netzwerk recherche und die Ukraine: Wenn von den eigenen Ansprüchen nichts mehr übrig bleibt

Kennen Sie das netzwerk recherche? Ich bislang nicht – bis ich zufällig in einem Buch über diese illustre Gesellschaft gestolpert bin, in der sich Journalisten unter anderem für eine saubere Recherche bei ihrer Berichterstattung stark machen. So finden wir in der Präambel von netzwerk recherche folgendes (Hervorhebung durch den Verfasser):

Präambel netzwerk recherche - Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt www.netzwerkrecherche.orgPräambel netzwerk recherche - Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt www.netzwerkrecherche.org

Präambel netzwerk recherche – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt www.netzwerkrecherche.org

Alles hehre Ziele und löbliche Absichten, die die Mitglieder und Initiatoren dieses Netzwerks hochhalten.

Auszug Vorstand netzwerk recherche – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt www.netzwerkrecherche.org

Doch wie sieht es in der Realität aus? Setzen sie selbst ihre Forderungen bei der eigenen Berichterstattung um? Oder sind es vielmehr Lippenbekenntnisse und Allgemeinplätze zur Beruhigung des eigenen Gewissens und der der Leser?

Sehen wir uns dazu einmal die Vorstandsmitglieder und Schatzmeister des Netzwerks, Oliver Schröm, Julia Stein und David Schraven, an und deren Berichterstattung bzw. Haltung zur Ukraine-Krise.

Oliver Schröm

Oliver Schröm ist seit 2010 Gründer und Leiter des Ressorts Investigative Recherche beim Stern und

beschäftigt sich […] überwiegend mit Politik, Wettbetrug im Sport, Extremismus und Geheimdienste.

Interessanterweise trat Oliver Schröm im September 2013 als Gesprächspartner bei einem Workshop für investigative Journalisten aus der Ukraine – zusammen mit Sven Röbel (Der Spiegel) und Frederik Obermeier (Süddeutsche Zeitung) – auf.

Beispiele für die tendenziöse Berichterstattung des Sterns im Falle der Ukraine und zur Person Wladimir Putin im Besonderen sind mannigfaltig. Alleine der Ausschnitt der aktuellsten zwei „Putin-Artikel“ belegt das genaue Gegenteil der in der Präambel des netzwerk recherche aufgeführten Leitlinien:

Stern und Putin – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt www.stern.de

Julia Stein

Julia Stein arbeitet als Journalistin beim Norddeutschen Rundfunk, Ressort Investigation. Jenem Sender, der sich für die Tagesschau und Tagesthemen verantwortlich zeichnet. Auch hier gilt wie im Falle des Sterns, dass man wohl kaum von einer ausgewogenen, sauberen und ausführlichen Recherche sprechen kann, wenn man die Berichterstattung zur Ukraine und Russland betrachtet. Warum Stein und ihr Ressort dem Ressortleiter/Chefredakteur Nachrichten nicht investigativ zuarbeiten, dürfte deren Geheimnis bleiben. Denn wenn man die letzten Meldungen des Ressorts Investigation aufruft, bekommen wir auf den acht Suchergebnisseiten (Stand 12. September 2014) keinerlei Artikel zur Ukraine angezeigt:

Meldungen Ressort Investigation – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt www.ndr.de

Natürlich können die im Screenshot genannten Berichte durchaus investigativ erarbeitet worden sein, doch angesichts der aktuellen Situation würde ich mir von einer „Extra-Abteilung“ Investigation auch Artikel zur Ukraine wünschen, die Einfluss auf die täglichen Sendungen von Tagesschau und Tagesthemen nehmen.

David Schraven

David Schraven verantwortet als Leiter das Ressort Investigative Recherche bei der Funke Mediengruppe in Essen (unter anderem Herausgeber der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung). Dass es auch David Schraven nicht allzu genau mit der Umsetzung der Leitlinien des netzwerks recherche nimmt, verdeutlicht seine Haltung und sein Eingreifen im Falle Moritz Gathmann, der unter anderem als Gastredaktuer für Russland heute arbeitet, und damit die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Gathmanns bei Zeit online anstoss:

Meedia Beitrag – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt www.meedia.de

Jetzt mag der eine oder andere sagen, dass er doch genau seinem investigativen Grundgedanken gefolgt ist und die Zeit online-Redaktion auf den oben genannten Sachverhalt aufmerksam gemacht hat. Dem ist nichts entgegen zu stellen. Doch geht es hier vielmehr um die Äußerung Schravens, dass „Moritz Gathmann für Russlands Propagandadienst schafft“. Eine Aussage, die er im Umkehrschluss auf fast alle seine Journalistenkollegen in den gleichgeschalteten Mainstreammedien münzen kann. Wo bleibt hier sein Aufruf zur Unterscheidung von Fakten und Meinungen? Wo sein Aufruf zur sorgfältigen Kontrolle ihrer Arbeit und, wenn nötig, umgehend zur Korrektur?

Das netzwerk recherche scheint eine Alibifunktion zu erfüllen, dass man die Wertigkeit des investigativen Journalismus in Deutschland noch hochhält, obwohl speziell im Fall der Ukraine-Berichterstattung das genaue Gegenteil der Fall ist. Gerade die „führenden Köpfe“ dieses Netzwerks sollten sich ihren Leitlinien mehr verbunden fühlen als der „normalsterbliche Journalist“ und dementsprechend auch in ihren Redaktionen Einfluss auf den Wahrheitsgehalt der Inhalte von Artikeln und Sendungen nehmen. Leider scheint genau diese wichtige Funktion nicht erfüllt zu werden, obwohl sie so dringend nötig wäre.

Quellen:
Medienkodex von netzwerk recherche
Vorstand netzwerk recherche e.V.
Wikipedia – Netzwerk Recherche
Wikipedia – Oliver Schröm
Workshop für investigative Journalisten aus der Ukraine: Warschau – Berlin – Hamburg
Stern – Suche „Putin“ (Aufruf/Stand 12. September 2014)
Ressort Investigation im NDR
Meldungen des Ressorts Investigation (Aufruf/Stand 12. September 2014)
Twitter – Julia Stein
Wikipedia – Funke Mediengruppe
Freischreiber-Vorsitzender Benno Stieber wirft David Schraven schlechten Stil vor: „Es grenzt an Rufmord“
Der Fall Gathmann: Prinzipientreue oder Prinzipienreiterei?

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