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Finanzsystem: Die Notenbanken werden den nächsten Crash nicht mehr aufhaltenLesezeit: 11 Minuten

In den letzten Monaten haben die wichtigsten Zentralbanken der Welt ihren Sprech verändert. Gerade wenn man die Äußerungen von Fed und Co. im Vergleich zu den Vorjahren betrachtet, erkennt man, dass die Notenbanken ihre Anmerkungen gegenüber der Öffentlichkeit entscheidend verändert haben.

Nehmen wir die EZB als Beispiel für diese „Anpassungen“. Offizielle in Frankfurt weisen vermehrt auf die Möglichkeit eines Zurückfahrens der Stimulimaßnahmen bis zum September diesen Jahres hin, so dass einige Ökonomen sogar Zinserhöhungen noch in diesem Jahr erwarten. Die Bank of England hat bereits mit ihrem Programm der Zinserhöhungen begonnen und gab zudem bekannt, dass weitere im Laufe des Jahres folgen könnten. Die Bank of Canada fährt ebenfalls mit ihrer Politik der Zinserhöhungen fort und spricht auch davon, dass weitere in diesem Jahr noch folgen. Die Bank of Japan hat ihrerseits damit begonnen die Anleihenaufkäufe zu reduzieren, was die seit Jahren stattfindende Stimulimaßnahmen zu einem Ende bringen wird. Zwischenzeitlich sitzt die BoJ auf einer Bilanzsumme von sagenhaften 4,7 Billionen US-Dollar.

Dieser globale Trend der „fiskalischen Straffung“ ist nur ein weiteres Beweisstück, das belegt, dass die Notenbanken NICHT unabhängig voneinander agieren. Vielmehr handeln sie in einer aufeinander abgestimmten und abgesprochenen Art und Weise – ausgehend von einem gemeinsamen Plan. Aber trotz allem ist keine der Trendumkehrungen der anderen Zentralbanken mit den enormen Verschiebungen und Veränderungen der geldpolitischen Ausrichtung der Federal Reserve vergleichbar. Und da die Fed immer noch die wichtigste Zentralbank der Welt ist, hat dies nicht nur für die USA massive Folgen.

Federal Reserve - Bildquelle: Wikipedia / Dan Smith

Federal Reserve – Bildquelle: Wikipedia / Dan Smith

Als die Fed damit begann ihre Quantitative Lockerung (Quantitative Easing, QE) zurückzufahren, konnte sich das zu Beginn niemand vorstellen, dass die Fed so handeln würde. Auch als die Fed die Zinsen begann nach oben zu fahren, sprachen viele Analysten davon, dass das nicht durchführbar sei. Und jetzt, wo die Fed zudem noch ihre Bilanzsumme um ca. 4 Billionen US-Dollar zurückfahren will, nehmen nur die Wenigsten wahr, dass dies sehr viel schneller passiert als die Meisten annahmen.

Klassische Mainstreamanalysten werden dazu nur ausweichend Stellung beziehen. Sie werden darauf hinweisen, dass viele Investoren schlicht nicht daran glauben, dass die Fed ihr „Straffungsprogramm“ weiter durchziehen wird. Sie werden auch sagen, dass, selbst wenn die Fed Banken und Konzerne vom billigen Geld abschneidet, es keinen Zweifel daran gibt, dass die Zentralbank erneut in die Märkte eingreifen wird, wenn die Effekte und Folgen ins Negative drehen. Leider eine gefährliche Annahme auf die solche Gedankengänge beruhten und immer noch beruhen. Denn die Annahme, dass die Fed die Märkte „retten“ wird, ist schlichtweg falsch.

Wann immer die Mainstreamökonomen verargumentieren, dass die Fed unter Umständen die Zinsen niedrig halten könnte und dass Stimulimaßnahmen jahrzehntelang durchführbar sind (falls nötig), verwenden sie die Bank of Japan als Paradebeispiel für eine solche Politik. Was sie aber dabei unerwähnt lassen, ist die Tatsache, dass die BoJ aufgrund dieser Politik ihre Bilanzsumme auf die bereits eingangs erwähnte Summe von 4,7 Billionen US-Dollar aufgeblasen hat, während es die Fed geschafft hat, fast die gleiche Summe (4,5 Billionen) in nur acht Jahren aufzubauen. Letztlich hat die Fed damit mindestens eine gleich große Blase erzeugt, für die die BoJ über das doppelte an Zeit benötigt hat.

Natürlich hinkt dieser Vergleich; ist er vieleicht sogar idiotisch. Und laut den eigenen Aussagen der Fed ist es vollkommen klar, dass diese Stimulimaßnahmen nicht fortgeführt werden. Aber trotzdem beharren viele darauf, dass die Fed das Gegenteil dessen tut, was sie öffentlich sagt. Viele WOLLEN einfach daran glauben, dass die US-Notenbank weiter mit billigem Geld um sich wirft. Eine vollkommene Fehleinschätzung.

Immer wieder habe ich in verschiedenen Artikeln darauf hingewiesen, dass diese Investoren, Marktteilnehmer und Systemgläubige einer Illusion nachlaufen. Zahlreiche Kommentatoren sahen in meinen Voraussagen, dass die Fed die Zinsen erhöhen wird bzw. ihr QE zurückfährt, nur dummes Geschwätz. Und analog zu den damaligen Kritikern wollen Einige auch heute nicht verstehen, dass die Fed eben nicht intervenieren wird, wenn es zum nächsten Crash kommt.

Anscheinend gibt es etwas Berauschendes an dem Glauben, dass die Zentralbanken keinesfalls damit aufhören werden, die Märkte (Aktien und Anleihen) aufzublasen. Es kommt einem fast wie ein Kult in der Investmentwelt vor; ein psychologisches Hochgefühl, dass Investoren glauben macht, dass sie unverwundbar sind. Obwohl das genaue Gegenteil der Fall ist.

Janet Yellen - Bildquelle: Wikipedia / United States Federal Reserve

Janet Yellen – Bildquelle: Wikipedia / United States Federal Reserve

Die ehemalige Fed-Vorsitzende Janet Yellen brachte diesen Irrglauben unbewusst (?) in ihrer Abschiedsrede auf den Punkt:

Wenn Aktienkurse oder Vermögenswerte im Allgemeinen fallen würden, was würde das für die Wirtschaft insgesamt bedeuten?

Ich denke, unser Gesamturteil ist, dass bei einem Rückgang der Vermögensbewertungen der Kern unseres Finanzsystems nicht übermäßig beschädigt würde.

(If stock prices or asset prices more generally were to fall, what would that mean for the economy as a whole?

I think our overall judgment is that, if there were to be a decline in asset valuations, it would not damage unduly the core of our financial system.)

Auf die Frage bzgl. der hohen Aktienpreise antwortete sie:

Nun, ich möchte nicht zu hoch sagen. Aber ich möchte hoch sagen. Kurs-Gewinn-Verhältnisse sind nahe dem oberen Ende ihrer historischen Bereiche…

Ist das jetzt eine Blase oder ist es zu hoch? Und das ist sehr schwer zu sagen. Es gibt jedoch Anlass zur Sorge, dass die Bewertungen der Vermögenswerte so hoch sind.

(Well, I don’t want to say too high. But I do want to say high. Price/earnings ratios are near the high end of their historical ranges…

Now, is that a bubble or is too high? And there it’s very hard to tell. But it is a source of some concern that asset valuations are so high.)

Mtite des letzten Jahres hat die Fed damit begonnen, die Aktienmärkte als überteuert und „verletzlich“ zu bezeichnen. Dieser Rhetorik hat sie gerade in den letzten Monaten immer mehr Raum gegeben. So hat der Vorsitzende der Fed von Dallas, Robert Kaplan, die Sorgen über die Auswirkungen der Zinserhöhungen auf die Märkte zurückgewiesen und deutete stattdessen auf die Möglichkeit von MEHR als nur drei Zinserhöhungen im Jahr 2018 hin. Der Dow Jones fiel an diesem Tag im Übrigen um die interessante Zahl von 666 Punkten.

Bill Dudley von der New Yorker Fed verwies Sorgen der Marktteilnehmer aufgrund der jüngsten Volatilität ins Reich der Märchen und sagte, dass ein Kurseinbruch wie der kurz zuvor stattgefundene, „praktisch keinerlei Auswirkungen auf die wirtschaftliche Aussichten hat (has virtually no consequence for the economic outlook)“.

Und der neue Fed-Vorsitzende, Jerome Powell, ließ uns wissen, dass er die derzeitige Fed-Politik der Zinserhöhungen und der Reduzierung der eigenen Bilanz fortsetzen wird, und wiederholte in der letzten Woche seine Unterstützung für weitere Zinsschritte. Seltsamerweise ignorierten die Mainstreammedien fast vollständig dieses „Bekenntnis zu höheren Zinsen“ und fokussierten ihre Berichterstattung vielmehr darauf, dass die Fed die Aktienmärkte und deren Entwicklung genauestens verfolgen würde. All dies lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass – egal wer den Vorsitz der Fed bekleidet – die Fed seine im Voraus festgelegte Politik weiter betreibt. Egal, wer den Darsteller auf der Bühne geben darf. Die Federal Reserve wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit bereits im März die Zinsen erneut anheben.

All die Fakten, wie auch die überraschend hohe Reduzierung der Bilanz der Fed um 18 Milliarden US-Dollar allein im Januar, zeigt, dass zumindest bis jetzt die Fed keinerlei Rücksicht auf die Aktien- und Anleihenmärkte nimmt und wohl auch nehmen wird.

In der Zwischenzeit haben die 10-jährigen US-Papiere die gefährliche Marke von 3% erreicht und hat der US-Dollar-Index gen Süden gedreht. Beide mögen vielleicht das erste Signal dafür sein, dass eine Stagflation bevorstehen könnte. Unter dem Strich heißt das: die Märkte können nicht allzu lange auf diesem Niveau stehen bleiben, wenn die Renditen über 3% steigen und der fallende US-Dollar eine weitere Ausrede für Zinserhöhungen bietet. Und weitere Zinserhöhungen bedeuten, dass letztlich billige Kredite zu teuren Krediten werden.

Die Frage, die dann gestellt werden muss, lautet: wenn die Fed nicht weiterhin billiges Fiat-Geld in die Banken und Unternehmen pumpen will, damit diese Aktienrückkäufe tätigen können, wer soll STATTDESSEN die Aktien kaufen?

Die Unternehmen selbst werden es dann nicht mehr tun. Denn die Schulden der Konzerne kennen aktuell nur eine Richtung: nach oben. Auf Höhen, die die vom Crash 2008 sogar toppen. Es gibt keinerlei Möglichkeiten, dass die Unternehmen ihre Aktienrückkäufe fortsetzen können (und damit die Märkte oben halten können), wenn die Fed sie nicht dabei mit billigem Geld unterstützt.

Auch die Privatanleger werden und können dann nicht in die Bresche springen. Privatanleger sind zwar aktuell die wichtigste Säule, die die Aktien noch oben halten, aber wie wir während des Einbruchs letzte Woche gesehen haben, ist es unwahrscheinlich, dass der klassische Kleinanleger so ruhig bleiben wird, dass er nicht bei den ersten Anzeichen von Problemen seine Aktien abstößt. Bislang tendierten die Privatanleger dazu aufzuspringen, wenn der Markt anzieht, weil es seit Jahren deren funktionierende Strategie war. Aber wenn die Fed weiter ihre Stimulimaßnahmen eingrenzt, dann wird sich das Investitionsklima ebenfalls weiter eintrüben und der blinde Glaube wird dem Zweifel Platz machen.

Der US-Komsum bzw. US-Konsument wird auch nicht der Retter sein. Jeder der glaubt, dass die Umsätze der Firmen die Aktienkurse antreiben wird, glaubt auch daran, dass unser Geldystem noch zu retten ist. Es gab einmal eine Zeit, als Unternehmen, deren Innovationen und soliden Geschäftsmodelle bzw. -strategien etwas bedeutet haben, wenn es um die Frage der Aktienkurse ging. Aber diese Tage sind längst vorbei. Heute basiert alles auf Annahmen, wie die Zentralbanken agieren und ggf. intervenieren. Und wie ich bereits mehrfach schrieb, ziehen die Zentralbanken gerade den „Stecker der Lebenserhaltungsmaßnahmen“.

Zudem sind die US-Verbraucher so hoch verschuldet wie nie in der Geschichte zuvor.

Und wie schaut es mit der Trump-Administration und ihrem 1,5 Billionen US-Dollar schweren Infrastrukturprogramm aus? Kann dieses indirekte Stimuliprogramm den Ball dort aufnehmen, wo die Fed in abspielt? Eher unwahrscheinlich. Hätte man diesen Plan vor acht Jahren implementiert, vor den sinnbefreiten Bailouts der Banken und Maßnahmen wie TARP, dann hätte vielleicht ein solches Programm den Unterschied ausmachen können. Schon zu Zeiten von Herbert Hoover funktionierte eine ähnliche Strategie nicht. Tatsächlich wurden die Bauprojekte aus jener Zeit zum Teil erst Jahrzehnte nach ihrer eigentlichen Durchführung zurückgezahlt. Hoover war übrigens ein Präsident mit nur einer Amtszeit, der zudem am Anfang der Großen Depression das Amt inne hatte.

Das System ist viel zu verschuldet und viel zu weit in seinem Zerfall fortgeschritten, als dass Infrastrukturmaßnahmen noch den Unterschied in Bezug auf die Wirtschaft ausmachen könnten. Nimmt man dann noch den Fakt dazu, dass die Renditen der US-Anleihen ihre positive Performance aufgrund der gestiegenen Ausgaben fortsetzen, dann kommt weiterer Druck auf die Aktienmärkte hinzu.

Interessanterweise hat der Budgetverantwortliche unter Donald Trump zugegeben, dass der Plan der Infrastrukturmaßnahmen sogar dazu führen wird, dass die Zinsen schneller ansteigen werden, und Offizielle der Fed haben dies bereits als Teilerklärung genutzt, warum die Fed am Plan festhält, die Stimulimaßnahmen weiter zurückzufahren.

Jeder mit etwas Verständnis für die Materie kann das dahinterliegende Narrativ erkennen, das hier gerade aufgebaut wird. Die Federal Reserve wird die Märkte 2018 gen Süden schicken. Sie wird die Zinsen weiter erhöhen und ihre Bilanzsumme reduzieren – schneller als ursprünglich angedacht. Sie wird den Aktienmärkten nicht zur Seite springen, wenn es zum Crash kommt. Und sie muss das auch nicht. Trump wird sich selbst als perfekter Sündenbock positionieren, wenn die Blase implodiert. Und die Zentralbanken auf dem Globus, die BIZ, die Weltbank und der IWF sowie deren eigentlichen Hintermänner und -frauen werden jedwede Schuld von sich weisen können und die Öffentlichkeit wird all das nicht erkennen.

Quellen:
Central Banks Will Let The Next Crash Happen
ECB Officials Assume QE Will End in Short Taper
Bank of England warns of earlier and larger rate hikes for the UK
Bank of Canada hikes interest rate to 1.25 per cent on strong economic data; Poloz notes NAFTA uncertainty
Japan’s central bank trims bond purchases, prompting taper talk
The Fed just fired off a stark warning — and it highlights one of the biggest risks for stocks
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