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Ukraine: Eine Chance für die Diplomatie?

Einen Tag nachdem der russische Präsident Wladimir Putin seine Beileidsbekundungen nach dem Anschlag auf das Büro des Satiremagazins Charlie Hebdo in Paris übermittelt hatte, rief Putin seinen französischen Amtskollegen François Hollande an. Es liegt nahe, dass Putin Hollande anbot gemeinsam im Kampf gegen den Terrorismus vorzugehen. Russland kann in Echtzeit entscheidendende Geheimdienstinformationen bzgl. radikal-islamistischer Gruppen einbringen, da Russland über viel Erfahrung (und Weisheit) verfügt, nachdem Russland selbst bereits seit ein paar Jahrzehnten „an vorderster Front“ steht.

Die Zusammenarbeit zwischen den russischen und westlichen Geheimdiensten mag aufgrund des vergangenen Jahres und der Sanktionen wegen der Ukraine gelitten haben, aber der Angriff in Paris unterstreicht nur, wie dicht die gemeinsamen Interessen in der Welt von morgen beieinanderliegen können.

Wladimir Putin - Bildquelle: Wikipedia / www.kremlin.ruWladimir Putin - Bildquelle: Wikipedia / www.kremlin.ru

Wladimir Putin – Bildquelle: Wikipedia / www.kremlin.ru

Es genügt zu sagen, dass Hollandes Bemerkungen Anfang letzter Woche, dass die Sanktionen beendet werden könnten, wenn es Fortschritte in der Ukraine gibt, positiv zu werten sind. Diese Bemerkungen zeigen nochmals, dass sich ein stärker werdender Anteil der öffentlichen Meinung innerhalb der Europäischen Union heraus bildet, der gegen die Sanktionen ist. Die erste Reihe von Sanktionen sind nur bis zum 15. März in Kraft und der zweite Teil wird Ende Juli auslaufen. Die Zeit der Entscheidungen naht also.

Was haben die Sanktionen im Rückblick erreicht? Eine brillante, leidenschaftslose Analyse des bekannten amerikanischen internationalen Anwalts Kenneth Kopf lässt das Adrenalin fließen. Kopf ist kein Freund von Putin – tatsächlich arbeitete er für die US-Geheimdienste – und doch eröffnet er eine ernsthafte Diskussion aus der amerikanischen Perspektive. In der Summe ist es unverständlich, wie ein gelehrter, zerebraler Geist wie Präsident Barack Obama (im Gegensatz zu seinem Vorgänger) auf die Dogmen der Kalten Krieger in den Behörden der US-Außenpolitik herein fallen konnte. Auf jedem wie auch immer gearteten Weg man es betrachtet, oder wie Kopf es bezeichnet, waren die gesamten Sanktionen „schlecht geplant, zeitlich schlecht abgestimmt und tollkühn“. (Mehr zu Kopfs Kritik hier.)

Wie auch immer. Besser spät als nie, und Obamas Umdenken bzgl. Russland ist ein weiteres außergewöhnliches Beispiel für den Grundsatz: „Sag niemals ’nie‘.“ Die Flut der westlichen Propaganda wird auch weniger werden (mit Ausnahme der New York Times, die nur die Schattenseiten des Lebens sehen will) – und, wenn auch in einem anderen Kontext von Matthew Arnold (1822-1888, und zu einem gegenteiligen Zweck), während seiner Flitterwochen, geschrieben, kommen einem die eindrucksvollen Zeilen seines unsterblichen Gedichts „Dover Beach“ in den Sinn:

The Sea of Faith / Was once, too, at the full, and round earth’s shore / Lay like the folds of a bright girdle furl’d. / But now I only hear / Its melancholy, long, withdrawing roar, / Retreating, to the breath / Of the night-wind, down the vast edges drear / And naked shingles of the world.

Auf jeden Fall hat eine hektische Runde der diplomatischen Unterredungen begonnen, mit Deutschland als Knotenpunkt, als Land, das den Geldbeutel der EU für die Ukraine in Händen hält:

  1. Der kasachische Präsident Nasarbajew Nurusultan befindet sich dieser Tage zu Gesprächen mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Nasarbajew genießt insbesondere das Vertrauen Putins.
  2. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sieht „einige begrenzt positive Zeichen auf der russischen Seite“.
  3. Das deutsche Auswärtige Amt hat gesagt, dass „einige Fortschritte“ auf der Sitzung in Berlin am Dienstag ereicht wurden – zwischen den hochrangige Diplomaten aus Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine.
  4. Die vier Außenminister wollen zudem eine Telefonkonferenz abhalten. Dies kann zu einem Treffen in Kiew der Trilateralen Kontaktgruppe für die Umsetzung des Minsker Abkommen führen.

Die große Frage ist, ob das Gipfeltreffen der vier Staatschefs in Astana am 15. Januar (das bereits zu einem früheren Zeitpunkt angesetzt wurde) dann immer noch auf Kurs ist. Das Nasarbajew-Merkel-Treffen wird etwas Licht ins Dunkel bringen.

Am Ende des Tages ist die Fortsetzung eines strategischen Patts in der Ukraine nicht weiter tragbar. Ein AP-Bericht weist zu Recht darauf hin, dass die Sanktionen beide Seiten treffen – Russland wie auch Europa. Allerdings fügt all dies den Kalten Kriegern Rückschläge zu. Das „trübsinnige Gebrüll“ von George Soros’Stimme verdeutlicht das.

(Teil-/Übersetzung des Artikels The melancholy roar of new cold war von M K Bhadrakumar/Indian Punchline)

Quellen:
The melancholy roar of new cold war
Telephone conversation with President of France Francois Hollande
Hollande Looks to End Russia Sanctions
Russia Sanctions: ‘Ill-Planned, Ill-Timed and Foolhardy’
Merkel Sticks to Tough Line on Russia Sanctions
Germany and EU optimistic on Ukrainian reforms
Nazarbayev, Merkel to discuss Ukraine in Berlin
EU leaders raise hopes of Putin breakthrough over Ukraine
Some progress made at meeting on resolving Ukrainian crisis – German Foreign Ministry
Ukraine, Russia, Germany, France foreign chiefs to meet in Berlin on Jan 9 – Ukrainian diplomat
Soros: West Should Give Ukraine $50 Billion in Aid to Thwart Russian ‚Attack‘

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