In den letzten Tagen wurden in Indien einige Berichte aus dem Finanzbereich veröffentlicht, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Aber bei genauerer Betrachtung verfolgen sie ein gemeinsames Ziel: die Schaffung eines allumfassenden Polizeistaates, der jede Finanztransaktion eines jeden Bürgers nachverfolgen kann.
Dabei ist wichtig zu wissen, dass Indien – neben Schweden – die weltweite Blaupause „geben darf“, wenn es um das Thema Bargeldabschaffung, neue Technologien im Finanzsektor und Identifikation mittels Biometrie geht.
Selbst die New York Times berichtet inzwischen über das von der indischen Regierung implementierte Identifikationssystem, das auf Fingerabdruckscans, Iris-Scans und Gesichtserkennung basiert. Will der einfache Bürger irgendwelche Finanztransaktionen (inkl. dem Kauf von Lebensmitteln oder Bezug von staatlicher Unterstützung) vornehmen, dann benötigt er einen entsprechenden „elektronischen Existenznachweis“. Das bereits hier auf diesem Blog thematisierte System, das diesen „elektronischen Existenznachweis ausgibt“, hört auf den Namen Aadhaar und wurde für die 1,3 Milliarden Indern verpflichtend eingeführt.
Inzwischen wurde fast die gesamte indische Bevölkerung im Aadhaar-System erfasst. „Nur“ noch 200 Millionen Einwohner sind nicht registriert. Der offensichtliche Zwang, den die indische Regierung ausübt, um auf die grundlegendsten Handels- und Finanzdienstleistungen im Land zugreifen zu können, wird auch diese letzten Inder dazu bringen, sich erfassen zu lassen.
In den vergangen Jahren hat die indische Regierung ganz behutsam und langsam dieses Programm eingeführt und mit Leben gefüllt. Zuerst wurden nur freiwillig biometrische Daten bei der Ausstellung eines Identifikationsnachweises erfasst. Jetzt will Neu Delhi das Programm Aadhaar für fast jeden Aspekt des täglichen Lebens zur Pflicht machen.
Adita Jha, ein 30-jährtiger Umweltberater in Neu Delhi, der von der Times interviewt wurde, sagte, dass er mehr oder weniger zur Teilnahme bei Aadhaar gezwungen wurde:
Du hast fast das Gefühl, dass das Leben ohne Aadhaar aufhören wird.
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(You almost feel like life is going to stop without an Aadhaar.)
So darf man in einigen Städten Indiens die Neugeborenen nicht mehr nach Hause mitnehmen, wenn die Eltern das Kind nicht zuvor bei Aadhaar registriert haben.
Doch wer jetzt glaubt, dass ein solches System in Europa bzw. im Westen undenkbar wäre, sollte sich die Lobeshymnen der Harvard Professorin Jacqueline Bhabha anhören:
Niemand hat [bislang] diese Größenordnung und diesen Ehrgeiz erreicht. Es wurde zu Recht als ein außerordentlicher Triumph gefeiert, um alle zu registrieren.
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(No one has approached that scale and that ambition. It has been hailed, and justifiably so, as an extraordinary triumph to get everyone registered.)
Auch der Artikel in der Times beschäftigt sich auffallend ausführlich mit den „Vorteilen“ eines solchen Programms, während Kritiker und deren Argumente tendenziell schlecht gemacht werden.
Der dystopische Alptraum eines solchen Systems macht deutlich, dass unsere Zukunft in einem von den Regierungen und deren Hinterfrauen und -männern kontrollierten Überwachungsnetzwerk liegt, in dem jede Finanztransaktion nur mittels biometrischer Daten „ausgelöst“ werden kann. eCall und andere „spannende Erfindungen“ belegen darüber hinaus, was wirklich hinter dem einstmals freien Internet und seiner Einführung steckt.
An dieser Stelle sei auch auf das Video von Mr. Dax, Dirk Müller verwiesen, der den aktuellen Datenskandal um Facebook als Finte ansieht, damit über den Umweg des „Alle Daten gehören der Privatperson“ ebenfalls der totalen Überwachung Tür und Tor geöffnet werden kann: