Wir sind es ja inzwischen gewohnt, dass bestimmte Dinge nicht an prominenter Stelle in der Hochleistungspresse zu finden ist (wenn überhaupt) und auch dass unsere Politiker gerne Dinge dann verabschieden, wenn die Massen durch irgendwelche Großereignisse (Fußball, Olympia usw.) abgelenkt sind. Zwar findet derzeit keine Weltmeisterschaft oder ähnliches statt, aber nichtsdestotrotz hat die Europäische Kommission still und heimlich die nächste Stufe im Bestreben das Bargeld abzuschaffen gezündet. Brüssels ungewählte Bürokraten wollen jedwede Form von Bargeldtransaktionen in der EU gen Null fahren. Eine Entwicklung, die Kritiker seit Jahren befürchtet haben, verfestigt sich immer mehr.
Durch die entstandenen und weiterhin befürchteten Instabilitäten aufgrund des Brexits (das ist wohlgemerkt deren Argumentation, nicht die meinige) wollen die europäischen Regierungen als Erfüllungsgehilfen der dahinterstehenden Finanzinteressen ihre Kontrolle über das Bargeld erweitern. Frankreich und Spanien haben bekanntlich bereits Bargeldobergrenzen eingeführt, aber die EU-Kommission will jetzt unilateral Regeln einführen, die die ganze EU betreffen.
Im „Aktionsplan der Kommission“ findet man zwar derzeit (noch) keine konkreten Euro-Bargeldobergrenzen, aber schwammig formulierte Gesetze oder Regelungen sind immer Einfallstore für alles Erdenkliche und Unerdenkliche. Begründet wird dieser Vorstoß (neben dem Brexit, siehe oben) wieder einmal mit Geldwäsche/Schwarzgeld und dem Lieblingsablenkungsthema unserer Zeit, dem Terrorismus bzw. die Finanzierung desselben. Dass die seit längerem wieder eingeführten Grenzkontrollen den neuen Regelungen hilfreich „assistieren“ – gerade wenn es um physische Wertgegenstände geht -, ist nur so etwas wie das Sahnehäubchen oben auf.
Negative Zinsen und eine hohe Inflation sind zusammen eine tödliche Kombination, die die bereits schwächelnde und instabile EU weiter destabilisieren könnte. Wenn aber weniger Bargeld zirkuliert, dann können die Menschen dem nicht entfliehen und somit können die Maßnahmen seitens der EZB einen größeren Hebel entwickeln. Bank-Runs oder das Horten von Bargeld ist in einer bargeldlosen Gesellschaft nicht mehr möglich. Da dann zudem die Vermögenswerte der Menschen unter einer zentralisierten Kontrolle stehen, können die Banken und die Staaten Gelder nach Gutdünken überall dort einsetzen, wo es hilft die darunterliegenden Probleme des Schuldgeldsystems zu kaschieren.
Seit der ehemalige Chefökonom des IWF, Kenneth Rogoff im letzten Jahr forderte, dass der 100 US-Dollar-Schein abgeschafft werden muss, haben sich die Regierungen weltweit fast überschlagen, um ganz vorne an der Spitze der Bargeldabschaffer zu sein. Wobei Indien derzeit einsam an der ersten Stelle steht. Rogoff vor einem Jahr:
Es gibt nur wenige Diskussionen in den Strafverfolgungsbehörden, dass die Papierwährung, vor allem große Noten wie der 100 US-Dollar-Schein, das Verbrechen erleichtern: organisiertes Verbrechen, Erpressung, Geldwäsche, Drogen- und Menschenhandel, Korruption von Beamten und Terrorismus. Es gibt [aber] Ersatz für das Bargeld – Kryptowährungen, ungeschliffene Diamanten, Goldmünzen, Prepaid-Karten – aber für viele Arten von kriminellen Transaktionen, ist Bargeld noch König. Es bringt absolute Anonymität, Portabilität, Liquidität und nahezu universelle Akzeptanz mit sich.
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(There is little debate among law-enforcement agencies that paper currency, especially large notes such as the U.S. $100 bill, facilitates crime: racketeering, extortion, money laundering, drug and human trafficking, the corruption of public officials, not to mention terrorism. There are substitutes for cash—cryptocurrencies, uncut diamonds, gold coins, prepaid cards—but for many kinds of criminal transactions, cash is still king. It delivers absolute anonymity, portability, liquidity and near-universal acceptance.)
Wir wissen heute, dass nur wenige Monate nach der Forderung Rogoffs, der 500 Euro-Schein einkassiert wurde und dass in Indien die 500er und 1.000er Rupie-Scheine eingezogen wurden. Die einzelnen Schritte mögen isoliert betrachtet unwichtig erscheinen, aber das verfolgte Endziel ist ganz klar sichtbar: eine bargeldlose Gesellschaft, die vollkommen hilflos einem Netzwerk ökonomischer Repressalien unterworfen sein wird.
In Deutschland mag scheinbar noch alles in Ordnung sein (knapp 80%-iger Einsatz von Bargeldzahlungen bei Transaktionen), aber auch der Finanzminster Schäuble ist ein massiver Freund und Unterstützer der Brüsseler Forderungen.
Viele Menschen versuchen gerade diesen Zwängen des Fiat-Geldes zu entkommen und investieren in neue, alternative Investmentformen wie Bitcoin, das einen fulminanten Zuwachs in den letzten Monaten verzeichnen konnte. Doch seien Sie gewarnt: natürlich will die EU-Kommission auch dieses (noch) unabhängige System kontrollieren und versucht gerade ähnliche Beschränkungen wie beim Bargeld auf Kryptowährungen auszuweiten. Schließlich muss verhindert werden, dass irgendeine Transaktionen aus dem Zugriffsbereich der Banken entkommen kann. So arbeiten die EZB und die Bank of Japan derzeit gemeinsam an einem Trojanischen Pferd eines Blockchain-Netzwerks, das diejenigen „einfangen“ soll, die naiv genug sind, diesen beiden Institutionen zu vertrauen.
Larry Summer, Ex-Finanzminister der USA, schrieb ebenfalls im letzten Jahr, dass er Vereinbarungen bevorzugt, die besagen, dass es keine Banknoten größer als 50 oder 100 US-Dollar geben soll:
Besser noch als einseitige Maßnahmen in Europa wäre eine globale Vereinbarung, um die Ausgabe von Noten im Wert von mehr als 50 oder 100 Dollar zu stoppen. Eine solche Vereinbarung wäre so bedeutend wie alles andere, was die G7 oder G20 in den letzten Jahren getan haben. […] Allgemeiner gefasst, in einer Zeit in der eine solche Demonstration dringend erforderlich ist, würde eine globale Vereinbarung, die Ausgabe von Notierungen mit hoher Stückelung aufzugeben, auch zeigen, dass die globalen Finanzkonzerne gegen das „große Geld“ und für die Interessen der einfachen Bürger aufstehen können.
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(Even better than unilateral measures in Europe would be a global agreement to stop issuing notes worth more than say $50 or $100. Such an agreement would be as significant as anything else the G7 or G20 has done in years. […] More generally, at a time when such a demonstration is very much needed, a global agreement to stop issuing high denomination notes would also show that the global financial groupings can stand up against „big money“ and for the interests of ordinary citizens.)
Neben der richtig gelungenen, ironischen Formulierung „‚big money‘ and for the interests of ordinary citizens“, wird für mich eines ganz klar: es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir die ersten Forderungen hören werden, dass der größte Euroschein ein 20er, maximal ein 50er sein darf. Und was danach kommt, können wir gerade live und in Farbe am „lebenden Objekt“ Indien sehen.
Quellen:
Cash No Longer King: Europe Moves To Begin Elimination Of Paper Money
Limit for cash payments in EU
INCEPTION IMPACT ASSESSMENT
EU to boost border checks on cash, gold to tackle „terrorism financing“
Inflation in Venezuela seen hitting 1,500% in 2017 as crisis goes from bad to worse
QE Should Only Be Emergency Tool, ECB Board Member Says
The Sinister Side of Cash
500-Euro Banknote Being Phased Out
German plan to impose limit on cash transactions met with fierce resistance
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