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Geoengineering: Neue Studie warnt vor großen Gefahren des EinsatzesLesezeit: 8 Minuten

Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Forschern der Yale University, Rutgers University und der University of Maryland warnt vor dem Einsatz und dem plötzlichen Ende (!) von Geoengineering-Programmen. Insbesondere das Einbringen von Aerosolen in die Atmosphäre, um den Klimawandel „anzugehen“, sehen die Forscher als gefährlich an. Diese Programme können laut der Studie mehr Schaden in der Tier- und Pflanzenwelt und beim Menschen verursachen als Nutzen bringen.

Die Studie Potentially dangerous consequences for biodiversity of solar geoengineering implementation and termination (Potenziell gefährliche Konsequenzen für die Biodiversität der Implementierung und Beendigung von Solar Geoengineering) wurde am 22. Januar 2018 im Fachmagazin Nature veröffentlicht. Dort schreiben die Forscher:

Solar Geoengineering erhält als ein potenzielles Instrument zur Kompensation der Klimaerwärmung erhöhte politische Aufmerksamkeit. Während die Reaktionen des Klimas auf Geoengineering detailliert untersucht wurden, sind die potenziellen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt weitgehend unbekannt. Um das Aussterben zu vermeiden, müssen sich die Arten anpassen oder sich bewegen, um wechselnde Klimazonen zu verfolgen. Hier bewerten wir die Auswirkungen der schnellen Implementierung, Fortsetzung und plötzlichen Beendigung des Geoengineering auf die Geschwindigkeit des Klimas – die Geschwindigkeiten und Richtungen, die die Spezies erbringen müssen, um die Veränderungen des Klimas folgen zu können.

(Solar geoengineering is receiving increased policy attention as a potential tool to offset climate warming. While climate responses to geoengineering have been studied in detail, the potential biodiversity consequences are largely unknown. To avoid extinction, species must either adapt or move to track shifting climates. Here, we assess the effects of the rapid implementation, continuation and sudden termination of geoengineering on climate velocities—the speeds and directions that species would need to move to track changes in climate.)

Die Forschergruppe fand in der Studie heraus, dass die plötzliche Beendigung von Geoengineering-Programmen „die [Erhöhungs-]Geschwindigkeit der Meeres- und Landtemperaturen auf beispiellose Geschwindigkeiten erhöht (increases both ocean and land temperature velocities to unprecedented speeds)“. Was zur Folge hat, dass es zu einer „schnellen Klimazersplitterung (rapid climate fragmentation)“ in gemäßigten Gebieten mit Grasland und Wäldern kommt. Zudem schließen die Forscher daraus, dass „eine schnelle Beendigung des Geoengineerings die Bedrohung der biologischen Vielfalt durch den Klimawandel erheblich erhöhen würde (rapid geoengineering termination would significantly increase the threats to biodiversity from climate change)“. Auch warnten die Forscher vor dem Aussterben bestimmter Spezies aufgrund des Wandels in der biologischen Vielfalt.

Mit Geoengineering wird versucht das Wetter (und damit das Klima) zu verändern. Seit Jahrzehnten wird daran militärisch und wissenschaftlich geforscht. Laut eines US-Kongress-Berichts von 2013 wären allerdings die Implikationen, wenn es in einem größeren Maßstab eingesetzt wird, nicht vorhersehbar. Diese offizielle Erklärung und Darstellung dürfte für Kritiker wie blanker Hohn klingen:

Der Begriff „Geoengineering“ beschreibt diese Reihe von Technologien, die durch groß angelegte und gezielte Veränderungen der Energiebilanz der Erde versuchen, Temperaturen zu reduzieren und dem anthropogenen Klimawandel entgegenzuwirken. Die meisten dieser Technologien befinden sich in der Konzeptions- und Forschungsphase, und ihre Wirksamkeit bei der Reduzierung der globalen Temperaturen muss noch bewiesen werden.

Im Allgemeinen werden Geoengineering-Technologien entweder als Kohlendioxidentfernungs-(CDR)-Verfahren oder als Solarstrahlungsmanagement- (SRM)-(oder Albedo-Modifikations-)Verfahren kategorisiert. CDR-Verfahren adressieren die Erwärmungseffekte von Treibhausgasen, indem sie Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre entfernen. CDR-Methoden umfassen die Ozeandüngung sowie die Kohlenstoffbindung und -speicherung. SRM-Methoden adressieren den Klimawandel, indem sie das Reflexionsvermögen der Erdatmosphäre oder -oberfläche erhöhen. Beispiele für SRM-Methoden sind Aerosol-Injektion und weltraumgestützte Reflektoren. SRM-Methoden entfernen keine Treibhausgase aus der Atmosphäre, können jedoch im Vergleich zu CDR-Methoden mit relativ sofortigen globalen Abkühlungsergebnissen schneller eingesetzt werden.

(The term „geoengineering“ describes this array of technologies that aim, through large-scale and deliberate modifications of the Earth’s energy balance, to reduce temperatures and counteract anthropogenic climate change. Most of these technologies are at the conceptual and research stages, and their effectiveness at reducing global temperatures has yet to be proven.

In general, geoengineering technologies are categorized as either a carbon dioxide removal (CDR) method or a solar radiation management (SRM) (or albedo-modification) method. CDR methods address the warming effects of greenhouse gases by removing carbon dioxide (CO2) from the atmosphere. CDR methods include ocean fertilization, and carbon capture and sequestration. SRM methods address climate change by increasing the reflectivity of the Earth’s atmosphere or surface. Aerosol injection and space-based reflectors are examples of SRM methods. SRM methods do not remove greenhouse gases from the atmosphere, but can be deployed faster with relatively immediate global cooling results compared to CDR methods.)

Bei der neuen Studie setzten die Forscher ein fiktives Modell ein, dass entsprechende Geoengineering-Programme ab dem Jahre 2020 vorsieht. Laut des Modells würden die Regierungen damit beginnen Aerosole in die Atmosphäre im Bereich des Äquators einzubringen. Mit dieser als Stratospheric Aerosol Injection (SAI) bezeichneten „Technik“, soll das Sonnenlicht reflektiert werden, indem Schwefel und andere Aersole eingebracht werden. Die Forscher fanden dabei heraus, dass bei einer plötzlichen Beendigung einer solchen SAI nach 50 Jahren (also im Jahr 2070) die Temperatur an Land innerhalb von 10 Jahren um 1 Grad steigen würde. Laut der Studie bedeutet dies einen dreifach so schnellen Temperaturanstieg als wenn man das Klima „unberührt“ lassen würde. Die davon am meisten betroffenen Gebiete sind jene mit der größten Artenvielfalt: Amazonien, Afrika und Eurasien.

Chris Trisos, Forscher an der University of Maryland, sagte gegenüber dem Magazin Environmental Research, dass ein plötzlicher Ausstieg aus den Geoengineering-Programmen eintreten könne, wenn die Regierungen die Maßnahmen (Finanzierung, Infrastruktur, usw.) nicht mehr leisten können. Er sprach zudem eine explizite Warnung vor dem Aussterben bestimmter Spezies aus:

Die schnellen Temperaturerhöhungen aufgrund eines plötzlichen Endes des Geoengineerings würden wahrscheinlich die Fähigkeit vieler Arten übersteigen, zu wandern, um mit der Temperaturänderung fertig zu werden, was das Aussterberisiko erhöht.

(The rapid temperature increases from a sudden termination of geoengineering would likely outpace the capacity of many species to migrate to cope with the temperature change, increasing extinction risk.)

Diese neue Studie ist nicht die erste, die auf die Gefahren von Geoengineering-Programmen bzw. deren Einsatz eingeht. Eine bereits 2013 veröffentlichte Studie im Journal of Geophysical Research mit dem Titel Atmospheres warnte ebenfalls vor einem plötzlichen Temperaturanstieg (insbesondere an Land), wenn Geoengineering-Programme begonnen und plötzlich beendet werden würden. Im Februar 2015 kam eine andere Studie von internationalen Forschern zu dem Schluss, dass Geoengineering-Technologien „keine brauchbaren Alternativen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen bei der Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels“ sind. Die damalige Forschergruppe forderte weitere Forschungen zu diesem Thema ein, um ein größeres Verständnis der verschiedenen Geoengineering-Technologien (inklusive Kohlendioxid-Entfernungs-Schemata und Solar-Strahlungsmanagement) zu bekommen, bevor es zu einer Umsetzung kommt. Die Forscher gingen davon aus, dass SRM-Techniken wahrscheinlich „ernsthafte bekannte und mögliche unbekannte ökologische, soziale und politische Risiken [darstellen], einschließlich der Möglichkeit, einseitig eingesetzt zu werden ([present] serious known and possible unknown environmental, social, and political risks, including the possibility of being deployed unilaterally)“.

Update On Climate Geoengineering - Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt UN-Bericht

Update On Climate Geoengineering – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt UN-Bericht

Im Oktober 2016 gab die United Nations’ Convention on Biological Diversity einen Bericht heraus, der das Problem von Geoengineering untersuchte und ob die Menschheit an einem bestimmten Punkt dazu gezwungen sein wird, diese Techniken einzusetzen. Der Report Update On Climate Geoengineering In relation to the Convention on Biological Diversity: Potential Impacts and Regulatory Framework (Update zu Climate Geoengineering in Bezug auf das Übereinkommen über die biologische Vielfalt: Mögliche Auswirkungen und regulatorischer Rahmen) besagt, dass Geoengineering

die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität auf globaler Ebene reduzieren würde,

(would reduce the impacts of climate change on biodiversity at the global level,)

warnte aber gleichzeitig davor, dass es zu unvorhergesehenen Schwankungen und Veränderungen bei Regenfällen und Temperaturen kommen wird.

Der UN-Bericht kam zu dem Ergebnis, das die Effektivität von Geoengineering „unsicher (uncertain)“ ist und dass

die Reduzierung eines Problems, andere neue Probleme schaffen würde. Daher bestünde auch das Risiko, dass die Geoengineering-Maßnahmen auch zu anderen Faktoren beiträgt, die sich auf den Verlust der biologischen Vielfalt und die Integrität des Ökosystems auswirken.

(in reducing the scale of one problem, other new problems would be created. Thus, there would also be risk of the geoengineering action also contributing to other drivers affecting biodiversity loss and ecosystem integrity.)

Laut des UN-Berichts könne man zwar das Abschmelzen des Arktischen Eises mit SRM bremsen, aber nicht ohne „untragbaren klimatischen Auswirkungen anderswo (unacceptable climatic impacts elsewhere)“. Eine Methode des SRM ist das Einbringen von Aerosolen in die Atmosphäre mittels Flugzeugen. Die Studie fand hierzu heraus, dass der Einsatz von Schwefelaerosolen beim SRM zu einer Verringerung der Ozonkonzentration in der Stratosphäre führen würde. Zudem besteht ein Risiko, dass bei der Stratospheric Aerosol Injection (SAI) es zu negativen Folgen für die Biodiversität kommen kann.

Bei all den hier vorgestellten Fakten stellt sich natürlich dem unbedarften Leser die Frage, warum sowohl Regierungen als auch Forscher weiterhin daran festhalten, die gefährlichen Technologien zu fördern und zu fordern, um angeblich die Menschheit zu retten? Aber diese Frage ist eigentlich die klassische rhetorische Frage…

Quellen:
Another Study Warns About Catastrophic Consequences of Implementing Geoengineering
Potentially dangerous consequences for biodiversity of solar geoengineering implementation and termination
If We Start Geoengineering, There’s No Going Back
Solar geoengineering threatens global biodiversity
Climate Intervention Is Not a Replacement for Reducing Carbon Emissions; Proposed Intervention Techniques Not Ready for Wide-Scale Deployment
UPDATE ON CLIMATE GEOENGINEERING IN RELATION TO THE CONVENTION ON BIOLOGICAL DIVERSITY: POTENTIAL IMPACTS AND REGULATORY FRAMEWORK

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