USA: Der nach 9/11 erklärte Ausnahmezustand geht in sein 15. JahrLesezeit: 7 Minuten
Vor bald 15 Jahren begann der vom militärisch-industriellen Komplex gewollte „Kampf gegen den Terror“. Was damals als direkte Folge auf die Anschläge von 9/11 begann, führte letztlich zu einem weltweiten Schlachtfeld und zur Opferung zahlreicher Verfassungs- und Bürgerrechte – und das nicht nur in den USA.
Bereits am 14. September 2001 erklärte das politische Establishment in Washington den Ausnahmeszustand. Zusammen mit der Authorization for Use of Military Force (AUMF, Autorisation zum Gebrauch militärischer Kräfte) wurden in Washington damit diktatorische Machtverhältnisse geschaffen, die es unter anderem erlaubten den Irak illegal zu invadieren und zu besetzen. Ein Land, das nichts mit dem 11. September 2001 zu tun hatte. Die Genfer Konvention ist seitdem für die USA nicht mehr gültig und daher bezeichnet Washington ausländische Kämpfer folgerichtig inzwischen als „enemy combatants“, die man foltern und auf unbestimmte Zeit inhaftieren kann.
Die neuen Machtbefugnisse erlaubten es Washington aber auch einen Überwachungs- und Kontrollstaat aufzubauen, der die Bestrebungen der STASI alles über seine Bürger zu wissen, weit in den Schaden stellt. Zumal die USA dies auf einer weltweiten Skala durchführen. Milliarden an US-Dollar wurden in verschiedene Programme und Geheimdienste gesteckt, so das beispielsweise dem FBI das Recht eingeräumt wurde gegen jeden US-Bürger auch in unbegründeten Fällen vorgehen zu können (vgl. hierzu National Security Letters) und der NSA jedwede Kommunikation weltweit abzugreifen.
Die Behauptung der Politiker, dass diese Rechte nur von temporären Charakter seien (zumindestens nur so lange bis die „terroristische Gefahr“ gebannt ist), entpuppte sich alsbald als Lippenbekenntnis. Jedem halbwegs kritischen Zeitgenossen war bald klar, dass eine Regierung eine solche Macht nie wieder aus den Händen geben wird sobald sie diese einmal erlangt hat. Der angebliche „Krieg gegen den Terror“ und die damit einhergehende Demontage der Menschenrechte ist heute nur ein weiterer Fakt des Lebens.
Wie von vielen Mahnern und Kritikern vorausgesagt, stürzte die Invasion des Iraks, das Land ins absolute Chaos und machte es zu einer Brutstätte des Terrorismus. Genauso wie die Tausenden an Toten durch die illegalen und völkerrechtswidrigen Drohnenangriffe der USA in Pakistan,. Yemen, usw., wo sich die USA die nächsten Generationen an Terroristen selbst züchten.
Nachdem Washington ihren Regime Change im Irak unter dem Feigenblatt eines „Präventivkriegs“ erreicht hatte (übrigens ganz auf Linie zu den Zielen des Project for the New American Project), richtete sich die „Aufmerksamkeit“ des Westens gen Syrien, wo der militärisch-industrielle Komplex bzw. der US-Hegemon den nächsten demokratisch gewählten Präsidenten stürzen wollte.
Um dieses Ziel zu erreichen, liessen die USA das Entstehen und den Aufstieg einer salafistischen Sekte in Syrien zu, die sich später unter dem Namen Daesh oder IS aufmachte, Syrien (und später die ganze Welt) zu terrorisieren. Die Folgen waren weitere Einschränkungen der Bürgerrechte und eine Ausweitung der Überwachung.
Vor einigen Tagen hat nun Kriegsnobelpreisträger Obama den Ausnahmezustand aufgrund der immer noch vorhandenen Gefahr von Terrorattacken um ein weiteres Jahr verlängert und damit die Bürgerrechte der US-Bürger (und letztlich damit auch die Rechte der Menschen weltweit) „einkassiert“. Die Begründung dazu:
..die Terrorattacken am 11. Septemebr 2001 und die weiterhin vorhandene und unmittelbare Gefahr weiterer Anschläge auf die Vereinigten Staaten.
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(…the terrorist attacks of September 11, 2001, and the continuing and immediate threat of further attacks on the United States.)
Das selbst geschaffene „Terrorgespenst“ als erneute Begründung die dikatorischen Machtbefugnisse zu verlängern.
Um zu verdeutlichen, dass eine Regierung eine einmal erhaltene und gewonne Machtbefugnis nicht mehr aus den Händen gibt und immer nach neuen „Bösewichtern“ Ausschau hält, sollten wir einen Blick auf eine kürzlich stattgefundene Pressekonferenz des US-Kriegsministeriums werfen.
So sagte am 16. August ein Pressesprecher:
Wir sind nicht auf die ehemalige al-Nusra [al-Qaida in Syrien] fokusiert. Wir sind auf den Daesh [IS] fokusiert. Und diejenigen bekämpfen wir und [das ist auch der Grund] warum wir nach ihnen suchen und sie angreifen.
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(We’re not focused on the former al-Nusra Front [al-Qaeda in Syria]. We’re focused on Daesh [ISIS]. And that’s what we’re fighting and that’s where therefore we look and where we target.)
Letztlich bedeutet diese Aussage, dass al-Qaida und andere für den Anschlag am 11. September verantwortlich gemachte Gruppen, die ja wiederum der Grund für den Ausnahmezustand sind, nicht mehr länger im Fokus des „Kriegs gegen den Terror“ stehen. Jetzt fokusiert man sich auf den Daesh – auch wenn sie nichts mit dem 11. September zu tun haben – und begründet mit ihnen die Beibehaltung der diktatorischen Machtbefugnisse:
Der Kongress hat nichts anderes autorisiert als dass al-Qaida der Feind im Kampf gegen den Terror ist. Konsequenterweise bricht Präsident Obama jetzt das Gesetz, wenn er al-Qaida nicht mehr länger angreift, und er ignoriert zudem das Gesetz, wenn er den Daesh (was er bereits seit längerem tut) angreift ohne eine neue Genehmigung für sein Tun vom Kongress einzufordern – eine Genehmigung, die sowohl Demokraten als auch Republikaner im Kongress natürlich sofort einräumen würden…
Der Resolution des Kongress, die am 14. September 2001 den US-Präsident autorisierte Krieg als Antwort auf 9/11 zu erklären, besagt, dass der Präsident „berechtigt ist alle notwendigen und angemessenen Kräfte gegen diese Nationen, Organisationen, oder Personen einzusetzen, von denen er annimt, dass sie die Terrorattacken, die am 11. September 2001 stattfanden, planten, genehmigten, begingen oder Hilfe leisteten“. Das wurde anschließend als Bezug auf al-Qaida interpretiert. Bush invadierte den Irak am 19. März 2003 unter der Begründung, dass der Irak al-Qaida unterstützt habe.
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(Congress never authorized anything but al-Qaeda to be the enemy in the war against terrorism. Consequently, President Obama is now violating the law by his no longer targeting al-Qaeda at all, and he is also ignoring the law by his targeting ISIS (as he has long been doing) without requesting a new authorization from Congress to do so – an authorization that both Democrats and Republicans in Congress would be virtually certain to grant immediately…The Congressional resolution that on 14 September 2001 authorized the US President to make war in response to 9/11, declared the President „authorized to use all necessary and appropriate force against those nations, organizations, or persons he determines planned, authorized, committed, or aided the terrorist attacks that occurred on September 11, 2001.“ That was subsequently interpreted to refer to al-Qaeda. Bush invaded Iraq on 19 March 2003 by declaring that Iraq supported al-Qaeda.)
Während George W. Bush wenigstens noch den Versuch machte eine Verbindung zwischen 9/11 und dem Irak (die es natürlich aber nicht gab) herzustellen, gibt Obama nicht einmal mehr vor, dass al-Qaida noch eine Rolle spielt, um die Machtbefugnisse beibehalten zu können, die ihm bzw. dem US-Präsidenten seit 9/11 zugestanden werden.
Es ist wohl kein Zufall, dass der Daesh jetzt das einzige Ziel des US-Militärs ist. Ein Terrorgruppe, die unter anderem das eigene Ziel verfolgt, das saudische Regime in Riad zu stürzen. Parallel dazu unterstützen die USA und der Westen weiterhin „moderate Rebellen“ in Syrien, die „im Normalfall“ als Terrorgruppen eingestuft werden würden. Aber da sie das gleiche „Ziel“ verfolgen – nämlich den Sturz Assads – werden al-Nusra und Co. „umdefiniert“. Die „glaubhafte Abstreitbarkeit“ wird dabei leicht erzielt, wenn man als USA diese Proxies durch Länder wie Saudi-Arabien und Türkei finanziert und trainiert.
Obwohl wir heute wissen, dass der Aufstieg des Daesh von Washington „erlaubt“ wurde, um den Sturz der syrischen Regierung zu erreichen und um den russischen Einfluss in der Region zurückzudrängen, wird uns weiterhin die Räuberpistole des „Kampf gegen den Terror“ aufgetischt. Und ganz vorne dabei: unsere Hochleistungspresse.
Der „Kampf gegen der Terror“ ist ein Vehikel dessen Nutzen für die Eliten und für den militärisch-industriellen Komplex nicht einmal im Ansatz erahnt werden kann. Ein Vehikel, dass uns dorthin gebracht hat, wo wir uns heute als Welt befinden. Kurz vor dem Abgrund…
Quellen:
Obama Extends 9/11 “Emergency” War on Terror Powers as US Says Al Qaeda No Longer Target
Proclamation 7463 of September 14, 2001
National Security Letters
In Just Under 4 Minutes, CBS News Anchor Explains How and Why the US Created ISIS
President Obama just extended the “state of emergency” that’s existed for 15 years
US Government Says It’s No Longer Against al-Qaeda
U.S. Support for Al Qaeda-Linked Rebels Undermines Syrian Ceasefire
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