US-Militärhaushalt: 716 Milliarden in 2019 und die National Defense Strategy der USALesezeit: 8 Minuten
Die Militärhaushalte explodieren gerade weltweit. Ein Fakt, der in der Hochleistungspresse gerne verschwiegen wird oder euphemistisch als „Ertüchtigung“ verklärt wird. So ist es nicht verwunderlich, dass man schon ganz genau suchen muss, wenn man etwas über die National Defense Strategy (NDS) des US-Kriegsministeriums für das Jahr 2018 bzw. deren kürzlich veröffentlichten Zusammenfassung wissen will.
Die National Defense Strategy ist Ausfluss der National Security Strategy (NSS) und Teil der National Military Strategy (NMS) der USA und
[…] beschreibt unsere [die der USA] übergeordneten Ziele und Strategien. Er beschreibt, wie das Verteidigungsministerium die im NSS umrissenen Ziele unterstützen wird, einschließlich der Notwendigkeit, Bündnisse zu stärken und neue Partnerschaften aufzubauen, um den globalen Terrorismus zu besiegen und Angriffe gegen uns, unsere Verbündeten und unsere Freunde zu verhindern; dass unsere Feinde uns, unsere Verbündeten und unsere Freunde mit Massenvernichtungswaffen (MVW) bedrohen; mit anderen zusammenarbeiten, um regionale Konflikte zu entschärfen, einschließlich Konfliktinterventionen; und die nationalen Sicherheitsinstitutionen in die Lage versetzen, sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu stellen. Das NDS handelt nach diesen Zielen, bewertet das strategische Umfeld, Herausforderungen und Risiken, die wir bei der Erreichung dieser Ziele berücksichtigen müssen, und zeigt den Weg auf.
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([…] describes our overarching goals and strategy. It outlines how DoD will support the objectives outlined in the NSS, including the need to strengthen alliances and build new partnerships to defeat global terrorism and prevent attacks against us, our allies, and our friends; prevent our enemies from threatening us, our allies, and our friends with weapons of mass destruction (WMD); work with others to defuse regional conflicts, including conflict intervention; and transform national security institutions to face the challenges of the 21st century. The NDS acts on these objectives, evaluates the strategic environment, challenges, and risks we must consider in achieving them, and maps the way forward.)
Dass die Berichterstattung selbst in den USA zum NDS fast nicht stattfindet, wird nach genauerer Analyse des Dokuments klar. The Nation schrieb am Dienstag dazu:
Die NDS ist für Regierungsdokumente, das was A Nightmare on Elm Street für Familienfilme ist; es ist so gemacht, um den zufälligen Leser zu verängstigen.
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(The NDS is to government documents what A Nightmare on Elm Street is to family films; it’s meant, that is, to scare the hell out of the casual reader.)
In der aktuellen Zusammenfassung findet man Behauptungen wie dass die globale „Sicherheitsumgebung (security environment)“ „komplexer und unbeständiger geworden ist als alles, was wir in der jüngsten Erinnerung erlebt haben (more complex and volatile than any we have experienced in recent memory)“. Eine Bemerkung, die wie der blanke Hohn klingt, wenn man um die über 1.000 US-Basen weiß, die rund um den Globus verteilt sind. Denn wenn die globale „Sicherheitsumgebung“ trotz einer allumfassenden US-Präsenz „komplexer und unbeständiger“ geworden ist, dann sagt das mehr über die US-Militärstrategie per se aus als über die globalen Gegebenheiten an sich.
Bereits in der Einleitung finden wir den entscheidenden Satz des NDS:
Interstaatlicher strategischer Wettbewerb, nicht Terrorismus, ist jetzt das primäre Anliegen bzgl. der nationalen Sicherheit der USA.
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(Inter-state strategic competition, not terrorism, is now the primary concern in U.S. national security.)
Wobei anzumerken ist, dass das „primäre Anliegen (primary concern)“ schon immer der „interstaatliche strategische Wettbewerb (inter-state strategic competition)“ war und niemals der Terrorismus, der als Vehikel und Rechtfertigungsgrund eingesetzt wurde, um das US-Vorgehen, die Kriege und Einmischungen der letzten Jahre in der Öffentlichkeit rechtfertigen zu können.
Dieser Passus ist ganz offensichtlich gegen die Länder Russland, China, Nord-Korea und den Iran gerichtet. Im späteren Verlauf des Dokuments wird diesen Staaten gar ein eigener Absatz gegönnt:
China ist ein strategischer Konkurrent, der [seine] räuberische Ökonomie einsetzt, um seine Nachbarn einzuschüchtern, während es die Gesichtszüge des Südchinesischen Meers militarisiert. Russland hat die Grenzen benachbarter Nationen verletzt und nutzt seine Vetomacht bzgl. der wirtschaftlichen, diplomatischen und Sicherheitsentscheidungen seiner Nachbarn. Nord-Koreas gesetzwidrige Aktionen und rücksichtslose Rhetorik gehen trotz der Rügen und Sanktionen der Vereinten Nationen weiter. Der Iran sät weiterhin Gewalt und bleibt die größte Herausforderung für die Stabilität im Nahen Osten. Trotz der Niederlage des physischen Kalifats des IS bestehen weiterhin Bedrohungen für die Stabilität, da terroristische Gruppen mit großer Reichweite weiterhin Unschuldige ermorden und den Frieden weiter gefährden.
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(China is a strategic competitor using predatory economics to intimidate its neighbors while militarizing features in the South China Sea. Russia has violated the borders of nearby nations and pursues veto power over the economic, diplomatic, and security decisions of its neighbors. As well, North Korea’s outlaw actions and reckless rhetoric continue despite United Nation’s censure and sanctions. Iran continues to sow violence and remains the most significant challenge to Middle East stability. Despite the defeat of ISIS’s physical caliphate, threats to stability remain as terrorist groups with long reach continue to murder the innocent and threaten peace more broadly.)
Laut Danny Sjursen, dem Autor des bereits oben zitierten Artikels The Pentagon Wants to Spend $716 Billion Next Year (Das Pentagon will nächstes Jahr 716 Milliarden Dollar ausgeben) aus The Nation, der auch in der Militärakademie West Point Geschichte unterrichtete, berichtet, dass der jetzige Nationale Sicherheitsberater Trumps, General H.R. McMaster, desöfteren in West Point „vorbeischaute“:
Im Jahr 2015 gab McMaster uns Geschichtslehrern eine unvergessliche, improvisierte Predigt über die Bedrohungen, denen wir ausgesetzt wären, als wir zur regulären Armee zurückkehrten.
Er wies, wenn ich das noch richtig im Gedächtnis habe, auf das hin, was er als die zwei großen Bedrohungen, zwei mittlere Bedrohungen und eine anhaltende Bedrohung bezeichnete, die weiterhin unsere typische amerikanische Welt verfolgen werden. Als Übersetzung: Das sind China und Russland, Iran und Nord-Korea und nicht zuletzt der islamistische Terrorismus. Und ehrlich, wenn das keine Aufstellung ist, die dir alles ermöglichen könnte, von dem du jemals geträumt hast, wie Waffensysteme und ähnliches, was ist es dann? – Danny Sjursen
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(In 2015, McMaster gave us history instructors a memorable, impromptu sermon about the threats we’d face when we returned to the regular Army.He referred, if memory serves, to what he labeled the two big threats, two medium threats, and one persistent threat that will continue to haunt our all-American world. In translation: That’s China and Russia, Iran and North Korea, and last but not necessarily least Islamist terrorism. And honestly, if that isn’t a lineup that could get you anything you ever dreamed of in the way of weapons systems and the like, what is? – Danny Sjursen)
Für Sjursen sind die Ähnlichkeiten der McMaster-Liste von 2015 und der Aufstellung im NDS von 2018 geradezu frappierend.
Im NDS werden 11 Verteidigungsziele (defense objectives) definiert, die laut Sjursen belegen, dass es den USA nicht um Verteidigung geht, sondern allein um seine hegemoniale Vormachtstellung. Punkt Nummer 5 auf dieser Liste besagt, dass es eines der Ziele der USA ist, „günstige regionale Machtverhältnisse im Indopazifik, in Europa, im Nahen Osten und in der westlichen Hemisphäre (favorable regional balances of power in the Indo-Pacific, Europe, the Middle East, and the Western Hemisphere)“ zu schaffen bzw. zu bewahren.
Weiter lesen wir im NDS-Dokument:
Wenn unsere Verteidigungsziele nicht erreicht werden, wird dies den weltweiten Einfluss der Vereinigten Staaten verringern, den Zusammenhalt unter Verbündeten und Partnern schwächen und den Zugang zu Märkten verringern, die zu einem Rückgang unseres Wohlstands und unseres Lebensstandards beitragen. Ohne nachhaltige und vorhersehbare Investitionen, um die Bereitschaft wiederherzustellen und unser Militär zu modernisieren, um es für unsere Zeit fit zu machen, werden wir schnell unseren militärischen Vorteil verlieren, was zu einer gemeinsamen Streitmacht führt, deren Altsysteme für die Verteidigung unseres Volkes irrelevant sind.
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(Failure to meet our defense objectives will result in decreasing U.S. global influence, eroding cohesion among allies and partners, and reduced access to markets that will contribute to a decline in our prosperity and standard of living. Without sustained and predictable investment to restore readiness and modernize our military to make it fit for our time, we will rapidly lose our military advantage, resulting in a Joint Force that has legacy systems irrelevant to the defense of our people.)
Das NDS zeigt den Weg, den die USA in den nächsten Jahren gehen werden. Dies spiegelt sich auch in einem angedachten Militärhaushalt von sagenhaften 716 Milliarden US-Dollar für das Jahr 2019 wieder. Und diese Zahl ist nur die offizielle Zahl – ohne irgendwelche schwarzen Kassen, Verschiebungen in andere Haushaltsposten, usw. und sofort. Die USA werden ihre Stellung als weltweiter Hegemon nicht kampflos aufgeben, was auch Aussagen wie die zum Iran unterstreichen:
[Der Iran] bleibt die größte Herausforderung für die Stabilität im Nahen Osten.
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([Iran] remains the most significant challenge to Middle East stability.)
Der militärisch-industrielle Komplex, der den Westen seit Jahrzehnten im festen Zangengriff hat, wird auch weiterhin an der Gewaltschraube drehen und über sein „Paradepferd“, das US-Militär, für zahlreiche Tote und unschuldige Opfer sorgen. Alles andere sind und bleiben Wunschträume…
Quellen:
PPBE Process National Defense Strategy (NDS)
Summary of the 2018 National Defense Strategy
As Nation Debates Gun Control, US Military Wants $716 Billion for Next Year
The Pentagon Wants to Spend $716 Billion Next Year
The US Empire Has up to 1,000 Military Bases in 80 Countries
The Geopolitics of World War III
Trump to ask for $716 billion in defense spending in 2019 budget: U.S. officials
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