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Deutschland: Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages zum BesatzungsrechtLesezeit: 4 Minuten

Der Wirtschaftliche Dienst des Bundestages hatte bereits 2006 ein Gutachten über das Besatzungsrecht in Deutschland abgegeben. Darin wird festgehalten, dass im Zuge des Zwei-plus-Vier-Vertrags von 1990 zwar die damalige Sowjetunion, nicht aber die Westalliierten auf ihre Besatzungsrechte in Deutschland verzichtet haben.

Im Gutachten Überleitungsvertrag und Feindstaatenklauseln im Lichte der völkerrechtlichen Souveränität der Bundesrepublik Deutschland wird die Conclusio gezogen, dass in Deutschland „das weiter gültige Besatzungsrecht in drei großen Bereichen“ gilt:

Besatzungsrecht - Bildquelle: Screenshot -Ausschnitt PDF des WD

Besatzungsrecht – Bildquelle: Screenshot -Ausschnitt PDF des WD

Bei der Frage, ob der Zwei-plus-Vier-Vertrag als Friedensvertrag anzusehen ist, kommt das Gutachten ebenfalls zu einer sehr „interessanten Schlussfolgerung“:

Der Kriegszustand zwischen den Westalliierten und der Bundesrepublik wurde faktisch schon Ende der 40er/Anfang der 50er Jahre beendet, spätestens jedoch mit den – deklaratorischen – gemeinsamen Erklärungen über das Ende des Kriegszustandes im Juli 1951. Die Sowjetunion gab eine gleichlautende Erklärung im Jahr 1955 ab. Die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland mit den drei westlichen Siegermächten erfolgte bereits mit Gründung der Bundesrepublik; mit der Sowjetunion wurden 1955 diplomatische Beziehungen aufgenommen. Die ersten beiden Voraussetzungen eines völkerrechtlichen Friedensvertrages werden durch den „2+4-Vertrag“ somit nicht erfüllt. Daher wird in der Völkerrechtswissenschaft eher dazu tendiert, den „2+4-Vertrag“ nicht als Friedensvertrag anzusehen. Allerdings enthält nach Art. 12 der Präambel der „2+4-Vertrag“ die „abschließende Regelung in bezug auf Deutschland“, womit zum Ausdruck kommt, dass es die formelle Urkunde eines Friedensvertrages herkömmlicher Art nicht mehr geben wird, durch den „2+4-Vertrag“ vielmehr die endgültige und abschließende Regelung in bezug auf Deutschland geschaffen werden soll.

Es stellt sich hier die Frage, warum es keinen klassischen Friedensvertrag gibt und warum selbst der Wissenschaftliche Dienst Erklärungen aus den 50er Jahren heranzieht, die so etwas Ähnliches wie einen Friedensvertrag darstellen würden, während man gleich darauf eine „formelle Urkunde eines Friedensvertrages herkömmlicher Art“ explizit ausschließt?

Interessant ist auch der Passus auf Seite 7 des Gutachtens, wo wir lesen können:

Bei den fortgeltenden Bestimmungen handelt es sich im wesentlichen um sog. „versteinertes Besatzungsrecht“, also Besatzungsrecht, welches bereits bei Abschluß des „Überleitungsvertrages“ keinerlei Disposition durch die deutsche Staatsgewalt unterlag.

„…keinerlei Disposition“ besagt für mich, dass hier wohl nicht von Freiwilligkeit gesprochen werden kann und Deutschland gar keine andere Wahl hatte als diesen Vertrag in dieser Form anzunehmen.

Und weiter auf Seite 8:

Der Fortbestand des Besatzungsrechts basiert darauf, dass die Bundesrepublik Deutschland freiwillig eine entsprechende völkerrechtliche Bindung eingegangen ist. Die Tatsache, dass sich ein Staat gegenüber anderen Staaten Bindungen auferlegt, ist jedoch kein Beweis für eine nur unvollständige Souveränität des Staates, sondern im Gegenteil gerade Ausfluß seiner Souveränität.

Überleitungsvertrag und „Feindstaatenklauseln“ im Lichte

(Download PDF)

Eine freiwillige völkerrechtliche Bindung kann auch über neue völkerrechtliche Verträge erreicht werden und bedarf nicht des Besatzungsrechts. Warum sich also Deutschland nicht einer solchen neuen, freiwilligen Bindung per neuem Vertrag bedient, mag damit zusammenhängen, dass ein offizieller Friedensvertrag offizielle Reparationszahlungen nach sich ziehen würde. Wobei diese Tatsache wohl für Deutschland besser wäre als die aktuell stattfindenden permanenten versteckten Zahlungen. Mit einem Friedensvertrag würde nämlich ein sichtbares Ende der faktischen Reparationszahlungen möglich werden, da diese in einem Friedensvertrag geregelt werden. Bis heute sind diese Ansprüche nicht geregelt.

Wer sich jetzt fragt, von welchen faktischen Reparationszahlungen spricht der eigentlich? Dem seien allein die Zahlungsverpflichtungen an die EU genannt, der Kauf von Monsanto durch Bayer (den kein Vorstand, der bei gesundem Menschenverstand ist, durchgeführt hätte), der Kauf von Voicestream USA für 40 Milliarden durch die Deutsche Telekom, der Kauf von Chrysler durch Daimler mit einem Schaden von über 60 Milliarden, der Kauf von von Rover durch BMW oder die „Zuschanzung der Leuna-Werke“ an ELF genannt. Und diese Liste ließe sich fast endlos fortführen. Immer wieder werden aus meiner Sicht deutsche Firmen genötigt angloamerikanische (Pleite-)Unternehmen aufzukaufen, um deren Verluste zu sozialisieren bzw. deren anstehenden Klagekosten (Monsanto) zu übernehmen. Aber ich lasse mich hier gerne eines Besseren belehren.

Obwohl dieses Gutachten bereits über zehn Jahre alt ist, hat sich an seiner Brisanz nichts geändert. Meiner Meinung nach gibt dieses Gutachten indirekt viele Antworten auf viele Fragen, die seit Jahr(zehnt)en gestellt werden. Aufkäufe wie die von Monsanto durch Bayer und selbst die Migrationswelle von 2015 ff. erscheint unter Berücksichtigung dieses Gutachtens in einem neuen Licht.

Quellen:
Bundespressekonferenz: Wieso gilt noch immer US-Besatzungsrecht in Deutschland?
Überleitungsvertrag und „Feindstaatenklauseln“ im Lichte der völkerrechtlichen Souveränität der Bundesrepublik Deutschland
Bayer muss krebskrankem Paar zwei Milliarden Dollar zahlen
Bayer-Deal bringt Monsanto-Chefs Millionen

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