Libyen: Über US-Spezialkräfte, die Zentralbank und den Daesh in diesem Failed StateLesezeit: 5 Minuten
2011 wurde aus Libyen ein Failed State als die NATO das Land in die Steinzeit zurückbombte. Ziel dabei war der Sturz des damaligen Machthabers Gaddafi, der in den Augen von Obama, Cameron und Sarkozy „aus der Regierung entfernt“ werden musste. Am Ende wurde Gaddafi ermordert und die NATO hatte eine Gruppe von Terroristen ausgebildet, finanziert und ausgestattet, die sie als Proxyarmee nach Syrien schicken konnte.
Zwischenzeitlich sind aber 6.500 dieser Daesh-Kämpfer aus Syrien nach Libyen zurückgekehrt. Der Westen nutzt zugleich diese „Rückkehr“, um erneut militärisch in Libyen einzugreifen, in dem man Soldaten ins Land schickt. Um präzise zu sein: Eigentlich sind diese Truppen bereits seit einem halben Jahr in Libyen, aber die US-Regierung räumt erst jetzt deren Präsenz in Libyen ein.
Bereits seit Ende des letzten Jahres wurde eine US-Spezialeinheit in Libyen stationiert, um „die verschiedenen Gruppierungen zu durchleuchten und die potentiellen Empfänger einer zukünftigen amerikanischen Unterstützung zu identifizieren (sort through the various factions and identify the potential recipients of American support in the future)“. Mit anderen Worten: die gleiche US-Regierung, die wissentlich von Anfang an die Terroristen unterstützt hat, ist wieder vor Ort, um zu prüfen, welchen Gruppen man in deren Kampf gegen die gleichen Terroristen helfen kann.
Dabei sind die US-Spezialkräfte noch nicht einmal der schlimmste Teil, der sich entwickelnden Geschichte. Es ist auch nicht die „obligatorische Konferenz der regionalen Mächte“ in Wien, die wohl dazu führen wird, dass erneut Tausende an Soldaten das Land invadieren. Und es ist auch nicht die Tatsache, dass die UN ihr eigenes Waffemembargo brechen will, um Waffen nach Libyen zu schicken. So lange die Empfänger dieser Waffen versichern, dass diese Waffen nur im Kampf gegen den Daesh eingesetzt werden. Wobei sich unweigerlich die Frage stellt, wie eine solche „Vereinbarung“ kontrolliert und sichergestellt werden soll.
Der schlimmste Teil daran ist, dass es kein „Libyen“ mehr gibt, das man retten könnte. Seit der Ermordung von Gaddafi versinkt das Land im vollständigen Chaos. Die „Regierung“ in Tripolis ist nur dem Namen nach eine „Regierung“. Tatsächlich wird ihre Autorität nur in Tripolis und Umgebung anerkannt. Der Osten des Landes dagegen ist wie ein separater Teil zu bewerten. Diese bedeutende „Kleinigkeit“ kann man am Besten am Beispiel der Zentralbank Libyens aufzeigen.
Vielleicht erinnert sich der eine oder andere Leser daran, dass eines der ersten Dinge, die die von der NATO unterstützten Terroristen nach Beginn der Kämpfe taten, die Gründung einer eigenen Zentralbank in Benghazi war. Und vielleicht erinnern Sie sich auch an den Kampf um die „legitime“ Zentralbank und ihre 100 Milliarden US-Dollar Reserven, der in Post-Gadaffi-Libyen sogar soweit führte, das die „Zweigstelle der eigentlichen Zentralbank in Benghazi“ von „Rebellengruppen“ eingenommen wurde.
Der Kampf um die Legitimitätsfrage der Zentralbank hat sich zu einer wahren Farce entwickelt. So hat der Chef der Zentralbank keinen Zugang zu den Fonds/Mitteln und sogar zum Tresor der Bank. Kein Wunder also, dass die Zentralbank in Tripolis der „Zweigstelle in Benghazi“ nicht traut. Beispielsweise hat die „Zweigstelle“ einige Gruppen, die gegen die Regierung kämpfen, mit Geld versorgt. Wie irrsinnig die Situation in Tripolis ist, zeigt auch die Geschichte um den oben erwähnten Tresor der Zentralbank. Dieser soll laut Aussage der Zentralbank mit Gold und Silber im Wert von 187 Millionen US-Dollar gefühlt sein. Edelmetalle, die die Zentralbank dringend benötigt. Aber jetzt kommt’s: Der Tresor ist durch eine fünfstellige Code-Kombination geschützt und die Regierung in Tripolis ist nicht Willens diesen Code dem Chef der Zentralbank auszuhändigen. Und daher hat die Zentralbank die Sache in die eigenen Hände genommen und (Achtung!) ein Paar Panzerschrankknacker angeheuert, um in ihren eigenen Tresor zu gelangen.
Diese Farce zeigt in politischer Hinsicht in welchem Zustand sich das Land befindet. Jeder Vorwand Libyen als zusammenhängenden Staat darzustellen, wurde mit der Zerschlagung der Regierung weggebombt, die 2011 die Regierungsgewalt Inne hatte. Libyen wird wohl als Staat, als Einheit, als Land nie wieder existieren, so wie es vor 2011 existierte. Es ist nur noch der Name eines fragilen Gebildes verschiedener Regionen geblieben. Einmal mehr die erfolgreiche Umsetzung der Balkanisierungsstrategie der USA.
Sollte Libyen als echter Staat wider Erwarten doch „überleben“ und die Menschen wieder einen Weg finden gemeinsam dort zu leben, dann wird das nichts mit den US-Spezialtruppen, den jetzt in der Regierung sitzenden Politikern, der Wiener Konferenz oder irgendeiner Vereinbarung zur Beendigung des Waffenembargos zu tun haben. Wenn dann muss dieser Anstoss von Innen ohne Einfluss von Außen kommen. Denn die Machenschaften des westlichen Auslands haben das eigentliche Problem verursacht. Und dort hat man kein Interesse an ein wiedererstarktes Libyen.
Quellen:
US Special Forces In Libya To Fight the ISIS Problem They Created
Libyan Rebels Listed by US State Department as Terrorists
Libya rebels move onto Syrian battlefield
ISIS fighters in Libya surge as group suffers setbacks in Syria, Iraq
U.S. establishes Libyan outposts with eye toward offensive against Islamic State
To weaken ISIS, U.S. deploys small number of special ops in Libya
Vienna hosts international meeting on ‚Islamic State‘ threat in Libya
With U.S. Troops Already in Libya, U.S. Now Supports Arming the Fledgling Government
The Assassination of Gaddafi – GRTV Backgrounder
“Libyan Rebels” Create Central Bank, Oil Company
Wider Chaos Threatens as Fighters Seize Branch of Libya’s Central Bank
Libya’s Central Bank Needs Money Stashed in a Safe; Problem Is, Officials Don’t Have the Code
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