Eigentlich könnte Angela Merkel dem Kriegsnobelpreisträger Obama ein paar Tipps geben, wie man einen Dialog mit dem russischem Präsidenten Putin führt. Zum Einen weil sie perfekt russisch spricht und zum Anderen weil sie als im Ostblock aufgewachsene Politikerin auch das Denken, die Stimmungen und das Wesen eines russischen Präsidenten besser einschätzen kann als ein hawaiianischer Chicago-Boy.
Aber dazu müsste Obama erst einmal zuhören. Stattdessen hat er am vergangenen Mittwoch in seiner professoralen, teleprompter-ablesenden Art vor der elitären EUkratie in Brüssel davon gesprochen, dass Putin die größte Gefahr für die US-gesteuerte Ordnung seit dem 2. Weltkrieg ist.
Währenddessen traf sich Putin mit dem Siemens-Chef Joe Kaeser und besprach die weiteren Investitionstätigkeiten (1,1 Milliarden US-Dollar in den vergangenen zwei Jahren) des Münchener Konzerns in Russland – und das sicherlich mit Wissen und Wohlwollen der Bundeskanzlerin.
Barack Obama, der „Rechtsexperte“, kann im Gegensatz zu Merkel nichts über Russland, das russische Wesen und Denken wissen, denn bislang musste er sich in seiner überschaubaren politischen Karriere nie mit dem russischen Bären näher beschäftigen. Warum auch? Bislang haben ihn seine unzähligen „Berater“ den Weg gezeigt. Und dementsprechend ist auch seine Rhetorik bei seinem Auftritt in Brüssel zu bewerten. Außer einer Drohung, die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen, hatte Obama nichts im Gepäck.
Eine Drohung, die auf fruchtbaren Boden der 27/7-Propaganda-Maschine fallen wird. Die damit Putin weiterhin als den Aggressor darstellen kann, den es gilt zu beseitigen und die Möglichkeit die EU als den Heilsbringer für die Ukraine zu positionieren.
Nur zu dumm, dass selbst der „neue Premierminister der Ukraine“ Jazenjuk versteht, dass die Aufschiebung der Unterzeichnung des wirtschaftlichne Teils des EU-Assoziierungsabkommens die negativen Konsequenzen für die (Ost)Ukraine nur in die Zukunft verschiebt. Zusammen mit den Bedingungen, die der IWF an eine finanzielle Unterstützung der Ukraine knüpfen würde, wäre das der Todesstoß für die Ukraine.
Dabei sollte sich die EU zusätzlich – neben der Gefahr eines geldpolitischen Fasses ohne Boden namens Ukraine – bewusst sein, dass die russische-chinesische Allianz als Folge des Vorgehens des Westens gegen Moskau auf Kosten der EU gehen wird – weniger auf die der USA.
Und diese Allianz verfestigt sich immer mehr, wenn man die G-20, die Verbindung der BRICS-Staaten und die Shanghai Cooperation Organization betrachtet. Bestes konkretes Beispiel für diese Allianz ist die anstehende Vertragsunterzeichnung zwischen China und Gazprom über die Lieferung von 3,75 Milliarden Kubikmeter Gas pro Tag für die nächsten 30 Jahre, die 2018 beginnen soll.
Noch mag Gazprom den Großteil seiner Erträge in Europa generieren, aber Asien ist auch für Gazprom die Zukunft. Während die EU glaubt mit der gehypten – und bereits im abklingen befindlichen – Schiefergasrevolution in den USA einen Ausgleich zu Russland finden zu können, wird Gazprom seine Gewinne in Ostsibirien dafür einsetzen, um ein Versorgungsnetz, inkl. Verschiffungsmöglichkeiten, für sein Gas aufzubauen. Mit den Zielländern Japan und Südkorea, die aus genau diesem Grund auch Russland nicht „isolieren“ werden, so wie es Washington von ihnen erwartet und fordert.
Nicht zu vergessen die Möglichkeit Russlands und Chinas den Petrodollar in den Lokus der Geschichte zu befördern, wenn der oben erwähnte Deal in Yuan oder Rubel abgerechnet wird. Quasi als Startpunkt für eine neue internationale Reservewährung, die auch seitens der BRICS in den Mittelpunkt des Interesses rückt.
Dessen dürfte sich auch die EU bewusst sein und versucht wohl daher durch das Aussetzen von geschlossenen Vereinbarungen zwischen Moskau und Brüssel den Bau der South Stream-Gaspipeline zu verhindern, die als Geldquelle Gazprom die Ausweitung seines Geschäftes nach Asien finanzieren soll. Doch leider stellen sich mit dem bulgarischen und tschechischen Energieminister bereits zwei Länder gegen dieses Aussetzung und auch Ungarn, das erst vor Kurzem einen Vertrag mit Russland über den Nukleartechnologie geschlossen hat, wird hier nicht der Brüsseler Linie folgen.
Zwar gäbe es die Möglichkeit für die EU Gas aus Aserbaidschan (unter Umgehung von Russland und Iran) zu beziehen, doch dazu müsste innerhalb kürzester Zeit eine Pipeline aufgezogen werden, die Milliarden an Kosten verursuchen würde, die die EU derzeit nicht einmal ansatzweise stemmen könnte.
Neben Bulgarien, Tschechien und Ungarn, die auch weiterhin für die South Stream-Pipeline sind, dürfen die EUkraten auch nicht vergssen, dass durch die Pipeline und die nachfolgenden weiteren Energieprojekte viele neue Jobs entstehen werden – gerade in den Ländern, die derzeit am Krügstock spazieren gehen.
Auch neue Sanktionen, wie sie der Kriegsnobelpreisträger in Brüssel androhte, würden in der EU angesichts der Abhängigkeit von russischer Energie (z.B. Polen 91%, Ungarn 86%), der Kreditvergabe an Russland (z.B. 20% des Kreditvolumens französischer Banken) und der wachsenden Bedeutung russischer Touristen (z.B. 1 Millionen 2013 allein in Italien) zu massiven Problemen führen.
Wir sehen, das eingeläutete Spiel zwischen dem Westen und Russland wird von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst, die insbesondere für die EU zum klassischen Boomerang mutieren können. Deswegen sollte man endlich auch in den europäischen Hauptstädten erkennen, dass ein pudelhaftes Verhalten zu den USA nicht im Interesse der Menschen in Europa sein kann. Wann verstehen Merkel, Hollande und Co., dass Russland als strategischer Partner in Zukunft von eminenter Bedutung sein wird – und nicht die USA?
Quellen:
Popcorn Please While „Putin’s Agitators“ Rule in Kiev
Asia will not ‚isolate‘ Russia
Putin’s Challenge to the West
Why the EU can’t ‚isolate‘ Russia