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Eurozone: Von Italien, Mini-BOTs, Staatsschulden und GoldbeständenLesezeit: 5 Minuten

Euro Münzen - Bildquelle: Pixabay / Neocc; Pixabay License

Euro Münzen – Bildquelle: Pixabay / Neocc; Pixabay License

Erinnert sich noch jemand daran, wie die Bilderberger in den 1990ern dabei „halfen den Euro zu kreieren“? Und mit welchem Tamtam 1999 die Gemeinschaftswährung offiziell (erst 2001 dann in Form des Bargeldes) eingeführt wurde? Oder wie Goldman Sachs 2001 Griechenland dabei „half“ in die Eurozone aufgenommen zu werden? Und wie ein gutes Jahrzehnt später uns alles um die Ohren flog? Oder wie kurz darauf Spanien, Italien, Portugal und Irland von Deutschland und Frankreich despektierlich als PIIGS tituliert wurden?

Zwischenzeitlich war es medial recht ruhig um den Euro und die immer noch schwellende Eurokrise geworden. Doch mit Italien scheint wieder „Leben in diese Scharade“ zu kommen.

Seit gut zwei Jahren lesen und hören wir, dass die Finanzwelt Italien als möglichen Brandherd für die nicht endenwollende Eurokrise sieht. So hat Italien eine Gesamtverschuldung von über 2,3 Billionen Euro aufgebaut, einen mehr als maroden Bankensektor (auch weil diese italienische Anleihen aufkaufen [mussten]) und nun versucht sich Rom gerade gegen Brüssel im Kampf für ein höheres Staatsdefizit durchzusetzen.

Selbstredend kommt in der Berichterstattung der Hochleistungspresse kein Artikel ohne den Hinweis auf die „populistische, euroskeptische und extremistische Regierung Italiens“ aus. Dass „populistische Regierungen“ eher weniger geneigt sind über das von den Bankern hoch gehaltene Stöckchen zu springen, stößt natürlich nicht nur den Granden in Brüssel, sondern auch deren Helfershelfer in den Verlagshäusern sauer auf.

Dabei verschlimmern Beppo Grillo und Mattei Salvini mit ihrer Regierungskoalition die Schuldensituation Italiens zusätzlich, in dem sie die Steuern senken und über die Einführung eines „Bedingungslosen Grundeinkommens“ nachdenken. Aber wie will Italien ein solches finanzieren? Durch die Ausgabe von sogenannten Mini-BOTs. BOTs sind „Buoni Ordinari del Tesoro (Ordentliche Schatzanweisungen)“ – nicht jedoch die Mini-BOTs. Denn diese sind Schatztitel in kleiner Stückelung, die von der italienischen Regierung zur Bezahlung von Auftragnehmern oder für Steuererstattungen verwendet werden können. Im Wesentlichen handelt es sich bei solchen Mini-BOTs um Schuldverschreibungen, die direkt vom italienischen Finanzministerium ausgegeben werden, die als Parallelwährung zum Euro fungieren würden. Manche sehen darin sogar die ersten Schritte für einen Ausstieg Roms aus der Eurozone bzw. als Vorbereitung für einen möglichen „Italexit“. Andere sehen in den Mini-BOTs nichts weiter als ein taktisches Instrument Roms, um Brüssel zu einem Einlenken bzgl. des Defizits zu bewegen.

Die Gefahr einer Parallelwährung in der Eurozone – und die Möglichkeit, dass sich andere Staaten dem anschließen – dürfte in Brüssel für schlaflose Nächte sorgen. Egal aus welchem Blickwinkel man die Mini-BOTs betrachtet, die Idee dieser Mini-BOTs, die im Übrigen im Parteiprogramm der Regierungspartei Lega aufgeführt sind und die im italienischen Parlament in einer nichtbindenden Abstimmung vom Parlament bestätigt wurden, lässt immer mehr Investoren den Euroraum meiden.

Darüber hinaus kämpfen Brüssel und Rom an einer weiteren Front: dem Goldbestand der Zentralbank Italiens. Im März veröffentlichte die EZB eine Erklärung, die besagt, dass die Mitglieder der Eurozone „die Genehmigung der EZB einholen müssen, um die Goldreserven zu verwalten (must seek ECB approval to manage gold reserves)“. Die Aussage wurde vom EZB-Präsidenten Mario Draghi gegenüber „zwei italienischen Mitgliedern des Europäischen Parlaments“ gemacht.

Daraufhin haben die italienischen „Populisten“ begonnen ihre Hausaufgaben zu machen und haben zwei neue Gesetzesvorschläge eingebracht:

Ein Gesetz würde die Eigentümer der Zentralbank, die meisten davon Privatbanken, anweisen, ihre Aktien zu Preisen aus den 1930er Jahren an das italienische Finanzministerium zu verkaufen.
Das andere Gesetz würde das italienische Volk zu Eigentümern der Reserve der Bank von Italien von 2451,8 Tonnen Gold im Wert von rund 102 Milliarden US-Dollar zu aktuellen Preisen erklären. Ein solcher Schritt könnte theoretisch den Spielraum für den Verkauf des Goldes erweitern und die Bankreserven verringern, die das Finanzsystem stützen.

(One law would instruct the central bank’s owners, most of them private banks, to sell their shares to the Italian Treasury at prices from the 1930s.
The other law would declare the Italian people to be the owners of the Bank of Italy’s reserve of 2451.8 metric tons of gold, worth around $102 billion at current prices. Such a move could in theory widen the scope for selling the gold and reduce the bank’s reserves, which help underpin the financial system.)

Diese bemerkenswerte Auseinandersetzung zwischen der italienischen Zentralbank und der EZB bzgl. der Goldvorräte hat sich Ende letzten Monats nochmals zugespitzt, als die EZB Italien aufforderte, einen Verweis in den Statuten ihrer Zentralbank zu streichen, dass diese ein „exklusives Pfandrecht“ auf die italienischen Goldbestände besitzt. Oder in anderen Worten: die italienische Zentralbank ist nicht mehr der eigentliche Eigentümer des Goldes Italiens. Wer aber dann? Dreimal darf hier geraten werden…

Jetzt da der Kampf über die Kontrolle der italienischen Wirtschaft zu einem Kampf um die nicht gerade kleinen Goldbestände geworden ist, ist die Einführung dieser Mini-BOTs als Reaktion zu verstehen – und vielleicht gar als Beginn eines „Italexits“. Es scheint so zu sein, dass sich die Spannungen alsbald verstärken werden.

Quellen:
Italy vs. the Banksters
EU Triggers Italy Disciplinary Action as It Warns on Public Debt
Italien: Staatsverschuldung von 2008 bis 2018 (in Milliarden Euro)
Countries must seek ECB approval to manage gold reserves: Draghi
Italy’s ruling parties take aim at economy ministry over mini-BOTs
Italy’s Populists Covet Central Bank and Its Gold

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