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Iran: Auf dem Weg zur Regionalmacht

Neue Töne aus Saudi-Arabien: Nach Meinung eines Redakteurs der Tageszeitung Asharq Al-Awsat ist der Iran gerade dabei die Vorherrschaft in der Region zu übernehmen. Er begründet es damit, dass Riad einer Vielzahl an falschen Einschätzungen unterlag:

  • Geld kann alles und jeden in Washington kaufen.
  • Der Islamic State ist das Verhängnis für den Iran.
  • Die Selbstüberschätzung, dass die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten in der geasmten Region Fuß fassen wird.

All diese Annahmen der Saudis waren letztendlich falsch und 2014 ist damit so etwas wie das Jahr in dem die Saudis ihren roten Faden verloren.

Mit dem Ende des Jahres 2014 wurde das Ausstechen Saudi-Arabiens durch Teheran, was die Irak- und Syrien-Politik betrifft, mehr als deutlich. Dem Iran gelang es seinen Einfluss im Irak zu stärken, die schiitischen Bewegungen massiv zu beeinflussen und schaffte es sogar einen Vorteil aus dem Auftauchen des Islamic State zu ziehen.

Teheran - Bildquelle: Wikipedia / Amir1140Teheran - Bildquelle: Wikipedia / Amir1140

Teheran – Bildquelle: Wikipedia / Amir1140

Teheran konte nicht nur seinen Einfluss auf die Schiiten verstärken, sondern sogar auf die irakischen Sunniten und Kurden. So muss das militärische Eingreifen des Irans im Irak beim Kampf gegen IS als sehr erfolgreich angesehen werden. Man könnte zusammengefasst sagen, dass Teheran als der neue Schutzpatron des Iraks gelten kann, wie auch der Besuch der irakischen Verteidigungsministers letzte Woche deutlich machte.

Tatsache ist, dass der IS über eine verminderte Schlagkraft im Irak verfügt und dass seine Fähigkeit neue Gebiete einzunehmen – selbst die besetzten zu verteidigen – mehr als anzuzweifeln ist – alles Dank der Effektivität der militärischen Interventionen Teherans im Irak. Zudem musste der Westen erkennen, dass Syrien ein wichtiges Bollwerk gegen den Islamic State ist. Ein Bollwerk, das vornehmlich durch den Iran aufrecht erhalten wird und somit indirekt Europa schützt.

Die Erwartungen der Saudis, dass Teheran einerseits im „irakischen Sumpf stecken bleibt“ und andererseits das US-Eingreifen gegen den IS in seiner logischen Abfolge dazu führen würde, dass das Thema Regime Change in Syrien wieder aktuell wird, haben sich als falsch herausgestellt. Auch weil die USA nicht ihr ganzes Gewicht hinter dieses saudische Projekt stellen.

Die größte Fehlinterpretation Riads ist allerdings das von ihnen erwartete Engagement der USA gegenüber dem Iran. So gingen die Saudis davon aus, dass Obama dazu gezwungen werden würde sich weitergehend zu engagieren. Inbesondere aufgrund der saudischen Lobbyisten in Washington und der gewaltigen israelischen Interessensgruppen in den letzten Monaten.

Erstaunlicherweise widerstand Obama diesen Aufforderungen, da er wohl der Überzeugung ist, dass eine Zuasmmenarbeit mit dem Iran einen Multiplikatoreffekt für die Region haben wird, der die Region befrieden kann und das schlechte Ansehen der USA verbessert. Zudem erlaubte es ihm sich mehr auf die Stärkung der US-Wirtschaft zu fokusieren und die globalen US-Strategien zu überdenken.

Obama sprach in einem Interview mit NPR News über diese Themen und strafte dabei sogar seine inländischen Kritiker ab:

There are times here in Washington where pundits… think you can just move chess pieces around the table. And whenever we have that kind of hubris, we tend to get burned.
(Es gibt Zeiten, hier in Washington, wo Experten… denken, dass man einfach die Schachfiguren auf dem Brett bewegen kann. Und wann immer wir diese Art der Hybris zeigen, neigen wir dazu uns zu verbrennen.)
We need to spend a trillion dollars rebuilding our schools, our roads, our basic science and research here in the United States.
(Wir müssen eine Billion Dollar hier in den USA aufbringen, um unsere Schulen, unsere Straßen, unsere grundlegende Wissenschaft und Forschung wideer aufzubauen.)

Und genau hier haben die Saudis Obama falsch eingeschätzt, da sie immer noch mit der früheren Ära der US-Kanonenpolitik und den „humanitären Interventionen“ der USA im Nahen Osten verhaftet sind. Bezeichnenderweise bestätigte Obama in diesem Interview, dass der Iran dabei ist eine „sehr erfolgreiche Regionalmacht“ zu werden, wenn das Land die „Chance ergreift mit der Welt wieder eins zu werden“. und schloss mit dem Hinweis, dass ein Atomabkommen mit dem Iran durchaus „möglich“ ist:

Because, if they [Iranians] do, there’s incredible talent and resources and sophistication inside of Iran and it could be a very successful regional power that was also abiding by international rules – and that would be good for everybody.
(Weil, wenn sie [die Iraner] es wollen, es unglaublich viele Talente und Ressourcen und Raffinesse innerhalb des Irans gibt, und es könnte eine sehr erfolgreiche regionale Macht sein, die auch treu zu den internationalen Regeln steht – und das wäre gut für uns alle.)

Iran Daily, die einflussreiche Zeitung, die das Denken der Führungsspitze in Teheran widerspiegelt, hat mit einem Artikel mit dem Titel Obama’s suggestions need closer study (Obamas Vorschläge bedürfen einer genaueren Prüfung) reagiert. Die Redaktion lobte Obamas Einschätzung, dass die Stabilität im Nahen Osten eine Zusammenarbeit mit dem Iran erfordert. Es wird zudem erwartet, dass eine Annäherung an die USA „nicht nur Ansporn für amerikanische, sondern auch für europäische Investoren“ wäre und somit die iranische Wirtschaft beleben könnte. Und dies wiederum Anlass für „eine weitere Stärkung der bilateralen diplomatischen Beziehungen mit den USA“ gibt.

Der Artikel schloss, dass „freundschaftliche Beziehungen“ mit Teheran es Washington ermöglicht „eine Politik voranzutreiben, die darauf gerichtet ist die Spannungen im Nahen Osten zu verringern“ und „seine laufenden Herausforderungen in der Region zu verkleinern“.

Stellt sich nur die Frage, ob Saudi-Arabien bereit ist dieser Tatsache ins Auge zu blicken? Riad steht heute ziemlich isoliert da. Weder Ägypten unter dem Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi (der sich gegen den Islamismus in Syrien oder sonstwo in der Region stellt), noch die Türkei (die einen Regime Change in Syrien unterstützt, aber dies durch die Brille des Arabischen Frühlings tut und die Muslimbruderschaft herausfordert – was natürlich ein Dorn im Auge der Golfstaaten-Regime ist) unterstützen das saudische Projekt in Syrien. Da die syrischen Friedensgespräche unter russischer Initiative näher rücken, kommen die Saudis unter Zugzwang und sollten daher ihre regionale Politik überdenken. Ein guter Startpunkt für die Saudis wäre es, den Einsatz des Ölpreises als Waffe gegen den Iran einzustellen. Denn ob der Iran davon in die Knie gezwungen wird, ist zu bezweifeln.

Allerdings sollte man bei allen positiven Zeichen, was das „neue Verhältnis“ zwischen den USA und dem Iran betrifft, nicht vergessen, dass Washington immer nur seinen eigenen Interessen folgt und die können sich a) von heute auf morgen ändern und b) könnte all das „Honig-ums-Maul-schmieren“ nur ein bewusster Versuch Washingtons sein, Teheran aus dem Spiel zu nehmen. Alles ist möglich…

Quellen:
SNSC Secretary Stresses Expulsion of ISIL from All Parts of Iraq
Transcript: President Obama’s Full NPR Interview
Obama’s suggestions need closer study
Russia reopens Syria peace talks
Iran, Iraq Ink MoU on Defense Cooperation
Opinion: Another Year of the Syrian Conflict
Opinion: Iran and ISIS in Iraq
Iranian Speaker, Iraqi Kurdistan President Discuss ISIL Crisis, Expansion of Ties

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