Millionen von Bildern werden täglich mit Hilfe der App Snapchat geteilt. Snapchat, das hauptsächlich von Jugendlichen genutzt wird, verfolgt dabei die Strategie, dass Bilder mit einem „Verfallsdatum“ auf den Servern hochgeladen werden und von dort gelöscht werden, wenn dieses Datum erreicht wurde bzw. wenn das Bild angeschaut wurde. Diese „Selbstzerstörung“ der Bilder und das einfach zu bedienende Programme dürften die Hauptgründe sein, warum diese App gerade bei fragwürdigen Bildern (Gewalt, Sex usw.) zum Einsatz kommt.
Aber wie immer im Netz sind auch Snapchat-Bilder nicht davor gefeit, dass Betrachter kurz vor der „Selbstzerstörung“ einen Screenshot erstellen und somit das Bild auf Dauer „sichern“. Beteuerungen von Snapchat, dass die Bildversender benachrichtigt werden, sobald die App feststellt, dass ein Screenshot gemacht wurde, dürfte für die Nutzer nur ein schwacher Trost sein. Britische Behörden gehen deswegen jetzt sogar einen Schritt weiter und haben eine scharfe Warnung ausgesprochen für diejenigen, die die Bilder „abfotografieren“ wollen, nachdem der Versuch Snapchat (und andere Apps, die mit Verschlüsselung arbeiten) dazu zu zwingen mit ihnen zusammen zu arbeiten, scheiterte.
Der Independent berichtet nun, dass Nutzer, die beim „Abfotografieren“ erwischt wurden und die Inhalte ohne die Zustimmung der Ersteller teilen würden, angeklagt und im Gefängnis landen könnten. Nach britischem Recht ist es nämlich illegal Bilder ohne Zustimmung des Erstellers zu kopieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So kann der Ersteller jeden verklagen, der eine solche Urheberrechtsverletzung begeht.
Neben der Urheberrechtsverletzungsklage droht eine weitere Strafe. Mit bis zu zwei Jahren können Verstösse aufgrund der Section 33 des Criminal Justice and Courts Act 2015 (Verbreitung sexueller Fotografien und Filmen als Rache o.ä.) geahntet werden.
Laut einem Bericht auf Channel 4 ist es heute ein „normales Verhalten“, dass Teenager solche Bilder teilen. Jon Brown von der National Society for the Prevention of Cruelty to Children (NSPCC) spricht davon, dass es Gang und Gebe sei, dass 13- bis 16-Jährige Hardcore-Pornos konsumieren und dass sie Sexbilder teilen:
Ich denke, es ist wichtig zu erkennen, dass das, was bisher als ungewöhnlich, anstössig oder reißerisch angesehen wurde, in der Tat nun zur Norm geworden ist.
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(I think it’s important to recognise what was previously regarded as unusual, concerning, or sensationalist, now has in fact become the norm.)
Sowohl die Aussagen Browns als auch die Berichte von Channel 4 und des Independent zeigen wieder einmal wie pervertiert unsere Gesellschaft geworden ist. Man muss sicherlich kein Moralapostel sein, aber was heute in unserer Gesellschaft als „normal verkauft“ wird, dient allein zur „Enthemmung“ und zur „Entmenschlichung“. Moral, Ethik und Anstand sollen bewusst ihren Stellenwert in der Gesellschaft verlieren, so dass bestimmte Dinge keinerlei Aufregung mehr erfahren, da man als Bürger derart abgestumpft ist, dass beispielsweise ein Fehltritt eines Politikers (Vorteilsnahme o.ä.) keinen Aufschrei mehr auslöst. Oder kann sich irgendjemand daran erinnern, dass Powells Eingeständnis zu den fehlenden Massenvernichtungswaffen im Irak als Begründung des illegalen Angriffkriegs einen solchen im Mainstream auslöste.
Ob dahinter ein Kalkül steckt, mag jeder für sich selbst entscheiden.
Quellen:
You Can Now Be Put in Jail For Taking A Screenshot With Your Phone
Google and Whatsapp will be forced to hand messages to MI
It is illegal to screenshot and share Snapchat snaps without consent, minister says
Criminal Justice and Courts Act 2015
Generation sex: explicit pics ‚the norm‘ for teens