Systemfrage: Auf dem Weg in einen neuen Faschismus?

Ignazio Silone - Bildquelle: www.konjunktion.infoIgnazio Silone - Bildquelle: www.konjunktion.info

Ignazio Silone – Bildquelle: www.konjunktion.info

Naomi Wolf hat vor bald 13 Jahren einen Meinungsartikel im Guardian verfasst, der sich mit einem möglichen Faschismus in den USA beschäftigte. Anhand von 10 Schritten versuchte sie damals aufzuzeigen, dass sich das Land of the Free langsam aber sicher in ein faschistisches Monstrum verwandelt. Dieser Artikel ist heute noch online auf der Website des Guardian aufrufbar. Ihr Artikel bildet die Grundlage dieses Beitrages – nur dass wir nicht den Blick gen USA richten wollen, sondern ihre 10 Schritte auf Europa, respektive Deutschland anwenden wollen.

1. Erschaffe einen schrecklichen inneren und äußeren Feind

Die Erschaffung einer nie gekannten Gefahr ist ein alter Trick der herrschenden Klassen. Einmal waren es die Kommunisten, ein anderes Mal die Juden. Heute hat im Äußeren diese Rolle der islamistische Terror übernommen. Eine Hydra-artige Selbstschöpfung der westlichen „Wertegemeinschaft“, die immer dann „in Aktion“ tritt, wenn den Menschen neue, verschärfte Überwachungs- und Kontrollgesetze „schmackhaft gemacht werden sollen“. Im Inneren sind es all die kritischen Geister, die sich noch gegen den immer mehr um sich greifenden politischen Wahnsinn von Gender bis Mensch gemachten Klimawandel stellen. All jene, die im immer enger werdenden Diskursraum als Ewiggestrige, Nazis, Verschwörungstheoretiker oder Antisemiten gebrandmarkt werden – meist nur weil sie sich nicht der politischen Korrektheit unterwerfen wollen. Galt früher der Spruch, dass die Justiz auf dem rechten Auge blind sei, hat sich diese Blindheit in meiner Wahrnehmung nach links verschoben, während gleichzeitig ein massiver gesellschaftlicher Linksruck stattgefunden hat, bei dem ehemals konservative Ideale der Mitte plötzlich nach rechts wanderten.

2. Baue ein Gulag auf

Wolf schreibt, dass der Aufbau solcher Gulags dann erfolgt, sobald man die Gesellschaft vollständig durch die inneren und äußeren Gefahren verängstigt hat. Noch haben wir in Europa und Deutschland kein Guantanamo Bay, in dem einfache Bürger, die von der herrschenden Klasse als Querulanten, Außenseiter, „Feinde der Gesellschaft“ oder schlicht Kriminelle tituliert werden. Noch… Aber die Auswüchse gerade im Klimastreit zeigen, dass wir uns gesellschaftlich so auseinander treiben lassen, dass die große Gefahr besteht, dass in nicht all zu weiter Zukunft durchaus die „Klimleugner“ und all die anderen „Skeptiker“ weggesperrt werden könnten.

3. Baue eine Schlägerkaste auf

Ich schrieb unter 1., dass die deutsche Justiz heute vermehrt linksblind ist. Dies lässt sich auch gut mit den immer gewalttätigeren Linksautonomen belegen. War es früher der Schwarze Block, sind es heute die Linksextremisten, die als Art Schlägerkaste auftreten ohne gleichzeitig der Gesetzsprechung zu unterliegen wie der Normalbürger. Sehr viele Aktionen der Linken stehen außerhalb der Rechtsnormen und Gesetze und trotzdem geht der Staat nicht in der eigentlich zu erwartenden Härte des Gesetzes gegen diese vor. Warum? Weil sie vielleicht als verlängerter Arm dem Staat zuarbeiten?

4. Baue ein Überwachungssystem auf

Im Dritten Reich war es der Blockwart. Heute ist die Kontrolle und Überwachung so engmaschig geworden, dass die „Schere im eigenen Kopf“ diesen ersetzt. Darüber hinaus findet eine indirekte Zensur statt, indem man Privatunternehmen wie Facebook oder Twitter durch Millionenstrafen dazu bringt, Zensur auszuüben, wenn sie keine Strafen befürchten wollen. Hassrede und NetzDG sind zwei Punkte, die Teil dieses Überwachungssystems sind. Auch die immer mehr vorangetriebene Bargeldabschaffung ist in diesem Kontext zu nennen. Auch sie dient letztlich der Überwachung und Steuerung der Menschen.

5. Rücke Bürgerbewegungen in ein schlechtes Licht

Will man den Gegner schwächen, ist die Infiltration derselben eine adäquate Methode dies zu erreichen, um dann diese Gruppierungen zu übernehmen, durch bestimmte Taten in ein schlechtes Licht zu rücken und am Ende zu zerstören. Die Montagsdemos waren ein Paradebeispiel für dieses Vorgehen. Jede Gruppe, die dem Establishment schaden könnte odre deren Machenschaften offen anspricht, wird am Ende übernommen und an die Wand gedrückt, bis sie bedeutungslos geworden ist. Occupy Wallstreet, aber auch die Ursprünge der Piraten Partei sind diesem Vorgehen zum Opfer gefallen. Und auch zukünftige Bürgerbewegungen werden das gleiche Schicksal teilen – außer deren Ideen dienen dem Establishment.

6. Willkürliche Inhaftierungen und Freilassungen

Noch ist dieser Punkt in Europa bzw. Deutschland nicht an der Tagesordnung. Noch finden keine willkürlichen Inhaftierungen statt. Noch können Kritiker ihre Stimme erheben. Sie müssen nur bereit sein den gesellschaftlichen Todesstoß zu akzeptieren, der meist darauf folgt. Die gesellschaftliche Ausgrenzung hat aus meiner Sicht die willkürliche Inhaftierung ersetzt. Andere Meinungen – selbst mit Fakten unterlegt – sind heute nicht mehr diskutabel und stehen außerhalb des Debattenraums (Stichwort Rezo). Wenn wir in einer Gesellschaft anderen Meinungen das Wort verbieten, ist dies auch eine Art der willkürlichen Inhaftierung – im Kopf eines jeden Einzelnen.

7. Mache Schlüsselpersonen zu Zielen

Es gibt dieses geflügelte Wort, eine Person an den Pranger zu stellen, um damit Hunderte zu erziehen. Allein der Arbeitsplatzverlust, der Verlust an Aufträgen oder der Verlust nicht mehr in der Öffentlichkeit „vorzukommen“ reicht heute, um Menschen auf Linie zu bringen. Mussolini verfolgte die Rektoren der Universitäten, Goebbels die Akademiker, die sich gegen die NSDAP aussprachen. Immer dann, wenn sich Personen als Kristallisationspunkte nach vorne schieben (siehe auch Maaßen), dann werden diese heute nicht nur medial fertig gemacht, sondern gesellschaftlich zerstört. Diese Strategie wird heute mehr denn je eingesetzt und dürfte eine der effektivsten Methoden sein, politische Gegner erst überhaupt nicht entstehen zu lassen.

8. Kontrolliere die Medien

Italien in den 1920er, Deutschland in den 1930ern, Ostdeutschland in den 1950ern, Tschechoslowakei in den 1960ern, Lateinamerika in den 1970ern, China in den 1980ern und 1990ern – immer war der echte Journalist eines der ersten Opfer in diesen Diktatoren bzw. totalitären Systemen. Heute sind die Medien zu klassischen Erfüllungsgehilfen geworden, die der Politik und ihren Besitzern den Mund reden. Kritischer Journalismus alter Prägung ist zur Mangelware geworden. Eine Medienlandschaft, die als Lückenpresse, Lügenpresse, Hochleistungspresse oder ironisch als Qualitätsmedien betitelt wird, hat aber immer noch die Macht die Massen zu manipulieren und damit zu lenken. Auch wenn die Konsumenten kritischer geworden sind, verlassen sich immer noch viel zu viele als alleinigen Informationspool auf ARD, ZDF, FAZ, SZ und Co. Wie wichtig eine kontrollierte Medienlandschaft ist, die die Meme des Establishments und der Politik transportiert, zeigen allein die Überlegungen, dass zukünftig auch die klassischen Printmedien in den Genuss einer „Print-GEZ“ kommen bzw. aus Steuermitteln Unterstützungsleistungen beziehen können sollen.

9. Werte Widerspruch als Verrat

Geht man nicht mit der veröffentlichten Meinung d’accord, dann schallt es heute aus Politik und Medienwald: „Betrüger, Verschwörungstheoretiker, Rechter oder schlimmeres“. Kritik wird gleichgesetzt mit Verleugnung. Der Meinungsraum wird immer enger; Diskurs findet immer mehr in einen nur begrenzten, abgesteckten Meinungsraum statt. Themen werden als nicht mehr diskussionswürdig deklariert, weil „wissenschaftlich bereits alles geklärt sei und ein wissenschaftlicher Konsens herrsche“ (Rezo). Gerade die Klimadebatte zeigt, eine andere Sicht auf die Dinge wird wie der klassische Verrat gewertet. Nicht mehr Fakten und Logik zählen, sondern es genügt der Hinweis auf einen angeblichen Konsens, der sich bei genauerer Betrachtung als nicht haltbar herausstellt. Beim Dritten Reich sprach man von Gleichschaltung der Presse. Ein Vorgang, der heute natürlich in keinster weise stattfinden könnte. Wirklich?

10. Hebe die Rechtsstaatlichkeit auf

Verliert ein Systems seine Rechtsstaatlichkeit, dann ist dieses System zum Scheitern verurteilt. Rechtsstaatlichkeit ist das Bindeglied, das eine Gesellschaft zusammen hält. Gibt es keine Rechtsstaatlichkeit mehr, auf die sich der einzelne Bürger verlassen kann, gelten nicht mehr die Gesetze für alle gleich, dann verliert ein System, respektive ein Staat, seine Legitimation und kann von denjenigen Kräften hinweggefegt werden, die anstatt eines von Rechtsstaatlichkeit geprägten Staates ein faschistisches, totalitäteres System installieren wollen. Ein Blick auf die unterschiedlichen „Auslegung der Rechtssprechung“ bei deutschen Gerichten zeigt, wie weit dieser Vorgang bereits gediehen ist. Eine Rechtsstaatlichkeit ist in vielen Bereichen nicht mehr gegeben. Während man die Kleinen hängt, lässt man die Großen laufen. Während kritische Stimmen, die volle Härte des Gesetzes erfahren, werden Unterstützter mit Samthandschuhen angefasst. Sprach man immer von einer Zweiklassengesellschaft im Gesundheitssystem (wo wir inzwischen wohl eher bei einem Dreiklassensystem angekommen sind), müssen wir diese Zweiklassengesellschaft heute auch bei unserem Justizsystem konstatieren.

Conclusio

Dem einen oder anderen Leser mag diese Betrachtung über ein immer faschistischer werdendes System in Europa und in Deutschland (noch) zu weit hergeholt erscheinen. Aber hier hilft aus meiner Sicht der Blick in die Vergangenheit. Ein Blick zurück, der nicht 50 oder 40 Jahre umfassen muss. Es reichen bereits die letzten 10 Jahre, um zu sehen wie sehr sich sowohl der politische Kurs komplett verändern hat als auch wie sich die hier geschilderten Punkte immer mehr materialisiert haben. Leider ist es so, dass schleichende Veränderungen nicht so wahrgenommen werden, wie große, einschneidende. Daher mögen diese 10 Punkte und deren „aktueller Stand der Dinge“ vielen Menschen gar nicht so sehr auffallen, aber sie werden vor unser aller Augen realisiert. Im Hier und Jetzt.

Quellen:
Wikiquote – Ignazio Silone
Fascist America, in 10 easy steps

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