Handelskrieg: Warum Peking seine US-Staatspapiere nicht auf den Markt werfen wird

Zölle, Gegenzölle. Vorwürfe und Rufe nach Vergeltung. Die lang erwartete Kampagne der Trump-Administration gegen China „nimmt gerade so richtig Fahrt auf“. Die Futures kennen aktuell nur eine Richtung und auch das US-Handelsdefizit ist so gering wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Die Volatilität an den Märkten ist zurück und kommt dem Absturz von 1987 nahe. Liest und hört man die Artikel unserer Hochleistungspresse dazu, wird aus dieser Kampagne der von mir bereits angedeutete Handelskrieg in rhetorischer Form.

So titelte die Nachrichtenagentur Reuters gar China, holding Treasuries, keeps „nuclear option“ in U.S. trade war (China, das [US-]Staatspapiere hält, behält im US-Handelskrieg die „nukleare Option“ vor).

Aber, was ist diese „nukleare Option“ nun genau? Reuters zeigt dazu ein Diagramm, das China als größten Halter von US-Staatspapieren zeigt. Im Artikel lesen wir dann weiter, dass China all seine US-Papiere sofort auf den Markt werfen könnte, was zu einer totalen Vernichtung des Marktes führen und eine Krise in den USA und des US-Dollars auslösen würde. Diese Unterstellung Reuters, dass China diese Maßnahme anwenden könnte, bedarf natürlich einer genaueren Analyse. Könnte China wirklich seine „nukleare Option“ ziehen und eine Marktpanik auslösen, inklusive des Zusammenbruchs des US-Dollars? Nun ja, zumindest nicht so, wie es sich Reuters da zusammen gebastelt hat und nicht so, wie sie es dem Leser glauben lassen möchten.

Selbst Reuters rudert dann – jenseits der massentauglichen Schlagzeile – etwas von dieser Unterstellung im späteren Textverlauf zurück. So lässt man im Artikel Jeffrey Gundlach, Vorsitzender von DoubleLine Capital LP, zu Wort kommen, der die US-Papiere in chinesischer Hand eher als „Hebel und Druckmittel“ ansieht, was Peking nicht aufgeben wird:

Es ist effektiver als eine Bedrohung. Wenn sie verkaufen, haben sie keine Bedrohung mehr. Es würde nur die Situation eskalieren [lassen] und ihre Hebelwirkung beseitigen.

(It is more effective as a threat. If they sell, they have no threat. It would only escalate the situation and eliminate their leverage.)

Gundlach hat aus meiner Sicht mit seiner Anmerkung recht. Genauso wie die Tausenden an echten Atomsprengköpfen, könnte diese „nukleare Option“ ebenfalls das Leben auf dem Planten, so wie wir es kennen, zerstören. Aber diese Option bleibt mehr der Bluff im Pokerspiel. Denn das erste und hauptsächliche Opfer bei einer Panik an den Märkten würde die chinesische Zentralbank, die People’s Bank of China, selbst sein, die mit einem Schlag 1,2 Billionen US-Dollar an Vermögenswerten verlieren würde.

Zudem bleibt die Frage in dieser „neuen Normalität von ’schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten'“ bestehen, ob ein solches „Alles auf den Markt werfen“ der Chinesen tatsächlich zu einem Crash führen würde. Denn schon seit längerem gibt es „besorgte Stimmen“, die die „schwindenden Reserven“ Chinas im Bezug auf US-Staatspapiere als Problem sehen. Und doch haben diese Verkäufe andere nicht davon abgehalten weiterhin US-Schulden aufzukaufen.

Erinnert sich noch jemand an die 750 Milliarden US-Dollar an US-Papieren Saudi-Arabiens, die in Folge des gemeinsamen „Petrodollararrangements“ aufgelaufen sind? Daran dass die Saudis bei der Veröffentlichung der bis dato geheimen 28 Seiten des 9/11-Berichts diese Papiere auf den Markt werfen wollten? Passiert ist bekanntlich nichts und es bleibt daher auch die Frage unbeantwortet, ob die Märkte einen solchen Abverkauf nicht „absorbieren“ könnten bzw. hätten. Denn bereits 2016 haben die Märkte die 20%-ige Reduzierung der chinesischen Bestände an US-Papieren „aufgefangen“.

Wir müssen bei all dem immer berücksichtigen, dass es sich hierbei um ein Spiel handelt. Im wahrsten Sinne des Wortes. Um eine Vertrauensspiel. Solange die Menschen an den US-Dollar glauben, solange ist der US-Dollar „sicher“. Solange die Menschen glauben, dass Washington seine Schulden zurückzahlen kann, solange besitzen diese Schulden einen „Wert“. Wenn sich also nichts an diesem Glauben ändert, würde selbst ein solcher Abverkauf von US-Staatspapieren für viele nur eine Kaufgelegenheit darstellen.

Nicht ein plötzlicher Abverkauf durch China treibt also Washington die Schweißperlen auf die Stirn. Nicht diese „nukleare Option“. Es ist eine ganz andere Baustelle.

Was wäre wenn China – statt alle US-Papiere auf den Markt zu werfen und sich damit selbst in den Fuß zu schießen – auf die Schaffung eines alternativen globalen Handelssystem aus wäre? Eines, das auf der Infrastruktur beruht, die China mittels seines riesigen Handelüberschusses mit den USA in allen Herren Ländern aufgebaut hat? Eines, das Dutzende an andere Staaten mit Vereinbarungen an Peking bindet? Eines, das es den Ländern erlaubt, den US-Dollar im Handel zu umgehen und in der eigenen Währung Handel zu treiben?

Denn genau das passiert aktuell. Mit OBOR und dem Petroyuan wird genau jene Strategie verfolgt und woran Peking seit Jahren still und heimlich arbeitet.

Das ist die echte „nukleare Option“. Nicht die Explosion des bisherigen Systems aufgrund irgendwelcher Abverkäufe macht den USA Sorgen. Vielmehr die Schaffung eines alternativen Systems. Und wenn dieses Projekt wirklich Früchte tragen sollte, dann spielt es keine Rolle mehr, ob China alle seine US-Papiere auf den Markt wirft. Es interessiert dann schlichtweg nicht mehr.

Wir sind natürlich von diesem Punkt noch meilenweit entfernt. Und China gibt nach außen hin bekannt, dass man diese „Strategie der nuklearen Option“ ablehne aka nicht einsetzen wolle. So sagte der stellvertretende Finanzminister, Zhu Guangyao, gegenüber dem Wall Street Journal, dass „China ein verantwortungsvoller Investor am globalen Kapitalmarkt ist (China is a responsible investor in the global capital market)“, und betonte, dass Peking nur interessiert sei, dass seine Reserven nicht an Sicherheit und Wert verlieren. In einem Treffen mit dem russischen Außenminister Sergey Lawrow gab der chinesische Außenminister, Wang Yi, die Schuld an der derzeitigen „Gemengelage“ gar Washington selbst. Er forderte gemeinsame Anstrengungen der Weltgemeinschaft, um das globale Freihandelssystem (!) zu schützen.

Peking wird seine Bestände aus meiner Sicht nicht auf den Markt werfen. Aber die unausweichliche, fortgesetzte Erosion der US-Hegemonie wird weitergehen. Und auch der unausweichliche, gewollte Zusammenbruch des US-Dollars wird weitergehen. Bleibt die Frage, ob aus diesem Handelskrieg alsbald ein echter Krieg wird… zur Ablenkung der Massen… aus bekannten Gründen…

Quellen:
Trade War Is On, But No “Nuclear Option”
Google Newws – Trade War
Futures Tumble After Trump Calls For Additional $100 Billion In Chinese Tariffs
Market volatility is reminiscent of the 1987 crash: Veteran trader Art Cashin
US-China tit-for-tat tariffs fuel trade war fears | Al Jazeera English
China, holding Treasuries, keeps ’nuclear option‘ in U.S. trade war
MAJOR FOREIGN HOLDERS OF TREASURY SECURITIES
China Sells Treasuries: Dollar in Trouble?
Interview 1161 – PFT Live: Debunking the 28 Pages
Why is the MSM (Finally) Reporting on the Petrodollar?
Can the US Treasury Market Absorb a $750 Billion Saudi Arabian Fire Sale?
No Surprise, Fed Was Biggest Buyer of Treasuries in 2013
Globalization 2.0: China Ushering in Newer, Shinier New World Order!
The Petroyuan Was Born This Week. Here’s What It Means.
Episode 297 – China and the New World Order
China complies with rules, a responsible investor in global capital market: Vice Finance Minister
Chinese FM calls for joint efforts to protect global free trade system

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