleichwertige Garanten selbständig nebeneinander stehen.“), müssten sie anders über die Risiken, Gefahren und zu erwartenden Konsequenzen für den deutschen Bürger berichten.
Wir sehen die Agenda der “Qualitätsmedien” zielt ab auf:
Sicherlich stellen diese vier Punkte nur einen Abriss dar. In meinen Augen sind jedoch diese Aspekte die wesentlichen, um die Eingangs genannte Frage nach der Agenda der „Qualitätsmedien“ zu beantworten. Leider wird der Ein oder Andere diese Ziele wieder in das Reich der Verschwörungstheorien verweisen wollen, denjenigen sei nochmals ein Zitat von Gustave Le Bon an die Hand gegeben:
Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen mißfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer.