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Ukraine-Krise: Litauen gibt „Handbuch für Invasion“ aus

Vilnius - Hauptstadt von Litauen - Bildquelle: Wikipedia / Lestat (Jan Mehlich) under GFDL and Creative Commons Attribution ShareAlike 2.5Vilnius - Hauptstadt von Litauen - Bildquelle: Wikipedia / Lestat (Jan Mehlich) under GFDL and Creative Commons Attribution ShareAlike 2.5

Vilnius – Hauptstadt von Litauen – Bildquelle: Wikipedia / Lestat (Jan Mehlich) under GFDL and Creative Commons Attribution ShareAlike 2.5

Litauen hat nach Informationen von RT.com am vergangenen Dienstag eine Anleitung herausgegeben, wie sich die Menschen im Kriegsfall verhalten sollen. Auch wenn noch nicht alle Einzelheiten bekannt sind, dient die Anleitung nach Angaben der litauischen Regierung dazu, dass die Bürger „keine Panik bekommen und weiterhin klar denken können“, wenn es zu einer Invasion – da dürfte wohl vornehmlich Russland damit gemeint sein – kommt:

Lithuanian Defense Minister Juozas Olekas unveiled the 100-page public information pamphlet last Tuesday at a press conference in Vilnius. The book, “How to act in extreme situations or instances of war” aims to educate the country’s citizens on what to do in the case of an invasion.
The manual instructs Lithuanians how to “act during the organization of civil resistance, but also how to act under battlefield conditions,” in addition to containing information on governmental changes following a declaration of war and procedures for evacuating a building, according to Olekas.
The book suggests demonstrations and strikes or “at least doing your job worse than usual” as means of resisting foreign occupation. It also advises citizens to use social media to organize resistance and promotes staging cyber-attacks against the enemy.
(Der litauische Verteidigungsminister Juozas Olekas enthüllte die 100-seitige öffentliche Informationsschrift am vergangenen Dienstag auf einer Pressekonferenz in Vilnius. Das Buch „Wie man in Extremsituationen oder im Falle eines Kriegs handelt“ zielt darauf ab, dass die Bürger des Landes im Falle einer Invasion wissen was zu tun ist.
Das Handbuch instruiert die litauische Bevölkerung, wie man „sich bei der Organisation des zivilen Widerstands verhält, aber auch, wie man unter Schlachtfeldbedingungen handelt“, zusätzlich zu Informationen zu einem Regierungswechsel nach einer Kriegserklärung und Verfahren zum Evakuieren eines Gebäudes, so Olekas.
Das Buch schlägt Demonstrationen und Streiks oder „zumindest sollten Sie Ihre Arbeit schlechter als sonst machen“ als Mittel des Widerstandes gegen eine fremde Besatzung vor. Darüber hinaus rät es den Bürgern soziale Medien zu nutzen, um einen Widerstand zu organisieren und fördert die Inszenierung von Cyber-Angriffen gegen den Feind.)

Im typischen Duktus einer Regierung verharmlost das Handbuch eine mögliche – nach Meinung der litauischen Regierung wohl russische – Invasion und die mit einem Krieg einhergehenden Schrecken und gibt den lakonischen Rat sich keine Sorgen zu machen, da „Schüsse vor dem Fenster nicht das Ende der Welt bedeuten“.

Das wird der Normalbürger logischerweise etwas anders sehen. Denn sollten tatsächlch – wo auch immer, von wem auch immer aus- oder angeführt – Schüsse vor der eigenen Haustür fallen, gepanzerte Mannschaftswagen oder Panzer heranrollen, wäre das für jeden einzelnen sehr wohl das Ende der Welt, wie er sie bislang kennt.

Tatsächlich scheint sich das „Überlebenshandbuch“ mehr auf Demonstrationen und die Cyber-Kriegsführung zu konzentrieren, statt auf das offensichtliche, wenn es zu einem Krieg mit Russland kommen sollte.

Doch Litauen ist nicht allein, wenn es eine mögliche russische Invasion befürchtet. So hat Polen – kurz nach dem die Ukraine-Krise begann – im März letzten Jahres seine Reservetruppen aktiviert. Das erste Mal seit Ende des Zweiten Weltkriegs:

At least 7,000 reservists have been recalled to the colours for immediate exercises lasting between 10 and 30 days.
They’re told by the Polish authorities that the call-ups are “routine”: but the men say they haven’t been asked before and they’re well aware of the growing alarm in Warsaw at President Putin’s aggression. Three weeks ago, their Prime Minister, Donald Tusk, called a press conference to warn that “the world stands on the brink of conflict, the consequences of which are not foreseen… Not everyone in Europe is aware of this situation.”
[…] But in the worst case scenario of a truly revanchist Russia, Poland certainly has the borders from hell. Starting from the top, it abuts Kaliningrad (the Russian exclave (sic!) on the Baltic carved at the end of the war from East Prussia), Lithuania, Belarus and Ukraine.
None of these borders relies on any natural barriers like rivers or mountain ranges – they are just lines on a map drawn by Stalin in the full flush of victory.  No wonder the Poles are feeling vulnerable.
And we should be worried, too. Poland is both a Nato and EU member. We are bound by solemn treaty to defend her in case of attack. Violation of Poland’s territorial integrity was after all why we went to war reluctantly in 1939.
(Mindestens 7.000 Reservisten wurden für sofortige Übungen mit einer Dauer zwischen 10 und 30 Tage einberufen.
Ihnen wurde von den polnischen Behörden mitgeteilt, dass die Abrufe „Routine“ sind: Aber die Männer sagen, sie seien zuvor nicht gefragt worden, und sie sind sich der wachsenden Angst in Warschau vor Präsident Putins Aggressionen bewusst. Vor drei Wochen warnte ihr Premierminister Donald Tusk bei einer Pressekonferenz, dass „die Welt am Rande eines Konflikts steht, dessen Folgen nicht abzusehen sind… Nicht jeder in Europa ist sich dieser Situation bewusst.
[…]
Aber im schlimmsten Fall eines wirklich revanchistischen Russlands, wäre an den polnischen Grenzen die Hölle los. Angefangen ganz oben bei Kaliningrad (die russische Enklave an der Ostsee, die am Ende des Krieges aus Ostpreußen herausgelöst wurde), über Litauen, Weißrussland und der Ukraine.
Keine dieser Grenzen besitzt irgendwelche natürlichen Barrieren wie Flüsse oder Berge – sie sind nur Linien auf einer Karte, die von Stalin im Siegestaumel gezogen wurden. Kein Wunder, dass die Polen sich verwundbar fühlen.
Und wir sollten auch besorgt sein. Polen ist sowohl ein NATO– als auch ein EU-Mitglied. Wir sind vertraglich verpflichtet, sie im Falle eines Angriffs zu verteidigen. Die Verletzung der territorialen Integrität Polens war doch letztlich der Grund, warum wir 1939 – zwar zögerlich – in den Krieg zogen.)

Ein Konflikt braut sich hier zusammen und jeder weiß es. Amn Mittwoch leitete Russland zwei wichtige strategische Schritte ein, die zeigen wie angespannt die Situation zwischenzeitlich ist. Zum Einen begannen sie mit dem Verkauf von US-Dollar-Reserven, um sich effektiv der Dollar-Hegemonie in der Region zu entziehen. Zum Andern haben sie gegenüber der EU eine Machtdemonstration gezeigt, als sie mitten im Winter mit der Drosselung der europäischen Gasversorgung um 60% drohten.

Nimmt man die bisherigen Handlungen im vergangenen Jahr der Russischen Föderation, der Europäern und der Vereinigten Staaten von Amerika und die jetzigen Beobachtungen dazu, liegt es auf der Hand, was geschieht.

Die vermeintlichen Superkräfte bereiten sich auf eine globale Konfrontation vor.

Und wenn dies wirklich der Fall ist – und alle Indikatoren deuten darauf hin, das es so ist – dann wären die Regierungen von Litauen, Polen und den anderen europäischen Ländern, die an Russland angrenzen, gut beraten ihren Bevölkerungen einige zusätzliche Vorschläge zu geben.

Quellen:
Report: “Russian Invasion Survival Manual” To Be Issued To Citizens In European Union
Lithuania prints ‘Russian invasion’ survival manual
Report: Poland Calls Up Army Reserves: “The World Stands On the Brink of Conflict”
Why are Polish men in London getting military call-up papers?
Putin Strikes Back: Russia Cuts Off European Gas Supplies, Starts Selling Dollars: “The Decision Has Been Made”


An dieser Stelle sei nochmals auf die neue Rubrik Adjunktion – Gemeinsam hinterfragen hingewiesen.
Mein Hintergedanke zu dieser Rubrik ist der, dass ich gerne euch als Leser mehr in die Themen, die auf www.konjunktion.info behandelt werden, einbinden möchte. Dazu könnt ihr auf verschiedenen Wegen (Text, Bild, Audio, Video) Anregungen, Anmerkungen und Fragen zu bereits behandelten Themen oder komplett neuen Sachverhalten stellen. Diese werde ich dann entweder als Einzelartikel versuchen zu beantworten oder in Form einer Gemeinsamschaftsarbeit über die Kommentarfunktion des Artikels durch die Leser “erarbeiten” lassen – ganz nach dem klassischen Gedanken der Schwarmintelligenz.

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