Die aktuelle Situation in der Donbass-Region:
Dazu eine Einschätzung:
Das was wir hier sehen, ist eindeutig eine Verschärfung des Kriegs. Zum ersten Mal wurden beispielsweise SU-25-Jagdbomber gefilmt, die „unintelligente“ Raketen abschossen, um die Positionen der Widerstandskämpfer zu attackieren. Der Angriff auf den Flughafen von Donezk wurde mit einer großen Anzahl an Transport- und Kampfhubschraubern durchgeführt. Die Widerstandskämpfer gaben auch bekannt, dass ihre Stellungen von ukrainischen Helikoptern angegriffen wurden. Zusammengefasst ist dies die erste große militärische Operation in diesem Krieg. Auch wenn es widersprüchliche Angaben gibt, die durch verschiedenen Quellen genannt werden, scheinen bis zu 100 Menschen getötet worden zu sein, davon 50% Zivilisten.
Es gibt Interviews von zwei Anführern der Widerstandskämpfer, die behaupten, dass die Anzahl der Männer, die sich den Kämpfern anschliessen wollen, stark angestiegen ist. Jedoch gibt es keine bestätigenden Videoaufnahmen dazu und da die Glaubwürdigkeit der Informationen der Widerständler nicht verifiziert werden kann, muss man sie mit Skepsis betrachten.
Wie Moskau, die (Pseudo-)Wahl Poroschenkos beurteilt
Es scheint in Moskau einen Konsens zu geben, dass Poroschenko ein politisches Chamäleon ist, der seine Meinung so schnell ändert, wie das Chamäleon seine Farbe: Zuerst war er ein Mitglied der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei, dann half er die Partei der Regionen aufzubauen, dann schloss er sich der Partei Yuschenkos Unsere Ukrainische Partei an. Er war auch ein Mitglied der Azarov-Regierung unter Präsident Janukowitsch, dem er dann durch die Finanzierung der Maidan-Bewegung und durch sein Beitreten zu Klitschkos Udar Partei in den Rücken fiel. Poroschenko ist also eine politische Prostituierte und das ist auch ein Grund für Moskau optimistisch zu sein. Denn eine Prostituierte ist pragamatisch und kann für Geld gekauft werden. Klingt das schockierend? Betrachtet man die Alternativen, wird man ziemlich schnell zu den gleichen Schlüssen kommen wie Moskau.
Die schlechte Nachricht ist derzeit jedoch, dass Poroschenko auf der Gehaltsliste der USA steht und dass sich sowohl seine Rhetorik als auch seine Politikvorstellungen von denen eines Jazenjuk, Turchinow, Avakow usw. nicht unterscheiden. Daraus ist auch die ablehnende Reaktion Moskaus auf die Aussage Poroschenkos, dass er nach Moskau reisen will um Putin zu treffen, abzuleiten.
Die russische Politik gegenüber der Ukraine
Der Weg, den der Kreml im Umgang mit dem ukrainischen Chaos eingeschlagen hat, wird jetzt immer klarer:
Übersetzt aus der Diplomatensprache bedeutet das, dass finanzieller und politischer Druck auf Poroschenko aufgebaut wird bis er sich entscheidet, dass der aktuelle Versuch eine schnelle Lösung im Donbass durch Gewalt zu erreichen scheitern wird.
Das ist eine harte und ungenießbare Politik, da es impliziert, dass Russland abwarten und zuschauen wird, wie die Faschisten Widerstandskämpfer und Zivilisten im Donbas ermorden. In diesem Zusammenhang ist es ganz wichtig eine Tatsache in Erinnerung zu behalten: Der derzeitige Widerstand im Donbass ist weit unter dem möglichen und bei weitem nicht in dem Ausmass gegeben wie in Südossetien, Abchasien oder der Krim. Nimmt man sich eine Karte der Donbass-Region zur Hand und kreist die Städte ein in denen Kämpfe stattfinden, sehen wir Slavyansk, Kramatorsk, Kransyi Liman, Antartsit und vielleicht noch ein, zwei andere. Aber was ist mit dem ganzen Rest?
Und was ist mit Donezk? Wir haben alle die Kampfaufnahmen gesehen, die aus Donezk stammen. Wieviele Kämpfer konnte man darauf erkennen? Zehn, vielleicht 30 Soldaten? Mehr? Fünfzig? Einhundert? Donzek hat eine Bevölkerung von knapp einer Millionen und die Region von zwei Millionen. Jeder Militäranalyst weiss, dass leicht 10% einer gegebenen Bevölkerung unter Waffen gestellt werden können, mit größeren Anstrengungen bis zu 20%. Mit anderen Worten: Die Stadt Donezk sollte in der Lage sein zwischen 100.000 und 200.000 bzw. die Region zwischen 200.000 und 400.000 Männer zu rekrutieren. Auch wenn es derzeit keine verlässlichen Zahlen gibt, scheinen die Widerstandskämpfer nicht mehr als 10.000 bis 15.0000 Bewaffnete zu sein. Noch deutlicher: Der jetzige Widerstand im Donbass entspricht nur in etwa 10% des möglichen.
Natürlich werden einige Möchtegern-Analysten wollen, dass Moskau das tut, was die USA im Irak getan hat und denken, dass die russischen Kräfte als Befreier von einem Großteil der Menschen in der Donbass-Region gefeiert werden würde. Vielleicht mag das sogar der Fall sein, aber das ist kein ausreichend guter Grund einzumarschieren. Das was gerade stattfindet ist ein „Erwachen“ der Menschen: Die obszöne Allianz der jüdischen Oligarchen und der Neonazis zeigt ihr wahres Gesicht und mit jeder abgeworfenen Bombe wird die Aussicht auf eine vereinte Ukraine mehr und mehr unwahrscheinlicher.
So schmerzhaft es auch ist: Das derzeitige Problem ist nicht, dass Russland nicht bereit ist im Donbass zu intervenieren, sondern dass die Situation im Donbass eine solche Intervention noch nicht rechtfertigen würde.
Weitere Faktoren, die die Haltung Russlands beeinflussen: Die Änderungen in der EU
Es gibt keinerlei Zweifel, dass die Ergebnisse der Europawahlen im Kreml mit Begeisterung aufgenommen wurden. Wenn man die Reaktionen russischer Kommentatoren zur Wahl genau betrachtet, haben diese eine ganze andere Sicht darauf als ihre westlichen Gegenüber. Wo westliche Analysten von einem Triumph der fremdenfeindlichen und rechtsgerichteten Parteien sprechen, werten russische Analysten die Ergebnisse als Sieg von Anti-EU-, Anti-NATO– und vor allem Anti-US-Kräften. Was im Westen als „rechtsgerichtet“ bezeichnet wird, sieht Russland als „konservativ“ und „traditionalistisch“ an. Ein Kommentator sagte, das der Gewinn des Eurovision Song Contest durch „Conchita Wurst“ zuviel war und dass dieser einen direkten Einfluss auf die Ablehnung der Europäer einer moralisch degenerierten und politisch unterwürfigen EU/Europa hatte. Über die Rolle von „Conchita Wurst“ mag man anderer Meinung sein, aber die ständige Flut von Genderpropaganda, verbunden mit einem Frontalangriff auf traditionelle europäische Werte, taten das sehr wohl.
Beschäftigt man sich näher beispielsweise mit der Politik der National Front in Frankreich, muss man in Teilen Moskau zustimmen. Die NF ist nicht nur eine „rechtsgerichtete“ Bewegung (was sie in Teilen natürlich ist). Zuallererst ist es eine Anti-System-Bewegung und -Partei. Es ist richtig, dass die Führung der NF noch immer in alten „Ideen“ verhaftet ist, aber die meisten Mitglieder vertreten eine „populäre“ Politik, einige nahe an den „Ideen“ der Sozialisten. In Wahrheit funktioniert das ganze Rechts-Links-Denken in Europa nicht mehr. Sieht man sich die „linken“ Parteien in Frankreich, Deutschland oder in Großbritannien an, sehen wir bösartige, kapitalistische und reaktionäre Parteien. Stattdessen sollte man die Parteien in Pro- und Anti-System-Kategorien einteilen. Mit „System“ sind dabei folgende Eigenschaften gemeint:
Das ist die Politik, dass das Establishment oder die „Systemparteien“ in Europa seit Jahrzehnten unterstützen und das sind auch die politischen Eigenschaften, die bei der letzten Europawahl von einem Großteil der Bevölkerung abgelehnt wurden. Betrachtet man jetzt die Haltung Russlands dazu:
In anderen Worten: Der Kreml und die französische National Front würden sich in vielen Punkten zustimmen und es ist eine Tatsache, dass, historisch betrachtet, sich beide sehr gut verstehen.
Russland zählt darauf, dass am Ende des Jahres ein freundlicheres Europa auftritt als derzeit.
Weitere Faktoren, die die Haltung Russlands beeinflussen: Die Allianz mit China
Obwohl aus verschiedenen Gründen das Wort „Allianz“ nie von Offiziellen Russlands und Chinas benutzt wurde – sie zogen es vor von „Partnerschaft“ zu sprechen – ist es eine Tatsache, dass, was Russland und China beschlossen haben, genau das ist: Eine strategische Allianz.
Zwei große Länder beschliessen kein 30 Jahre dauerndes Entwicklungsprogramm auf allen Ebenen ohne gleichzeitig auch eine de facto Allianz zu beschliessen. Kein Land fasst einen Entschluss über ein 400 Milliarden Dollar Geschäft ohne eine de facto Allianz einzugehen. Diese Allianz ermöglicht es Russland ein einziges Verteilungsnetzwerk zu schaffen. Das bedeutet, dass Russland sein Gas von jedem Ort in Russland aus in jeden Abnehmerstaat bringen kann. China hat sich gleichzeitig darauf festgelegt seinen Energiebedarf für die nächsten 30 Jahre großteils durch Russland zu decken. Ob nun das Wort „Allianz“ benutzt wird oder nicht, wir haben es hier mit einem strategischen und vitalen Pakt zu tun. Ab sofort wird China von Russland abhängig sein und Russland von China. Um es anders auszudrücken: Das Überleben des anderen Partners wird zur existenziellen Priorität beider Länder.
Auch wenn beide Seiten immer wieder betonen, dass diese Allianz, nein „Partnerschaft“, nicht gegen Dritte gerichtet ist, und vor allem nicht gegen die USA, ist sie genau das: Russland und China haben sich darauf verständigt eine Dollarfreie Wirtschaftszone zu errichten, nicht nur für Energie, sondern für alle Güter und Dienstleistungen. Und wer wird wohl in den Augen russischer und chinesischer Militäranalysten der größte Gegner sein? Bulgarien? Nepal? Natürlich nicht. Es ist wohl offensichtlich, dass beide die USA als den Gegner Nummer Eins betrachten oder, wie es Moskau sagt, als ihren Hauptgegner.
Das ist wahrlich ein tektonischer Bruch. Wladimir Putin und Xi Jinping haben ihre Länder in eine Allianz eingebracht, die die Zukunft unserer Welt mehr definieren wird als jeder andere Faktor. Schon jetzt übersteigt die Macht China/Russlands die des Westens. Nimmt man zusätzlich die BRICS, die SCO, die CSTO und die EEC dazu, erkannt man ganz klar eine Vereinigung Eurasiens gegen den Westen. Auch hier glauben die Russen, dass die Zeit auf ihrer Seite ist und dass sie jeden Tag der vergeht stärker werden, während die westliche Plutokratie schwächer wird.
Ein Blick aus der Vogelperspektive
Wenn wir uns die Gesamtsituation auf der Erde anschauen, sollten wir sofort erkennen, dass die Ukraine nur das letzte sichtbare Ereignis in einem viel größeren Kampf ist: Die Entkolonialisierung der gesamten eurasischen Landmasse. Während die USA und ihre EU-Marionetten ihren Blick auf solche „Entwicklungen“ wie die (Pseudo-)Wahl Poroschenkos richten, sind die Chinesen und Russen damit beschäftigt den ihren auf den zurückgelegten und noch zu gehenden Weg ihres jahrzentelangen Ziels den Westen zu Fall zu bringen zu legen. In diesem Zusammenhang wird die Ukraine natürlich nicht vernachlässigt werden, aber jede politische Entscheidung auf diesem „Entwicklungsweg“ wird sorgfältig im Rahmen dieser globalen, weitreichenden Strategie bewertet werden.
(Teil-/Übersetzung des Artikels Ukraine SITREP May 27th, 14:54 UTC/Zulu: assault on Donetsk and a look from above von The Vineyard of the Saker)
Quelle:
Ukraine SITREP May 27th, 14:54 UTC/Zulu: assault on Donetsk and a look from above