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Finanzsystem: Wenn Deutschland fällt, fällt Europa – und dann?Lesezeit: 5 Minuten

Geht es der deutschen Wirtschaft schlecht, schlägt dies in den letzten Jahren auch auf Europa durch. Geht es Deutschland wirtschaftlich gesehen gut, hat auch das Konstrukt EU weniger Probleme. Auf diesen einfachen Nenner lässt sich die europäische Wirtschaft bringen. Doch diesmal könnte es anders sein. Denn Deutschlands wirtschaftliche, negative Entwicklung wird nicht nur Folgen für Europa, sondern für die ganze Welt haben.

Der größte Rückgang seit einem Jahrzehnt – Die deutsche Wirtschaft am Scheideweg

Das industrielle Kraftzentrum Europas hat im Jahresvergleich gesehen enorme Verluste hinnehmen müssen. So sank die Zahl der Auftragseingänge in Deutschland von Januar 2018 auf Januar 2019 um 2,7%, im April um 1,9% und im Mai um 2,2% im Vergleich zum Vorjahresmonat. Auf Jahressicht fiel diese Zahl um 8,6%, was den größte Einbruch in den letzten zehn Jahren darstellt.

Destatis Auftragseingänge Deutschland - Bildquelle: Destatis

Destatis Auftragseingänge Deutschland – Bildquelle: Destatis

Internationale Handelskriege und geopolitische Unsicherheiten sowie Sanktionen auf deutsche Handelspartner durch die USA haben die deutsche Wirtschaft schwer mitgenommen. Da die deutsche Wirtschaft eine Exportwirtschaft ist und fast die Hälfte der Produktion ins Ausland geht, schlagen diese Faktoren inzwischen voll durch. Neben einer geringeren Nachfrage nach deutschen Produkten in China (0,5% weniger im April), haben Strafzölle auf Stahl und Aluminium für sinkende Umsätze gesorgt. Neue mögliche Strafzölle auf deutsche Autos sowie ein „No Deal“-Szenario beim Brexit könnten die Lage zudem verschärfen.

Unternehmen reagieren mit Kurzarbeit

Zahlreiche Unternehmen haben auf diese Entwicklung mit Kurzarbeit reagiert. Das Ifo-Institut hat in einer Umfrage ermittelt, dass 8,5% der befragten Unternehmen mit der Einführung von Kurzarbeit in den nächsten drei Monaten rechnen. Dies entspricht dem größten Wert seit 2013. Noch im letzten Jahr haben nur 2,6% der Unternehmen mit dem Gedanken Kurzarbeit einzuführen gespielt. Dass die Kurzarbeit die manipulierten Arbeitslosenzahlen weiterhin unten hält, dürft ein netter Nebeneffekt sein, den gerade die Politik gerne sieht.

Die negativen Aussichten haben die Bundesbank dazu veranlasst, die Wirtschaftsprognosen abzusenken. Die Bundesbank sieht ein maximales Wachstum von 0,6%, was die ursprünglich für 2019 prognostizierten 1,6% mehr als halbiert.

Die EU un die Eurozone durchlebt aktuell eine spannungsgeladene Zeit. Einige Staaten wie die Südländer verzeichnen nach wie vor zweistellige Arbeitslosenzahlen (z.B. 18% in Griechenland). Italien befindet sich inzwischen in einer Rezession und die italienische Wirtschaft hat sich selbst 10 Jahre nach der Finanzkrise noch nicht auf das gleiche Niveau wie vor dem Crash erholt.

Dr. Lars Feld, Mitglied des Wirtschaftsrates, sieht Italien als drittgrößte Wirtschaftsnation in der Eurozone in einer echten Bankenkrise angekommen, die den Euro belasten könnte und zudem die italienischen Schulden noch über die aktuellen 132,2% des BIP vvn 2018 bringen wird. Eine Rezession in Italien mit einer gleichzeitig stattfindenden Abschwächung der Wirtschaft in Deutschland, die sich auch bei uns zu einer Rezession auswachsen wird, würde unausweichlich zu einer weltweiten Krise führen. Im letzten Jahr warnte Dr. Feld vor einer Verschlechterung der deutschen Wirtschaftsleistung, während die politische Kaste in Berlin diesen Umstand weiterhin ignoriert.

So hat der Finanzminister, Olaf Scholz, solche Warnungen heruntergespielt und verneint, dass die deutsche Regierung Pläne für eine Ankurbelung der Wirtschaft verfolgt. Er denkt, dass die „Lösung“ von Handelskriegen und des Brexit dazu führen wird, dass die Wirtschaft in 2020 wieder anspringt. Zudem glaubt Scholz, dass weitere Staatsausgaben zu einer Inflation führen können:

Wir sind nicht in einer Situation, die es notwendig macht oder in der es weise ist so zu agieren als wären wir in einer Krise. Wir sind es nämlich nicht.

Diese Aussage traf Scholz kurz nachdem die EZB bekannt gab, dass sie weiteres Geld in die Eurozone pumpen könnte. Mario Draghi sprach in diesem Kontext davon, dass die Wirtschaft (nicht nur in Deutschland) einen Anschub durch Staatsausgaben benötigen könnte.

Bereits im Jini ließ die EZB durchblicken, dass die Niedrigzinsphase bis Mitte 2020 bestehen bleiben könnte – sechs Monate länger als ursprünglich geplant. Gegebenenfalls könnte es gar zu weiteren Zinssenkungen kommen und auch die Ausweitung von QE-Maßnahmen sind wieder auf dem Tisch.

Aber eine solche Politik dürfte nicht gerade auf Gegenliebe bei der deutschen Regierung fallen, die weitere Stimulimaßnahmen als kontraproduktiv ansieht.

Damoklesschwert Inflation

Inflation. Wahrscheinlich eines der Themen, vor dem sich die deutsche Politik und der deutsche Michel am meisten fürchten. Als Exportweltmeister hochqualitativer Produkte würde die Inflation des Euros die Erträge schmälern. Während gleichzeitig Italien und andere Länder eine höherer Inflation benötigen, will Deutschland diese möglichst in Nähe der 2% belassen. Berlin hat sich und den Rest Europas in eine schier ausweglose Situation gebracht. Die Eurozone hat es ermöglicht, dass deutsche Banken Gelder in schwächere Euro-Staaten vergeben haben. Inzwischen fällt es aber diesen Kreditnehmern immer schwerer die Schulden bzw. die Belastungen zu tragen. Deutschland als Kreditgeber, als Geldgeber, als Verbraucher ist zu groß als das es fallen darf. Eine „deutsche Krise“ würde die Eurozone mit in den Abgrund und auch den Rest der Welt in Mitleidenschaft ziehen. Europa finanziert derzeit Deutschland mit, mit Zinsen Nahe Null. Doch wir nähern uns an einen Punkt an, an dem die normale ökonomische Logik nicht mehr greift. Investoren zahlen immer mehr um Deutschland Geld leihen zu dürfen, während Berlin immer billiger an Geld kommt wie das aktuelle Renditetief von -0,41% auf Zehnjahrespapiere zeigt:

Tweet Holger Zschäpitz - Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt Twitter

Tweet Holger Zschäpitz – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt Twitter

(Völlig absurd: Investoren zahlen immer mehr an #Deutschland, um dem Land Geld zu leihen. Berlin verkaufte 10-jährige Schuldanleihen im Wert von 2,345 Mrd. EUR bei einer neuen Rekordrendite von -0,41% gegenüber -0,26% bei einer Auktion im Juli. Bei der Auktion am 10. Juli stieg das Angebot von 1,2 auf 2.)

Die Deutsche Bank als Deutschlands größte Bank hat im letzten halben Jahr 15,7 Milliarden US-Dollar an Goldbeständen gekauft und deutsche Investoren gehen immer mehr in goldgedeckte Papiere. Ein starkes Indiz dafür, dass die Investoren mehr und mehr diversifizieren.

Letztlich bleibt unter dem Strich festzuhalten: fällt Deutschland als Motor aus, wird es nicht nur Europa an den Kragen gehen…

Quellen:
More Signs the Next Big Financial Crisis May Begin in Germany
Three Bank Failures Open New Chapter in Never-Ending Financial Crisis
Italy Government Debt to GDP
The Next Big Financial Meltdown Is Around the Corner, Many Voices Warn
Tweet Holger Tschäpitz
Deutsche Bank Collapse Could Crash Global Financial Markets

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