Unser Wirtschaftssystem ist in den letzten Jahren zu einem gigantischen, gesetzlosen, menschenverachtenden Konstrukt geworden. Sicherlich waren die Jahre davor auch nicht von „Güte und Mitgefühl“ geprägt, aber insbesondere die letzten 10 Jahre haben aufgezeigt, dass sich dieses System in seiner jetzigen Form gerade selbst verspeist und alles mit sich reisst, was es zum eigentlichen Überleben benötigt.
In einem Wirtschaftssystem in dem durch Insidergeschäfte keinerlei Wert für die Gesellschaft generiert wird, in dem Großkonzerne wie Parasiten die Staaten und Menschen ausbluten lassen, nehmen die Denkfabriken (DF) aka Think Tanks eine ganz besondere Rolle bei der Planung dieser Ausbeutung ein. DF, die sich aus Steuergeldern bedienen und doch nichts anderes als Erfüllungsgehilfen der Großkonzerne und Lobbyisten sind, um die Bevölkerungen nach den Vorstellungen derselben auszupressen.
DF bezeichnen sich oft selbst als „Universitäten ohne Studenten“, die eine unheimliche Macht in Fragen der politischen Entscheidungsfindung haben, da die „Beratenen“ ihnen quasi Allwissenheit zugestehen, sie als unabhängige Forscher ohne finanzielle Interessen betrachten. Doch jeder klar denkende Mensch weiß, dass das genaue Gegenteil der Fall ist. Dass diese DF Agendas durchdrücken, die wichtig für ihre Geldgeber sind – auf Kosten der Menschen und im wahrsten Sinne des Wortes der Steuerzahler. Und damit verschwimmen die Grenzen zwischen Forschung und Lobbyismus ohne dass sich die Öffentlichkeit der Verbindungen zwischen DF und Unternehmensinteressen gewahr wird.
Nehmen wir das Beispiel des Brooking Instituts. 1.000te interne Memos und Schreiben zwischen Brookings und seinen „Spendern“ (wie JP Morgan, KKR, Microsoft oder Hitachi) zeigen, dass Brookings den Geldgebern „donation benefits (Spendenvorteile)“ zusichert – inklusive direkten Kontakten mit Regierungsoffiziellen wie jetzt aus Dokumenten, die der New York Times und dem New England Center for Investigative Reporting zugespelt wurden, ersichtlich wird.
Hier geht es um riesige Konzerne, die herausgefunden haben, dass durch das Spenden von, hey, ein paar Dutzend Millionen Dollar, sie Milliarden von Dollar machen können, wenn sie die Ergebnisse hier in Washington beeinflussen können. – Senatorin Elizabeth Warren
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(This is about giant corporations who figured out that by spending, hey, a few tens of millions of dollars, if they can influence outcomes here in Washington, they can make billions of dollars. – Senator Elizabeth Warren)
Überall in den „Zentren der Macht“ nehmen die DF in ihrer Anzahl zu. Immer mehr kleine Institute mit eng abgesteckten Interessen, die spezielle Industriebranchen vertreten, entstehen, während gleichzeitig die „großen Spieler“ in ihrer Größe und Bedeutung extrem zunehmen. So hat sich das Jahresbudget von Brookings im letzten Jahrzehnt auf 100 Millionen US-Dollar verdoppelt. Das American Enterprise Institute gibt gerade 80 Millionen US-Dollar für ein neues Stammgebäude in Washington aus; ganz in der Nähe des Centers for Strategic and International Studies (C.S.I.S.), das sich sein Gebäude schlappe 100 Millionen US-Dollar hat kosten lassen.
Geld, das gerne als Gegenleistung für „Interessenabgleich und -berücksichtigung“ von den „Spendern“ an die Institute geflossen sein dürfte. Dokumente zeigen, dass Studien den Geldgebern vorgelegt wurden, die dann „letzte Hand an den finalen Ergebnissen „ legen durften. Eine neue Form des Lobbyismus. Es ist daher kein Wunder, dass beispielsweise durch die 15,5 Millionen US-Dollar, die Brookings von JP Morgan erhalten hat und was der größten bislang erhaltenen Einzelspende des Instituts entspricht, die Interessen des Geldgebers in den Studien, Forschungen und Empfehlungen des Instituts Berücksichtigung finden.
Neben dieser „Interessenberücksichtigung“ können die Geldgeber in den meisten Ländern diese Ausgabe auch noch steuerlich absetzen, so dass dem Bürger zweimal Schaden zugefügt wird:
Die Leute betrachten Denkfabriken als Weltverbesserer, sich selbst treu geblieben und nicht wie andere von der politischen Klasse gekauft. Aber es ist absurd zu behaupten, dass die Geber keinen Einfluss haben. Die Gefahr ist, dass wir in der Denkfabrik-Welt auf die gleiche Weise wie die politische Welt korrumpiert werden. Und wir alle sollten darüber besorgt sein. – Bill Goodfellow, Geschäftsführer des Center for International Policy
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(People think of think tanks as do-gooders, uncompromised and not bought like others in the political class. But it’s absurd to suggest that donors don’t have influence. The danger is we in the think tank world are being corrupted in the same way as the political world. And all of us should be worried about it. – Executive director of the Center for International Policy)
DF sind Schlüsselspieler in unserem heutigen System, die leicht in diesem „Informationskrieg übersehen“ werden. Ein Informationskrieg, der speziell dafür entwickelt wurde, um die öffentliche Wahrnehmung zugunsten von Maßnahmen zu formen, die gegen die Interessen der Menschen gerichtet sind und nur eine Handvoll Menschen extrem reich machen.
Wir glauben fest an unser Modell der Lösungssuche für einige der in unserem Land schwierigsten Probleme. Wir vereinen Interessenvertreter, untersuchen Ideen, finden Bereiche der Übereinstimmung und stellen Bereiche der Uneinigkeit heraus. – John J. Hamre, der Chief Executive bei C.S.I.S.
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(We strongly believe in our model of seeking solutions to some of our country’s most difficult problems. We gather stakeholders, vet ideas, find areas of agreement and highlight areas of disagreement. – John J. Hamre, the chief executive at C.S.I.S.)
Wobei Interessensvertreter aka Stakeholder mit Geldgebern aus der Industrie zu übersetzen ist. Denn wenn solche DF im Interesse der Menschen und der Staaten agieren und arbeiten würden, warum nimmt die Ungleichheit weltweit zu und warum wird die Mittelschicht regelrecht aufgerieben?
Kein Wunder also, dass DF Ergebnisse von Studien und Empfehlungen so „anpassen“, dass sie in die Interessenslage ihrer Geldgeber passen.
Beispiele gefällig?
Die Investmentfirma KKR spendete dem Brookings Institute 450.000 US-Dollar nachdem es im Jahr 2010 einen Spezialfonds aufgelegt hatte, der in Immobilien und Infrastrukturprojekte investierte. Kurz nachdem Brookings zustimmte, Treffen zwischen Entscheidern von KKR und wichtigen Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Dienst der Städte Philadelphia und Detroit zu organisieren, wo man Immobilienprojekte gemeinsam besprach. Zudem schrieb Brookings einen Extra-Bericht, der auf der KKR-Website veröffentlich wurde, der eines der Infrastrukturprojekte von KKR in New Jersey anpries – auf Vorschlag von KKR.
Ein weiterer Geldgeber, das Unternehmen Lennar, trat im Juli 2010 dem Brookings Metropolitan Leadership Council bei, dem Programm für Großspender. Zufälligerweise gewann das Unternehmen im gleichen Monat die Ausschreibung für die Sanierung des Hunters Point in San Francisco. Einem Projekt auf 2.832.900 m2 Land aus Häusern, Schulen und Unternehmen. Später bezeichnete Brookings das Projekt als eine der drei Investitionen in den USA, die das Land am meisten verändert haben.
Im Nachgang veröffentlichte Memos zeigten, dass Brookings 2014 weitere 50.000 US-Dollar von Lennar erhalten hatte und dass Brookings bereit sei „unseren Einfluss, unsere Forschungskompetenz, unsere Netzwerkverbindungen und unser Wissen über innovative Praktiken einzusetzen, um die ultimative Wirkung und Erfolg für das Projekt zu generieren“.
Hitachi hat laut Dokumenten von Brookings allein im letzten Jahrzehnt dem Brookings Institute 1,8 Millionen US-Dollar zukommen lassen. Als Gegenleistung hat das Institut das Unternehmensmarketing und die Verkaufsstrategien des Unternehmens, die die USA betreffen, untersucht. Brookings organisierte zudem öffentliche Treffen zwischen wichtigen Offiziellen der Obama-Administration und Hitachi-Führungskräften, die dort ihre „Produkte“ vorstellen konnten.
Als JP Morgan 2011 eine Großspende tätigte, schuf Brookings die Global Cities Initiative. Dieses Projekt setzte auf die gemeinsamen Interessen der Bank und der DF auf. So wollte Brookings das Wirtschaftswachstum in den Städten durch die Förderung des internationalen Handels unterstützen, während JP Morgan neues Geschäft generieren wollte, in dem man den Unternehmen in diesen Städten neue Kredite verlieh.
Es ging um Wirtschaftswachstum, und wir sind unglaublich stolz auf die Ergebnisse dieser Initiative. Wir glauben, es hatte einen großen Einfluss in den mehr als 30 Städten, die beteiligt sind. – Peter Scher, Leiter des Corporate Responsibility-Programm bei JP Morgan
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(This was about growing the economy, and we are incredibly proud of the results of this initiative. We believe it’s had a huge impact in more than 30 cities that are involved. – Peter Scher, head of the corporate responsibility program at JP Morgan)
Wie Berichte an JP Morgan, interne Memos von Brookings-Mitarbeitern zur Vorbereitung der Treffen mit den Top-Bankern von JP Morgan und formelle Dokumente zeigen, betrachtete Brookings die Global Cities Initiative als Imagekampagne, die JP Morgan helfen könnte seine Stellung in diesen Städten zu stärken.
Fazit: Eine wachsende Wirtschaft in den Städten ist gut für die Nation und für JPMC; zudem sind viele US-Städte JPMC-Kunden – Motivation genug sie und ihre Kunden zu unterstützen. – aus einem Brookings-Dokument vom Juli 2011, als Offizielle der DF sich mit Top-Bankmanagern trafen, um eine geplante Spende zu diskutieren, die sich schließlich auf 15 Millionen US-Dollar belief.
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(Bottom line: Growing metro economies is good for the nation and for JPMC; also, many U.S. cities are JPMC clients — motivation to support them and their clients. – a Brookings document dated July 2011, as officials from the think tank met with top bank executives to discuss a planned donation that eventually totaled $15 million.)
Die Global Cities Initiative sei – so Brookings – wie eine „Ehe zwischen Unternehmensinteressen von JP Morgan und der fortgeführten Denkführerschaft des Brookings Institute„.
Mögen die oben aufgeführten Beispiele inakzeptabel sein und widerlich, so ist das Nachfolgende weit schlimmer. Es zeigt wie Korruption und Vetternwirtschaft in den Denkfabriken direkt zu Krieg und Tod führen kann:
General Atomics, der kalifornische Hersteller von Predator-Drohnen, hatte ein eindeutiges Problem. Die Aussichten für Verkäufe fielen als die Kriege in Afghanistan und im Irak zu Ende gingen. Das Unternehmen wollte, dass die Obama-Regierung ihre Politik ändert, um den Vertrieb in anderen Länder zu erlauben – eine lukratives Vorhaben.
„Wenn die Budgets in den USA nach unten gehen, würden Sie gerne in der Lage sein mehr zu exportieren“, sagte Frank Pace, der Präsident des Flugzeugsystembereichs des Unternehmens gegenüber einem Reuters-Reporter Ende 2013 bei einer Flugschau in Dubai.
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(General Atomics, the California-based manufacturer of Predator drones, had a clear problem. Prospects for sales were falling as the wars in Afghanistan and Iraq wound down. The company wanted the Obama administration to change its policy to allow for sales to other countries, a lucrative proposition.„When the budgets are going down in the U.S., you would like to be able to export more,“ Frank Pace, the president of the company’s aircraft systems group, told a Reuters reporter in late 2013 at an air show in Dubai.)
Zur selben Zeit wandte sich die Rüstungsindustrie Hilfe suchend an das Center for Strategic and International Studies, in dem es der DF Geld zur Verfügung stellte, damit dieses eine Studie über die Drohnenpolitik erstellt – inklusive einer Betrachtung des Export der Drohnen.
Daraufhin beraumte das C.S.I.S. geheime Treffen in seinem Stammsitz mit Vertretern der Rüstungsindustrie und Offiziellen der Navy, Air Force, Marine, Küstenwache und Mitarbeitern aus dem US-Außen- und US-Kriegsministerium an. Das Ziel dieser Treffen dürfte eindeutig gewesen sein: mehr Drohnen für das Militär, leichterer Export der Drohnen und mehr Geld für die weitere Entwicklung.
Für General Atomics als Initiator war das Ergebnis ein voller Erfolg. Denn im Februar 2015 – fast ein Jahr nach den Treffen und dem dazugehörigen Bericht des Instituts – kündigte das Außenministerium eine Klarstellung und Lockerung seiner Export-Regeln an, so dass General Atomics seinen bereits lang verfolgten Plan unbemannte Predator-Drohnen in die Vereinigten Arabischen Emirate zu liefern endlich realisieren konnte. Der Bericht des C.S.I.S. war dabei eine wichtige Stimme, die diese Lockerung befürwortete:
Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, dass, während die Regierungsbeamten an der Überprüfung beteiligt waren, sie Meinungen von Denkfabriken und Offiziellen aus der Industrie erhalten haben, „[aber] am Ende des Tages ist das eine abgewogene US-Regierungspolitik“.
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(A State Department spokesman said that while the government officials involved in the review had received opinions from think tanks and industry officials, „at the end of the day, this is a considered U.S. government policy.“)
Wir sehen, dass Denkfabriken mehr Einfluss und Macht haben als den meisten Menschen bewusst ist. Nicht nur die klassischen Lobbyisten sind eine Gefahr für die Allgemeinheit, nein auch die in der Hochleistungspresse als neutral bewerteten Denkfabriken agieren im Sinne ihrer Geld- und Auftraggeber. Und sieht man sich beispielsweise die Personen an, die als Berater oder Experten in solchen DF sitzen, erübrigt sich letztlich jeder weiterer Kommentar:
Quellen:
The Dirty Business Of U.S. ‘Think Tanks’
How Think Tanks Amplify Corporate America’s Influence
Reality Check With ‘Jamie D’ from JPMorgan Chase
Writing a Corporate Public Relations Piece for a Donor
Contract Brookings Signed With Microsoft
Helping a Japanese Giant Push Its Agenda
New England Center for Investigative Reporting
Think Tank Plays Down Role of Donors
American Enterprise Institute announces $20 million gift from Daniel A. D’Aniello in support of free enterprise
CSIS to Break Ground for New Headquarters at 1616 Rhode Island Ave
Bill Goodfellow – Center for International Policy
John J. Hamre – CSIS President and CEO
KKR Real Estate
Seeking More Money, After Meetings With Officials in Philadelphia and Detroit
Writing a Corporate Public Relations Piece for a Donor
Lennar and Brookings: Jointly Promoting Urban Development, and a San Francisco Project
Praising a Donor’s ‘Transformative Investment’
‘Scope of Engagement with Lennar’
Eco-Engineering: Addressing Water Challenges
Global Cities Initiative: A Joint Project of Brookings and JPMorgan Chase
‘A Marriage Between JPMC Corporate Interests’ and ‘Brookings Continued Thought Leadership’
Deal ‘Deepens/Extends Relationship With Important Client Base’
Drone maker General Atomics may face layoffs: executive
Planning a Drone Study, With Help From General Atomics
Closed-Door Working Group: The Agenda and Participants
Sustaining the U.S. Lead in DoD Unmanned Systems
General Atomics Drone Sale to U.A.E. Poised for U.S. Approval