Skip to content

Griechenland-Rettung: Spielt der IWF falsch?Lesezeit: 5 Minuten

Steht Griechenlands „Rettung“ vor dem Scheitern?

Hauptsitz IWF - Bildquelle: Wikipedia / International Monetary Fund

Hauptsitz IWF – Bildquelle: Wikipedia / International Monetary Fund

Der IWF als wichtiger Teil des erneuten Rettungspakets für Athen spielt mit dem Gedanken sich aus der „Veranstaltung“ zu verabschieden. Es sei denn Griechenland würde ein umfassender Schuldenerlass gewährt. Doch solch einen Haircut will insbesondere Deutschland tunlichst vermeiden und wird daher von vielen Europäern wieder einmal an den Pranger gestellt. Fast könnte man den Anschein gewinnen, als wäre Deutschland einmal mehr in Position gebracht worden, um als Schuldiger für einen erneuten Zerfalls Europas zu dienen.

Am heutigen Mittwoch entscheidet sich zumindestens in Griechenland, ob das dortige Parlament das neue „Austeritätsprogramm zur Unterstützung ausländischer Banken“ akzeptieren wird. Alexis Tsipras ist dabei auf die Stimmen der Opposition angewiesen, die er aber problemlos „bekommen“ sollte. Erst danach wird in anderen Länderparlamenten – natürlich wieder einmal ohne die jeweils eigene Bevölkerung zu befragen bzw. auf deren Meinung zu hören – entschieden, ob es zu einem neuen Deal mit Athen kommt. Dabei besteht durchaus die Möglichkeit, dass es beispielsweise in Finnland oder in Deutschland zu keiner Zustimmmung kommt.

Würden wir in einem solchen Fall dann den Beginn des Endes der Eurozone sehen? Wenn selbst Ausstehende, wie Paul Krugman in der New York Times, die mögliche Vereinbarung mehr als kritisch sehen:

Suppose you consider Tsipras an incompetent twerp. Suppose you dearly want to see Syriza out of power. Suppose, even, that you welcome the prospect of pushing those annoying Greeks out of the euro.
Even if all of that is true, this Eurogroup list of demands is madness. The trending hashtag ThisIsACoup is exactly right. This goes beyond harsh into pure vindictiveness, complete destruction of national sovereignty, and no hope of relief. It is, presumably, meant to be an offer Greece can’t accept; but even so, it’s a grotesque betrayal of everything the European project was supposed to stand for.
(Angenommen man betrachtet Tsipras als einen inkompetenten Dussel. Nehmen wir an, dass sie es gerne sehen würden, dass Syriza ihre Macht verliert. Nehmen wir zudem an, dass sie die Aussicht diese nervigen Griechen aus dem Euro zu drängen als Willkommen heissen.
Auch wenn all das wahr ist, ist diese Liste an Forderungen der Eurogruppe Wahnsinn. Der trendige Hashtag ThisIsACoup ist hier genau richtig. Dies geht von Härte in pure Rachsucht über, die vollständige Zerstörung der nationalen Souveränität und ohne Hoffnung auf Erleichterung. Es sollte vermutlich ein Angebot sein, das Griechenland nicht akzeptieren kann; aber auch so ist es ein grotesker Verrat an allem für das das europäische Projekt stehen sollte.)

Die – nach Aussagen des ehemaligen Finanzministers von Griechenland Varoufakis – von Schäuble dominierten Verhandlungen und das jetzt vorliegende Ergebnis lassen den Schluss zu, dass die Bedingungen für das „Rettungspaket“ bewusst so hart gefasst wurden, dass Griechenland diesen – sei es seitens des Parlaments oder aufgrund von Massenprotesten auf den Straßen – nicht zustimmen kann und daher selbst aus der Eurozone aussteigen will. Und einige Mitglieder von Syriza stellen sich auch öffentlich gegen das Paket:

Greek Energy Minister Panagiotis Lafazanis, who leads a hard-line leftist faction within Syriza, said in a statement Tuesday that the country’s creditors had „acted like cold-blooded blackmailers and economic assassins.“
Yet he also took indirect aim at Tsipras, calling on the Greek prime minister to reverse himself and tear up the agreement, which he described as a violation of the party’s ideals.
Even if Tsipras can pass the deal in Parliament, as he is expected to do, Lafazanis vowed that the Greek people would „annul it through their unity and struggle.“
(Der griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis, der die harte Linie der linken Fraktion innerhalb Syriza anführt, sagte in einer Erklärung am Dienstag, dass die Gläubiger des Landes „wie kaltblütige Erpresser und Wirtschaftlichsattentäter agierten.“
Doch er nahm auch indirekt Tsipras aufs Korn und forderte den griechischen Ministerpräsidenten auf umzukehren und die Vereinbarung zu zerreißen, die er als eine Verletzung der Ideale der Partei beschrieb.
Auch wenn Tsipras den Deal durch das Parlament bringt, so wie er es erwartet, schwor Lafazanis, dass das griechische Volk „es durch seine Einheit und seinem Kampf für nichtig erklären wird“.)

Der IWF erinnerte zudem an seine eigenen Regelungen – die eigentlich ansonsten im Falle Griechenlands noch nie interessiert haben -, die besagen, dass

…the IMF is not allowed to participate in a bailout if a country’s debt is deemed unsustainable and there is no prospect of it returning to private bond markets for financing. The IMF has bent its rules to participate in previous Greek bailouts, but the memo suggests it can no longer do so.
(…es dem IWF nicht erlaubt ist, sich an einer Rettungsaktion zu beteiligen, wenn die Schulden eines Landes als nicht nachhaltig gelten und es keine Möglichkeit mehr gibt, dass eine Rückkehr zur Finanzierung über die privaten Rentenmärkte erfolgen kann. Der IWF hat seine Regeln untergraben, um an früheren griechischen Rettungsaktionen teilzunehmen, aber das Memo [des IWFs] schlägt vor, es nicht mehr zu tun.)

Welche Rolle der IWF in diesem Spiel genau spielt, ist in meinen Augen nur sehr schwer zu deuten. Der IWF als Instrument der USA dürfte durchaus daran interessiert sein, den Euro weiter zu schwächen, um seinen Traum einer neuen Weltleit-/reservewährung auf Basis der Sonderziehungsrechte umsetzen zu können. Aber gleichzeitig muss die USA als Vetomacht im IWF befürchten, dass Griechenland bei einem Austritt aus dem Euro und seiner möglichen Zuwendung an die BRICS-Staaten seine „West-/NATO-Bindung“ aufgibt.

Das Chaos ist inzwischen so groß geworden, dass bei Lichte betrachtet sowohl die EU als auch der Euro in seiner jetzigen Form dauerhaft nicht überlebensfähig sind. Warum kommt mir hier nur wieder Schäubles New York Times-Interview in den Sinn?

We can only achieve a political union if we have a crisis.
(Wir können eine politische Union nur dann erreichen, wenn wir eine Krise haben.)

Quellen:
The ‘Greek Debt Deal’ Is Already Starting To Fall Apart
Killing the European Project
Twitter – Ed Conway
Twitter – #ThisIsACoup
Greek leader struggles to hold government together after bailout deal
IMF Signals It Could Walk Away from Greek Bailout Deal
Seeing in Crisis the Last Best Chance to Unite Europe

Beitrag teilen:

Ein Artikel bildet zwangsweise die Meinung eines Einzelnen ab. In Zeiten der Propaganda und Gegenpropaganda ist es daher umso wichtiger sich mit allen Informationen kritisch auseinander zu setzen. Dies gilt auch für die hier aufbereiteten Artikel, die nach besten Wissen und Gewissen verfasst sind. Um die Nachvollziehbarkeit der Informationen zu gewährleisten, werden alle Quellen, die in den Artikeln verwendet werden, am Ende aufgeführt. Es ist jeder eingeladen diese zu besuchen und sich ein eigenes Bild mit anderen Schlussfolgerungen zu machen.
www.konjunktion.info unterstützen:

Das könnte Ihnen auch gefallen …

8 Antworten

    Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentare lesen zu können.
Skip to content