Bargeldabschaffung: Ein Blick auf die Blaupause IndienLesezeit: 8 Minuten
Bereits gestern bin ich im Artikel Indien: Bargeldabschaffung und die biometrische Erfassung aller Einwohner auf die Situation in Indien eingegangen, dass dort seitens der Regierung die 500er und 1.000er Rupien-Scheine eingezogen werden.
Da es für mich den Eindruck macht, dass Indien als Blaupause dienen soll, möchte ich heute tiefergehend auf dieses Thema eingehen und versuchen dem Leser weitere Infos an die Hand zu geben, da in unserer Hochleistungspresse das Ganze nur am Rande erwähnt wird und wurde:
Regierungen haben die Macht Dinge heute zu beschließen, sie morgen zu ändern und sie übermorgen wieder einzukassieren. Regierungen haben die Macht den Bürgern etwas zu geben (z.B. Sozialleistungen), es morgen zu reduzieren und es übermorgen wieder abzuschaffen. Und Geld fällt genau in diese Kategorie. Denn auch Geld ist nicht unser Eigentum wie uns Indien gerade zeigt und es beweist einmal mehr, dass unser Geldsystem allein auf Vertrauen basiert, da Geld nichts anderes wie bunte Papierschnipsel sind:
Würde ein solcher politischer Offenbarungseid in Europa zu Panik und Chaos führen, machte es die indische Regierung durch die Art und Weise wie sie es bekannt gab und umzusetzen gedenke noch weitaus schlimmer. Die indische Regierung erließ einen ganzen Strauß an Maßnahmen, der die Menschen in den Angst- und Panikmodus eintauchen ließ. Die Liste der Regelungen, Vorschriften, Bestimmungen, Betragsgrenzen und Fristen, die bei der Umstellung auf die neugedruckten 500er und 2.000er-Rupien-Scheine zu beachten sind, ist schier undurchschaubar. Es geht sogar soweit, dass den Menschen der Zeigefinger mit nichtentfernbarer Tinte eingefärbt wurde, um zu verhindern, dass professionelle Geldwechsler die Warteschlangen an den Schaltern verstopfen. Man muss dabei wissen, dass 86% des Bargeldes in Indien aus diesen alten 500er und 1.000er-Rupien-Scheinen besteht, die von jetzt auf gleich ihren Status als legales Zahlungsmittel verloren hatten.
Gewalt, Chaos und Wut waren die logische Folge, die die Menschen in den schier endlosen Schlangen erwarteten. Und die schnell zusammengezimmerten staatlichen Anpassungen zu den oben erwähnten Regelungen, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen, verbesserten die Lage kaum. Die indische Regierung hatte eigentlich die Umstellung erst für Ende des Jahres terminiert und dementsprechend ab August die neuen Geldscheine drucken lassen, so dass bis zum Neujahrstag genug Zeit gewesen wäre, um genügend Geldscheine „an der Hand zu haben“. Jetzt, da die Regierung den Termin um fast zwei Monate noch vorne gezogen hat (warum eigentlich?), kommen die Druckereien mit dem Bedarf an neuen Scheinen nicht mehr nach, so dass ein Großteil der Panik auch dem geschuldet sein dürfte.
Man kann also durchaus sagen, dass die staatlich angeordnete „Demonetarisierung der Rupie“ ein vollständiges Fiasko ist und zu Gewalt, Panik und Chaos geführt hat und die Geschäftsleute, die auf einen steten Strom von Bargeldeinnahmen angewiesen sind, mit Kopfschütteln und Wut zurücklässt. Die um sich greifenden Proteste der Menschen sind daher mehr als nachvollziehbar und genauso wie die Inder stellt man sich unweigerlich die Frage nach dem „Warum?“.
Ich schrieb bereits gestern, dass das eigentliche Ziel die Bargeldabschaffung ist und das zweite, eher nicht so offensichtliche, der Kampf gegen die kleinen, freien Märkte (aka die Gegenwirtschaft), die nicht von den großen Multis kontrolliert werden können, auf denen Hinz und Kunz in einer Privatwirtschaftsform Dinge und Güter in Bar verkaufen oder tauschen können:
Wirtschaft ist das Reich der weißen Märkte: der legale, lizenzierte, sanktionierte, besteuerte und regulierte Austausch in der von oben angedachten Wirtschaft[sform]. Gegenwirtschaft ist alles andere: Schwarzmarkt und graue Marktaktivitäten, die entweder durch den Staat geächtet oder nicht genehmigt oder zugelassen sind.
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(Economics is the realm of white markets: legal, licensed, sanctioned, taxed and regulated exchanges in the above ground economy. Counter-economics is everything else: black market and grey market activity either specifically outlawed by the state or not licensed or approved by it.)
Die indische Regierung bezeichnet das Geld aus dieser Gegenwirtschaft als „Schwarzgeld“. Die Regierung hat keinen Überblick darüber, es landet nicht auf irgendwelchen Bankkonten und es kann nicht besteuert werden. Ein Alptraum für die Unterstützer des Schuldgeldsystems. Die indische Regierung weiß nicht, wie viel „Schwarzgeld“ unterwegs ist, sie nimmt aber an, dass es einer Größenordnung von etwa 20% der gesamten indischen Wirtschaft entspricht. 20%, die die indische Regierung (und natürlich die wenigen, weltweiten Profiteure des Schuldgeldsystems) wieder ins Bankensystem einschleusen und unter Kontrolle bringen will. Schließlich winken damit auch ein paar Milliarden an neuen Steuereinnahmen.
Einer dieser Profiteure und Unterstützer des Schuldgeldsystems dürfte Bill Gates sein, der (ganz zufällig?) kurz nach der Bekanntgabe Modis in Indien weilte und dort Folgendes sagte:
Der mutige Schritt der Demonetarisierung hoher Geldstückelungen […] ist ein wichtiger Schritt, um von einer Schattenwirtschaft zu einer noch transparenteren Wirtschaft zu gelangen.
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(The bold move to demonetize high value denominations […] is an important step to move away from a shadow economy to an even more transparent economy.)
Der Multi-Milliardär sieht dies als eine Chance für Indien an, dass die weltgrößte Demokratie die „finanztechnische Revolution“ anführen und Weltführer beim sogenannten „Micromanaging der bürgerlichen Besteuerung“ werden kann.
Gates weiter:
Alle Stücke kommen zusammen. Ich denke, in den nächsten Jahren wird Indien die am stärksten digitalisierte Wirtschaft sein, nicht nur was die Größe anbelangt, sondern auch nach dem Prozentsatz.
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(All of the pieces are coming together. I think in the next several years India will become the most digitized economy, not just by size but by percentage as well.)
Das Endziel dürfte klar sein: die bargeldlose und vollständig kontrollierte Wirtschaft. Indien ist der Testballon, die Blaupause für den eigentlichen „Demonetarisierungsprozess“. Dadurch kann die Gegenwirtschaft trockengelegt werden, die Steuerbasis erweitert werden, der jenseits des Bankensystems und damit unkontrollierte Geldfluss kann im Schuldgeldsystem integriert werden und es zwingt eine gold- und bargeldaffine Gesellschaft dazu, dem dann ausgegebenen digitalen Geld zu vertrauen.
Stellt sich nur die Frage, ob die indische Regierung damit erfolgreich sein wird, ihre (besser die der Schuldgeldprofiteure) Form des digitalen Geldes zu implementieren. Bekanntlicherweise finden „Märkte“ dann einen anderen, noch nicht vorhanden Weg als Ventillösung und auch die indische Gesellschaft wendet sich einer anderen, freien Form zu. Wie etwa Bitcoin. Bereits kurz nach der Fernsehansprache Modis begann die Nachfrage nach Bitcoins in Indien massiv anzusteigen. So auch die entsprechenden Suchen im Internet zu diesem Thema oder die Downloadzahl der Smartphone-App Zebpay bei der man in Bitcoins bezahlen kann. Bitcoins stiegen von 20 US-Dollar im September in Indien auf aktuell bis zu 100 US-Dollar. Und Indien ist jetzt Nummer 2 bei der Zahl der Nutzer von Purse.io, einer technischen Möglichkeit, um bei Amazon verbilligte Produkte mittels Bitcoin zu bezahlen.
Zufall?
Wohl kaum, denn bereits das Beispiel Griechenland hat gezeigt, dass man aufgrund der Euro-Krise wieder lokale Wechsel- und Tauschsysteme, Genossenschaften oder andere innovative Projekte aufleben ließ oder neu startete. Auch in Venezuela haben die Menschen schnell den Wert einer schnellen, Peer-to-Peer, unbesteuerten und unregulierten Währung erkannt, die man zur Abwicklung der Geschäfte einsetzen kann.
Die indische Regierung dürfte wohl die nächste sein, die lernen muss, dass die Menschen sich neue Lösungswege suchen, wenn sie vom Staat gegängelt werden und es dann doppelt so schwer ist, den Korken wieder auf die Flasche zu bekommen. Es bleibt nur zu hoffen, dass wir, diejenigen die noch nicht mit solchen Dingen wie in Indien konfrontiert sind, dies alsbald erkennen und sich dementsprechend bereits heute positionieren. Oder bleibt das wieder nur einmal ein Wunschtraum?
Quellen:
The India Cash Crunch Explained
Watch: The Moment PM Modi Announced 500 and 1,000 Rupee Notes Are Illegal
New notes in ATMs soon, withdrawal limit raised: 10 updates on demonetisation
Banks start using indelible ink to check repeat money exchange
Rs 14 lakh crore, 22 billion notes junked: What it means for black money
Public Fight, Action & Reaction after ban 500 1000 rupees note at SBI Bank !!! Must Watch
Rush & Fight At Indian Bank || 500 rs 1000rs Note Ban Effect||
Girl Goes Topless To Exchange Her Money At ATM INDIA
The effects of #demonetisation can be seen everywhere and here’s a long long queue outside the Reserve Bank of India
India Offers Some Relief to Chaos It Created With Currency Ban
Printing of Rs 2,000 banknotes began in Aug-Sept in Mysuru
Printers expected a New Year launch for new notes, caught unawares
Printing of new notes underway
Investopedia – Demonetization
Narendra Modi’s honeymoon with India continues uninterrupted
India Goes Cashless
You’re Already a Criminal: An introduction to counter-economics
Gates’s advice for the world’s most cash-strapped nation
India’s rupee restrictions are boosting demand for bitcoin
India Becomes No.2 Bitcoin Amazon Buyer Amid Rupee Shake-Up
Real Solutions Arise Out of the Greek Crisis
Bitcoin in South America: Why Venezuela Has an Active Bitcoin Mining Community
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[…] Indien wurde dabei als Blaupause ausgewählt. Das, was dort am 9. November 2016 verkündet wurde, war nichts anderes als der Beginn der „Zwangsumstellungsmaßnahmen“. Die Hochleistungspresse und die politischen Vertreter sprechen dabei beschönigend von einem „ganzheitlichen ökonomischen Ansatz“ bei der Umsetzung dieser Vorstellungen, um die angeblich derzeit bestehenden Probleme für die Konsumenten und Verkäufer zu lösen, die in einer „bargeldbehafteten Gesellschaft Gang und Gäbe“ sind. Übersetzung: Man will uns weismachen, dass mit einer bargeldlosen, digitalen Welt angeblich bestehende Probleme eines Bargeldsystems gelöst werden können. Was grundsätzlich stimmt, wenn man die Probleme benennt, die das Schuldgeldsystem mit Bargeld für DIE Wall Street und DIE City of London (Bank Run, Hortung aufgrund Negativzinsen usw.) mit sich bringt. Netter Nebeneffekt: digitale Überwachung und Kontrolle aller. […]
[…] Indien wurde dabei als Blaupause ausgewählt. Das, was dort am 9. November 2016 verkündet wurde, war nichts anderes als der Beginn der „Zwangsumstellungsmaßnahmen“. Die Hochleistungspresse und die politischen Vertreter sprechen dabei beschönigend von einem „ganzheitlichen ökonomischen Ansatz“ bei der Umsetzung dieser Vorstellungen, um die angeblich derzeit bestehenden Probleme für die Konsumenten und Verkäufer zu lösen, die in einer „bargeldbehafteten Gesellschaft Gang und Gäbe“ sind. Übersetzung: Man will uns weismachen, dass mit einer bargeldlosen, digitalen Welt angeblich bestehende Probleme eines Bargeldsystems gelöst werden können. Was grundsätzlich stimmt, wenn man die Probleme benennt, die das Schuldgeldsystem mit Bargeld für DIE Wall Street und DIE City of London (Bank Run, Hortung aufgrund Negativzinsen usw.) mit sich bringt. Netter Nebeneffekt: digitale Überwachung und Kontrolle aller. […]