Wenn der russische Verteidigungsminister Pakistan wieder einmal nach 45 Jahren besucht, sollte man meinen, dass das auch eine Meldung in unseren „Qualitätsmedien“ wert wäre. Insbesondere wenn man durchaus von einem Meilenstein, sowohl in den bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Ländern als auch in der regionalen Politik, sprechen kann. Zudem darf man die dahinterliegende Symbolik nicht außer acht lassen, dass Sergey Schoigu Pakistan als zweite Etappe seiner Reise besuchte. Nach seiner Aufwartung in Peking, wo die strategischen Beziehungen zwischen Russland und China an einem entscheidenen Punkt für die weitere Zukunft besprochen worden sein dürften.
Die Tatsache, dass man durchaus von einer kritischen Masse sprechen kann, was die gemeinsamen Interessen und Anliegen zwischen Russland, China und Pakistan betrifft, zeigt auch die Pressemitteilung des pakistanischen Verteidigungsministeriums aufgrund des Besuchs Schoigus. Pakistan betonte, dass sich die beiden Seiten „zufrieden über die Konvergenz der Standpunkte bei den meisten internationalen und überregionalen Themen“ zeigten. Zudem wurde ein militärischer Kooperationsvertrag während des Schoigu-Besuchs unterzeichnet. Dieser Vertrag stellt den ersten seiner Art zwischen den beiden Ländern dar.
Pakistan knüpft an den Vertrag die Hoffnung, dass die Beziehungen weiter gestärkt werden und den „Weg für den Austausch von Meinungen und Informationen über politisch-militärische Fragen, sowie bei Fragen im Zusammenhang mit der Stärkung des gegenseitigen Vertrauens und bei der internationalen Sicherheit, bei der Intensivierung der Anti-Terror-Aktivitäten und bei der Rüstungskontrolle, als auch den Ausbau der Beziehungen in verschiedenen Bereichen der militärischen Ausbildung „ ebnen.
In der Pressemitteilung wird Schoigu zitiert, dass er die Produktionskapazitäten Pakistans im militärischen Bereich anerkenne und bemerkte öffentlich, dass die Weltgemeinschaft „jetzt Geschäfte mit Pakistan machen“ möchte. Es liegt nahe, dass Russland Pakistan als potenziell wertvollen Partner in der Waffenproduktion und beim Verkauf betrachtet.
Moskau und Islamabad haben ihre Zusammenarbeit auf militärischer Ebene stetig ausgebaut – fast unbemerkt in der westlichen Öffentlichkeit. Gerade für die USA dürfte diese engere Verbundenheit mit großem Argwohn beobachtet werden – besonders aufgrund des derzeitigen Versuchs des Westens Russland wirtschaftlich aus der Weltgemeinschaft auszuschließen.
Moskau weiß um die besondere Rolle die Pakistan für die USA besitzt, um seine regionalen Strategien verfolgen zu können. Es liegt in Moskaus Interesse einen politischen und diplomatischen Raum zu schaffen, so dass Pakistan dem zunehmenden US-Druck widerstehen kann. Daher wird Russland alles tun, um den Trend einer unabhängigen Außenpolitik Pakistans zu stärken. Pakistan ist für Putin – nimmt man seine jüngste Oktober-Rede in Moskau – ein Teilnehmer des vom russischen Staatschef bezeichneten „neuen globalen Konsens der verantwortlichen Kräfte.“
In regionaler Hinsicht wird Russland mit der engeren Zusammenarbeit nur gewinnen. Auch was das Nachbarland Afghanistan betrifft, dessen Lage Pakistan und Russland gleich beurteilen. Beide verfolgen mit großem Misstrauen die amerikanischen Absichten eine langfristige militärische Präsenz in Afghanistan zu errichten. Angesichts der Washingtoner Erfolgsgeschichte mit extremistischen Gruppen, die als geopolitische Werkzeuge im Sinne der USA arbeiten, auch nicht weiter verwunderlich. Pakistan ist zudem stark beunruhigt, was die Einrichtung von US-Militärbasen in Afghanistan anbelangt, so dass der Austausch von Erkenntnissen dazu zu einem Leitmotiv der russisch-pakistanischen militärischen Zusammenarbeit werden dürfte. Während Moskau den Überblick über die verdeckten Aktivitäten der US-Geheimdienste, die eine große Präsenz in Afghanistan besitzen, erhalten möchte, liegt es im Interesse Pakistans den grenzüberschreitenden Terrorismus – ausgehend von afghanischem Boden und von dort durch verschiedene Kräfte federführend ausgeführt – zu bekämpfen.
Zudem hofft Russland dadurch die eigenen Sicherheitsinteressen im Kaukasus und Zentralasien in ihrem Sinne beeinflussen zu können.
Wieder einmal zeigt sich mit diesem Vertrag die strategische Weitsicht mit der Moskau versucht seine Interessen dauerhaft zu festigen. Gerade weil parallel dazu Indien offensichtlich seine militärischen Beziehungen zu den USA, Japan und Australien, sowohl bilateral als auch multilateral, verstärkt. Russland kontert damit Obamas Schritt nach Asien und versucht die unvermeidbare strategische Neuausrichtung in der Region des Indischen Ozeans zu seinen Gunsten zu formen. Daher ist der russisch-pakistanische Militärpakt nicht als bloßes Strohfeuer anzusehen.
Quellen:
Russia signs military pact with Pakistan
‘Evergreen tree’ of Sino-Russian friendship
PR No. 156 PRESS RELEASE Tokyo : November 20, 2014
Pakistan, Russia ink milestone defence pact
Meeting of the Valdai International Discussion Club
Zarb-e-Azb disrupted Haqqani network: US