Systemfrage: Der kurze Weg zum „Großen Neustart“Lesezeit: 12 Minuten
Die am 3. Juni vom Weltwirtschaftsforum (WEF) enthüllte „Agenda des Großen Neustarts (The Great Reset)“ scheint oberflächlich betrachtet ein neu entwickeltes Konzept zu sein, das als direkte Reaktion auf Covid-19 geschaffen wurde. Wie sich herausstellt, wurden die ersten Sondierungen für einen solchen „Neustart“ aber bereits 2014 vorgenommen.
Um die Bedeutung des Eingreifens des WEF richtig einordnen zu können, ist es wichtig, sich zunächst die Jahre bis 2020 anzuschauen und die Art und Weise herauszuarbeiten, wie die Internationalisten/Globalisten/Eliten (IGE) die Grundlagen für das gelegt haben, wo wir heute stehen.
Das Jahr 2014
Jedes Jahr im Januar veranstaltet das WEF sein jährliches Treffen in Davos, Schweiz. Im Jahr 2014 rief Christine Lagarde, die damals geschäftsführende Direktorin des IWF war, zu einem „Neustart (Reset)“ der Geldpolitik, des regulatorischen Umfelds des Finanzsektors und zu Strukturreformen der Weltwirtschaft auf.
Lagarde bestand darauf, dass ein „Neustart in einer Art und Weise, in der die Wirtschaft weltweit wächst (in the way in which the economy grows around the world)“, erforderlich sei. Zur Verdeutlichung wies Lagarde auf die Gefahren für die Finanzstabilität hin, die sich aus „hier und da entstehenden Blasen (bubbles developing here and there)“, den weltweit über 200 Millionen Arbeitslosen und einem zu langsamen Wirtschaftswachstum ergeben.
In den letzten Jahren bin ich immer wieder auf die geldpolitischen Aspekte des von Lagarde und den IGE propagierten „Neustarts“ eingegangen. So schrieb ich unter anderem, wie die US-Notenbank zum Zeitpunkt der Lagarde-Intervention ihr Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Quantitative Lockerung), das nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers, der die Finanzkrise von 2008 auslöste, eingeführt wurde, verschärft hat.
Ende 2014 hatte die US-Notenbank ihr Quantitative Easing vollständig beendet. Ein Jahr später, im Dezember 2015, begann die Fed zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren die Zinsen zu erhöhen und führte später zudem ein Programm zum Abbau von Vermögenswerten ein, bei dem die Zentralbank Vermögenswerte aus ihrer Bilanz abzuverkaufte.
Für Lagarde ist die internationale Zusammenarbeit für einen erfolgreichen Neustart unerlässlich und essenziell. Ohne die Zusammenarbeit der einzelnen Staaten würde es wahrscheinlich zu Instabilitäten und Turbulenzen an den Märkten kommen. Im oben verlinkten Interview mit Bloomberg anlässlich des WEF-Treffens betonte Lagarde die Bedeutung der „Mittelfristigkeit“, wenn es darum gehe, die Neuausrichtung zu erreichen:
Die Kurzfristigkeit kollidiert mit der Mittelfristigkeit, aber es geht darum, die Mittelfristigkeit in die persönliche, politische und unternehmerische Gleichung einzubringen. Und das ist die Aufgabe des IWF.
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(The short term collides with the medium term but the question is to bring the medium term into the personal, political and corporate equation. And that’s the job of the IMF.)
Das Jahr 2015
Rückblickend war 2015 ein höchst bedeutsames Jahr, in dem die „globalen Planer“ ganz offen ihre Ambitionen für eine Neue Weltordnung formulierten, die in den nächsten anderthalb Jahrzehnten umgesetzt werden soll.
Zuerst wurde im September die Agenda 2030 der Vereinten Nationen vorgestellt, und mit ihr siebzehn Hauptziele, die so genannten Ziele für nachhaltige Entwicklung. Die Agenda 2030 wurde von den 193 Mitgliedern der UN verabschiedet, wobei die Verabschiedung mit dem 70. Jahrestag des Bestehens der Institution zusammenfiel.
Die wichtigsten der siebzehn Ziele waren die Beseitigung der Armut bis zum Jahr 2030 und die Beseitigung des Hungers. Handlungsbedarf bestünde auch beim Klimawandel, bei der Schaffung nachhaltiger Städte und Gemeinden sowie bei der „Gesundheit und beim Wohlbefinden“ (was die UN direkt mit dem Impfthema in Verbindung bringt).
Die Agenda 2030 ersetzte die Millenniums-Entwicklungsziele (Millennium Development Goals), die im Jahr 2000 eingeführt worden waren und eine Reihe von Zielen umfassten, die bis 2015 erreicht werden sollten. Laut UN seien „enorme Fortschritte“ erzielt worden, „aber es muss noch mehr getan werden“.
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, was die UN unter „mehr“ versteht, sagte Claire Melamed, die 2015 Direktorin der globalen Denkfabrik Overseas Development Institute war, als die Ziele für nachhaltige Entwicklung unterzeichnet wurden, gegenüber der BBC:
Wenn sie erreicht werden sollen, müssen wir riesige Geldsummen aufbringen. Wir werden sehen müssen, dass die Regierungen sich völlig anders verhalten werden. Wir werden sehen müssen, dass Unternehmen ihre Geschäftspraktiken völlig ändern. Das ist möglich, aber die eigentliche Frage ist, ob wir es stark genug wollen.
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(If they’re going to be met we’re going to have to see huge amounts of money. We’re going to have see governments behaving in a completely different way. We’re going to have to see companies totally changing their business practices. It can be done, but the real question is whether we want to do it enough.)
Melamed ist jetzt Geschäftsführerin der Global Partnership for Sustainable Development Data. Zu den Finanzierungspartnern der Organisation gehören die Bill and Melinda Gates Foundation, die wiederum eine prominente Organisation bei den Bemühungen um einen Impfstoff zur Immunisierung von Menschen gegen Covid-19 ist.
Im Dezember 2015, drei Monate nach der Ankündigung der Agenda 2030, kam es auf der COP21-Konferenz zur Gründung des Pariser Klimaabkommens. Das Abkommen knüpft direkt an die Vereinten Nationen an und bewegt sich im Rahmen der Klimarahmenkonvention der UN. Es war das erste universelle und rechtsverbindliche Abkommen zu diesem Thema überhaupt.
Um die Ziele des Abkommens zu erreichen, von denen eines die Begrenzung der globalen Erwärmung auf unter zwei Grad ist, „werden angemessene Finanzströme, ein neuer technologischer Rahmen und ein verbesserter Rahmen für den Aufbau von Kapazitäten geschaffen, wodurch die Maßnahmen der Entwicklungsländer und der am stärksten gefährdeten Länder im Einklang mit ihren eigenen nationalen Zielen unterstützt werden (appropriate financial flows, a new technology framework and an enhanced capacity building framework will be put in place, thus supporting action by developing countries and the most vulnerable countries, in line with their own national objectives)“.
Bisher haben 189 der 197 Länder, die an der Pariser Konferenz teilnahmen, das Abkommen ratifiziert. Im Oktober 2016 wurde die erforderliche Schwelle erreicht, damit das Abkommen in Kraft treten kann.
Das Jahr 2016
Mit der Agenda 2030 und dem Pariser Klimaabkommen, das nun in Kraft gesetzt wurde, setzte das Weltwirtschaftsforum (das die Ziele der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung voll unterstützt) auf das Thema der Vierten Industriellen Revolution (4IR) für seine Jahrestagung. Bei dieser Vierten Industriellen Revolution geht es vornehmlich darum, alle Interessensgruppen des globalen Gemeinwesens einzubeziehen, d.h. die volle Einbeziehung des öffentlichen und privaten Sektors, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft. Zu den Aspekten der Revolution gehören u.a. die Probleme bei Arbeitsplätzen und Qualifikationen, bei der Geschäftstätigkeit, Innovation und Produktivität, agile Regierungsführung sowie Sicherheit und Konflikte.
Zweitens sind durch diese Bereiche eine ganze Reihe von Anliegen miteinander verbunden, die den Aufstieg der Blockchain-Technologie, die globale Regierungsführung, die Zukunft der Unternehmen, der Arbeitskräfte und der Beschäftigung, die Zukunft der Regierung, die Zukunft der Produktion, die nachhaltige Entwicklung und die sozialen Sicherungssysteme umfassen.
Die Revolution wird als digitale Revolution bezeichnet, bei der die „Fusion der Technologien“, die die physische, digitale und biologische Sphäre verkörpern, zusammenkommen. Künstliche Intelligenz, Robotik, Nano- und Biotechnologie sind alle Teil der Vision für 4IR.
Der WEF-Gründer Klaus Schwab machte sehr deutlich, dass die Welt erwarten kann, dass die Revolution eine „Symbiose zwischen Mikroorganismen, dem menschlichen Körper, den von Menschen konsumierten Produkten und den von uns bewohnten Gebäuden“ sein wird. Eine Konsequenz daraus ist, dass der Mensch nicht mehr nur Nutzer der Technologie sein wird, sondern dass er beginnen wird, sowohl mit der digitalen als auch mit der biologischen Welt zu konvergieren, um ein Teil von ihr zu werden (Stichwort Transhumanismus). Eine zweite Konsequenz ist, dass jede Industrie auf dem Planeten einer gewissen „Störung“ unterworfen sein wird, wenn die 4IR voranschreitet, was zu einer Veränderung der Produktions-, Management- und Verwaltungssysteme führen wird.
Aber das ist noch nicht alles. Außerhalb des Arbeitsplatzes werden sich die menschliche Identität, die Privatsphäre, die Vorstellungen von Eigentum, die Konsummuster, die Zeit für Arbeit und Freizeit, die Art und Weise, wie wir uns als Individuen entwickeln und wie wir Menschen begegnen und Beziehungen pflegen, ändern müssen, um der 4IR „gerecht zu werden“. Seit dem Beginn von Covid-19 haben viele dieser Dinge bereits erhebliche „Störungen“ erfahren.
Kurz nach dem WEF-Treffen von 2016 erlebte die Welt erhebliche geopolitische Unruhen: Großbritannien stimmte für den Austritt aus der Europäischen Union und Donald Trump wurde zum 45. Präsidenten der USA gewählt.
Das Jahr 2019
Drei Jahre nachdem das Weltwirtschaftsforum einen bedeutenden technologischen, politischen und gesellschaftlichen Wandel ankündigte, kehrte es mit einem neuen Thema zurück – der „Globalisierung 4.0: Gestaltung einer neuen Architektur im Zeitalter der Vierten Industriellen Revolution (Globalization 4.0: Shaping a New Architecture in the Age of the Fourth Industrial Revolution)“. Der Vorstandsvorsitzende Klaus Schwab des WEF wiederholte damals, dass „unsere Gesundheits-, Transport-, Kommunikations-, Produktions-, Verteilungs- und Energiesysteme – um nur einige zu nennen – völlig umgestaltet werden (our systems of health, transportation, communication, production, distribution, and energy – just to name a few – will be completely transformed)“. Zur Bandbreite der Transformation gehöre auch die Blockchain– und Distributed-Ledger-Technologie, zwei grundlegende Komponenten auf dem Weg zu einem globalen digitalen Währungsnetzwerk.
Im Kontext der „Globalisierung 4.0“ beschrieb Schwab die heutige Zeit als „Ära der weit verbreiteten Unsicherheit und Frustration (era of widespread insecurity and frustration)“ und fuhr fort, diesem Umfeld die Schuld für den zunehmenden Populismus zu geben.
Was Schwab nicht direkt erwähnte, ist, wie ein Wiederaufleben protektionistischer Tendenzen dem WEF dabei half, das Argument für 4IR durchzusetzen. Je grösser der Grad der globalen Uneinigkeit, desto mehr Möglichkeiten haben Gruppen wie das WEF, das Konzept einer Neuen Weltordnung zu kultivieren und die Menschen von der Notwendigkeit einer solchen zu überzeugen. Globalisierung 4.0 ist eine Facette von 4IR, eine Vision, der sich Schwab vorbehaltlos verpflichtet fühlt:
Die Globalisierung 4.0 hat gerade erst begonnen, aber wir sind schon jetzt bei weitem nicht ausreichend auf sie vorbereitet. An einer überholten Denkweise festzuhalten und an unseren bestehenden Prozessen und Institutionen herumzubasteln, wird nicht ausreichen. Vielmehr müssen wir sie von Grund auf neu gestalten, damit wir die neuen Möglichkeiten, die sich uns bieten, nutzen können, ohne dass es zu Störungen kommt, wie wir sie heute erleben.
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(Globalization 4.0 has only just begun, but we are already vastly underprepared for it. Clinging to an outdated mindset and tinkering with our existing processes and institutions will not do. Rather, we need to redesign them from the ground up, so that we can capitalize on the new opportunities that await us, while avoiding the kind of disruptions that we are witnessing today. )
Schwab weiter:
Bereit oder nicht. Eine neue Welt steht uns bevor.
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(Ready or not. A new world is upon us.)
Fünf Monate nach der WEF-Tagung führte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) ein neues Konzept mit dem Namen „BIZ-Innovationszentrum“ ein, das auch als „Innovation BIZ 2025 (BIS Innovation Hub)“ bekannt ist. Die BIZ beschrieb dieses Innovationszentrum dabei als eine mittelfristige Strategie, die aus drei Hauptelementen besteht:
- Identifizierung und Entwicklung eingehender Einblicke in kritische Technologietrends, die das Zentralbankwesen betreffen (Identify and develop in-depth insights into critical trends in technology affecting central banking)
- Öffentliche Güter im Technologiebereich zu entwickeln, um die Funktionsweise des globalen Finanzsystems zu verbessern (Develop public goods in the technology space geared towards improving the functioning of the global financial system)
- Als Anlaufstelle für ein Netzwerk von Zentralbankexperten für Innovation (Serve as a focal point for a network of central bank experts on innovation)
Bei der Vorstellung des Innovationszentrums sprach der BIZ-Generaldirektor Agustin Carstens von einer „Neugestaltung der Finanzlandschaft (reshaping the financial landscape)“ nach „den Narben, die die Finanzkrise hinterlassen hat (the scars left by the financial crisis)“. Gemäss Carstens sei es jetzt an der Zeit, die Arbeitsweise der Zentralbanken zu reformieren.
Bei einem Blick in den BIZ-Innovationszentrum wird deutlich, dass der Kern des Projekts die Schaffung einer digitalen Zentralbankwährung (Central Bank Digital Currency, CBDC) ist. In der Praxis würde dies die Abschaffung materieller Vermögenswerte wie Banknoten und Münzen und die Schaffung einer neuen Form von digitalem Geld bedeuten, das von den Zentralbanken ausgegeben wird.
Globale Zahlungssysteme werden derzeit reformiert, um die Verwendung von Blockchain– und Distributed-Ledger-Technologie zu ermöglichen, und die Zentralbanken beginnen nun damit, technologische Details zu verbreiten, wie ein CBDC ausgegeben werden könnte.
Gegenwärtig unterstützt ein unbeständiges geopolitisches Klima, das durch Covid-19 und die unbewiesene Furcht, dass der Umgang mit physischem Geld den Virus übertragen könnte, die BIZ bei ihren Bestrebungen, die Art und Weise, wie die Öffentlichkeit in den kommenden Jahren mit Zentralbankgeld umgehen wird, völlig neu zu gestalten.
Wir sehen also, dass der „Große Neustart“ kein von heute auf morgen entstandener Gedanke der IGE ist, sondern von langer Hand über Jahre (vielleicht sogar Jahrzehnte) geplant wurde. Auch wenn die Hochleistungspresse hier gerne die „Verschwörungstheoriekeule“ auspackt, muss es für jeden mit einem Funken Resthirn ersichtlich sein, dass hier gezielt im Windschatten von Corona eine Agenda abgearbeitet wird.
Quellen:
How We Arrived at the Globalist Calls for a ‘Great Reset’
WEF – The Great Reset
Monetary Policy ‘Reset’: From Rhetoric to Actuality
Christine LaGarde: Reset – Interview With Christine LaGarde IMF
Historic New Sustainable Development Agenda Unanimously Adopted by 193 UN Members
World leaders adopt Sustainable Development Goals
UN approves new sustainable development goals
UN The Paris Agreement
Fourth Industrial Revolution: Mission Creep towards a New World Order – Part One
Why Dismissing Globalist Warnings as ‘Project Fear’ May Prove a Mistake
Innovation BIS 2025: A Stepping Stone Towards an Economic ‘New World Order’
A Look at CBDC Developments at the Bank of England – Part One
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