Washingtons rote Linie, die der Kriegsnobelpreisträger Obama einst in den Sand zog, war nach Bekunden der US-Führung mit dem Giftgaseinsatz im letzten Jahr in Syrien überschritten. Dumm nur, dass a) der Außenminister Kerry den Russen und Syrern unbedarft ein Fenster öffnete (Vernichtung des C-Waffenarensals) und b) sich weltweit ein Proteststurm aufbaute, das selbst Cameron sein Unterstützungsvorhaben in Großbritannien nicht durchdrücken konnte.
Doch Syrien als Verteilungs- und Knotenpunkt für fossile Brennstoffe, sowie als stete(r) Kontrahent und Gefahr für Israel, muss nach geopolitischen Gesichtspunkten fallen und Assad durch eine pro-westliche Marionettenregierung (analog Ukraine) ersetzt werden. Dazu hatte man – wie inzwischen selbst in den Mainstreammedien angekommen ist – islamistische Terrorgruppen ausgebildet, bewaffnet und finanziert. Zwar nicht direkt, sondern über die US-Proxies Saudi-Arabien und Katar, aber jedem halbwegs Interessierten dürfte klar sein, dass eine solche Aktion niemals ohne Genehmigung und Unterstützung seitens der Administration der USA erfolgen könnte.
Zum Bedauern der Neocons in Washington konnten die islamistischen Terrorgruppen nicht die gewünschten Erfolge erzielen und Assads Armee konnte in den letzten Monaten viele Regionen zurückerobern. Auch wenn man davon in den westlichen „Qualitätsmedien“ wenig bis nichts lesen konnte, schien Assad – auch nach seiner Bestätigung als Präsident Syriens durch die Bevölkerung – seine Position festigen zu können. Allein eine Terrorgruppe, Islamic State of Iraq and the Levante (ISIL), später ISIS/IS, scheint der einzig noch ernstzunehmende Gegner der syrischen Armee zu sein. Selbst al-Nusra, die vom US-Außenministerium als „good jihadis“ eingeordnet ist, hat in Syrien an Boden und die „Führung“ an die IS verloren.
Interessanterweise – und wieder einmal nicht von den Mainstreammedien adressiert – ist auch IS ein Produkt des Westens:
And why did Islamic State, formerly ISIS, become winners? Because the „West“ regimented, schooled, trained, logistically helped and weaponized most of IS’s Takfiri goons with a mission at hand: to destroy Syria. The „West“ lauded them as „Syrian rebels“. Freedom fighters.
(Und warum wurde Islamic State, ehemals ISIS, zu Gewinnern? Weil der „Westen“ die meisten IS-Takfiri-Schläger reglemtierte, schulte, trainierte, logistisch unterstützte und bewaffnete, um ein Ziel zu erreichen: Syrien zu zerstören. Der „Westen“ lobte sie als „syrische Rebellen“. Freiheitskämpfer.)
IS hat in den letzten Wochen/Monaten ihr „Aufzugsgebiet“ aus Syrien in den Irak verschoben – quasi expandiert, in dem man ganze Regionen einnahm und Erpressungen, Entführungen, Eroberung von Ölfeldern und den Aufbau eines Schmuggelnetzwerks mit ins „Programm nahm“. Damit verfolgt IS eine Strategie der Balkanisierung des Iraks, was zufälligerweise (?) auch ein wichtiger geostrategischer Aspekt der US-Außenpolitik ist. Denn wenn man detailierter die Vorgehensweise von IS betrachtet, erkennt man, dass IS das Handbuch des Pentagons ausführt: Expandieren, nachdem man sich positioniert und gefestigt hat.
Doch warum hat nun der Westen begonnen IS anzugreifen und sie als neueste Bedrohung für den Westen aufzubauen, der zwingend bekämpft werden muss? Inwieweit nützt dem Westen das Vordringen von IS im Irak, die gesteuerte Terrorgefahr, was Syrien und ihre oben erwähnten geopolitischen Interessen betrifft?
Nach dem „Gesichtsverlust der roten Linie“ und dem Scheitern eines militärischen Eingreifens durch den Westen in Syrien, musste ein neuer Grund her, um in Syrien aktiv werden zu können und die wieder gestärkte Position Assads zu schwächen. Und was ist da einfacher
Immer mit dem eigentlichen Ziel vor Augen Assad zu stürzen und einen „Regime-Chance“ einzuleiten.
Oder wurde die IS gar geschaffen, um – wie es der investigative Journalist Pepe Escobar für möglich hält – als Handlager des Westens gegen das Haus Saud vorzugehen?
Quellen:
The killer on the (Saudi) king’s highway
Wikipedia – Islamic State of Iraq and the Levant