Letzte Woche gab die Bank of England (BoE) bekannt, dass sie Accenture, eine große, weltweit tätige Beratungsfirma, als ihren „Technology Delivery Partner“ für die Erneuerung des britischen Echtzeit-Bruttozahlungssystems (Real Time Gross Settlement, RTGS) ernannt hat. Die Nachricht stand im Einklang mit dem Zeitplan der BoE, bis Sommer 2020 über einen Technologiepartner zu entscheiden.
Bevor wir uns mit den weiteren Auswirkungen der Partnerschaft von Accenture mit der britischen Notenbank befassen, lohnt es sich, einige Dinge über das Unternehmen zu erwähnen.
Erstens: Abgesehen von der neu eingegangenen Beziehung mit der BoE ist Accenture zudem ein strategischer Partner des Weltwirtschaftsforums (WEF) und dies seit zwanzig Jahren. Dabei handelt es sich um dasselbe WEF, das lautstark das Konzept eines „Großen Neustarts (Great Reset)“ in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft, Geopolitik, Umwelt und Technologie propagiert und vorantreibt.
Zweitens versorgt Accenture das Unternehmen R3 mit IT-Lösungen. R3 ist eine „Enterprise Blockchain Software Company“, die eine auf verteilten Ledgern basierende Plattform namens „Corda“ betreibt. Dies ist insofern relevant, als R3 im Jahr 2018 neben mehreren anderen Institutionen an einem von der BoE geleiteten „RTGS Renewal Programme Proof of Concept (in etwa Machbarkeitsstudie)“ teilgenommen hat. Der Sinn des Konzepts bestand darin, zu prüfen, ob die Systeme von R3 und ihren Pendants an das erneuerte RTGS angeschlossen werden können. Das Endergebnis zeigte, dass sie es konnten.
Victoria Cleland (Executive Director of Banking, Payments and Innovation der BoE) kommentierte die Partnerschaft zwischen Accenture und der BoE mit den Worten, dass sie „einen wichtigen Meilenstein in unserem ehrgeizigen und aufregenden Programm zur Erneuerung des RTGS (a key milestone in our ambitious and exciting Programme to renew RTGS)“ darstelle und betonte, dass das RTGS-Erneuerungsprogramm eine der Hauptprioritäten der BoE sei, und fügte hinzu, dass „der erneuerte RTGS-Service nicht nur allen im Land, die Zahlungen leisten, zugute kommen wird, sondern auch dazu dient, Großbritannien an der Spitze der Innovation im Zahlungsverkehr zu halten (the renewed RTGS service will be designed not only to benefit everyone in the country who makes payments, but to keep the UK at the leading edge of payments innovation)“.
Sulabh Agarwal, Managing Director bei Accenture, sagte, dass „das erneuerte System den Finanzinstituten den Zugang zu einer moderneren und sichereren Zahlungsplattform ermöglichen wird, die zukunftsfähig ist (the renewed system will enable financial institutions to access a more modern and secure payments platform which is fit for the future)“.
Das in der Pressemitteilung dargelegte Ziel besagt, dass das neue RTGS ab 2022 zur Verfügung stehen wird. Dies wird durch einen vor kurzem von der Bank veröffentlichten „RTGS Renewal Programme Plan“ bestätigt. Es sind mehrere Stufen des Übergangs geplant, bis die erneuerten Dienste zwischen 2023 und 2024 online gehen. Das Programm wird im Jahr 2025 abgeschlossen, wenn das erneuerte RTGS voll funktionsfähig ist.
Wer eine tiefergehende Analyse zum Thema RTGS sucht, findet hier entsprechende Hintergründe in englischer Sprache.
Am meisten beunruhigt dabei die mögliche Wechselwirkung zwischen dem erneuerten RTGS und der zukünftigen Ausgabe einer digitalen Währung der Zentralbank Grobritanniens (eine sogenannte CBDC Central Bank Digital Currency). Einige neue Informationen, unterstreichen dies.
Die erste stammt vom Juni 2019, als die BoE die „neuesten Überlegungen zur Verwendung von APIs zur Verbesserung der Interaktion der Benutzer mit dem erneuerten Echtzeit-Brutto-Abwicklungsdienst (RTGS) (latest thinking on using APIs to enhance how users interact with the renewed Real-Time Gross Settlement (RTGS) Service)“ diskutierte. API steht für „Application Programming Interface (Anwendung- und Programmschnittstelle)“ und wird von der Bank als „eine Reihe von Funktionen und Verfahren beschrieben, die die Erstellung von Anwendungen ermöglichen, die auf die Funktionen oder Daten eines Betriebssystems zugreifen (a set of functions and procedures allowing the creation of applications that access the functions or data of an operating system)“.
Ich erwähne dies deshalb, weil die BoE bereits im März 2020, als es ein 57-seitiges Diskussionspapier mit dem Titel „Central Bank Digital Currency – Opportunities, Challenges and Design“ veröffentlichte und über eine API in Verbindung mit „Payment Service Providers“ für eine CBDC sprach.
Um Zugang zur CBDC zu erhalten, müssten sich Kunden bei einem Anbieter registrieren. Dies wäre jedoch an bestimmte Bedingungen geknüpft. Die Identität der Nutzer müsste authentifiziert werden, sowohl für die Eröffnung eines Kontos als auch für Zahlungen, um sie vor Betrug zu schützen und die Geldwäsche zu unterbinden. Auf das Recht auf Anonymität müsste verzichtet werden.
Was die Abwicklung von CBDC-Zahlungen betrifft, so erwähnte die BoE in diesem Papier, dass Transaktionen zwischen Nutzern desselben Anbieters über ihre eigenen Systeme laufen könnten und nicht durch das Hauptbuch der Bank ratifiziert werden müssten. Aber CBDC-Zahlungen zwischen zwei verschiedenen Anbietern – sagen wir Barclays und Santander – müssten durch das Hauptbuch und damit durch die Systeme der BoE laufen.
Mit den „Payment Interface Providers“ ist etwas verbunden, das als „Application Programming Interface“ (API, siehe auch oben) bezeichnet wird. Dies würde es Anbietern aus dem privaten Sektor ermöglichen, sich mit dem Hauptbuch der BoE zu verbinden. Jeglicher unautorisierte Zugang würde automatisch blockiert werden, da nur regulierte Firmen Zugang erhalten würden.
Kurz gesagt, die API würde zwischen den „Payment Interface Providern“ als eine Mauer der Sicherheit in einem CBDC-System stehen. Die Tatsache, dass eine API als Teil des erneuerten RTGS sowie eines zukünftigen CBDC diskutiert wird, ist ein Hinweis auf seine Relevanz.
Die zweite Information stammt von einem Treffen, das am 2. Juni 2020 vom externen Beratungsgremium des RTGS-Erneuerungsprogramms abgehalten wurde. Zu den Teilnehmern dieses Gremiums gehören Barclays und die Lloyds Banking Group. Neben der Erörterung der neuesten Aktualisierungen des erneuerten RTGS-Programms war der letzte Punkt des Treffens dem Thema „Central Bank Digital Currency (CBDC)“ gewidmet und wurde wie folgt protokolliert:
Es wurde ein Update über die Arbeit der Bank of England im Bereich der Central Bank Digital Currency (CBDC) gegeben, mit besonderem Schwerpunkt auf dem Diskussionspapier, das im März 2020 veröffentlicht wurde. Es wurde erklärt, dass die Bank keine Entscheidung getroffen habe, eine CBDC herauszugeben. Das Papier sollte als Grundlage für Diskussionen über die Art und Weise dienen, in der eine inländische CBDC möglicherweise eine nützliche Rolle bei der Verwirklichung der Ziele der Bank spielen könnte.
Die CBDC werde mit anderen Zentralbanken weiter untersucht. Eine wichtige Überlegung war, ob sich die Öffentlichkeit für eine CBDC entscheiden würde und welche Auswirkungen dies auf die Finanz- und Währungsstabilität hätte.
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(An update was provided on the Bank of England’s work on Central Bank Digital Currency (CBDC), with a particular focus on the discussion paper, published in March 2020. It was explained that the Bank had taken no decision to issue a CBDC. The paper aimed to serve as a basis for holding discussions on the way in which a domestic CBDC could potentially play a useful role in delivering the Bank’s objectives.CBDC was being explored further with other Central Banks. A key consideration was whether the public would choose to use a CBDC and what the impact would be on financial and monetary stability.)
Um die Bedeutung des Diskussionspapiers, auf das im Protokoll Bezug genommen wird, weiter zu unterstreichen, wurde in diesem Papier erwähnt, wie ihnen die Arbeit der Bank an einer CBDC helfen würde, „zu verstehen, ob die CBDC mit der RTGS-Erneuerung interagieren könnte (understand whether CBDC could interact with RTGS renewal)“. Dabei vertritt die BoE die Überzeugung, dass das Hauptbuch als Herzstück des neuen RTGS „auf unserer ehrgeizigen Erneuerung des RTGS-Dienstes aufbauen und die Initiativen des Privatsektors zur Verbesserung des Zahlungsverkehrs ergänzen könnte (could build on our ambitious renewal of the RTGS service and complement private sector initiatives to improve payments)“.
Ich würde argumentieren, dass wir hier sehen können, dass die Neuentwicklung des Zahlungssystems der BoE grundlegend für die Ausgabe und dem Wunsch eine CBDC auszugeben. Wenn das der Fall ist, dann gibt der Zeitplan für die Erneuerung des RTGS einen Hinweis darauf, wann die britische Zentralbank versuchen wird, ihre CBDC einzuführen.
Dabei müssen wir an dieser Stelle das Projekt „Innovation BIS 2025 (Innovation BIZ 2025)“ der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, in dem die Technologie hinter der digitalen Währung eine wesentliche Rolle spielt, berücksichtigen. Die Fertigstellung des erneuerten RTGS ist für 2025 geplant, und um diese Zeit herum plant auch die Federal Reserve, ein neues Zahlungssystem namens „FedNow“ einzuführen.
Die BIZ hat nicht erörtert, warum das Jahr 2025 so wichtig zu sein scheint. Alles, was wir definitiv wissen, ist, dass die Zentralbanken in fünf Jahren ein neues Zahlungssystem haben sollten, das mit der Blockchain– und Distributed-Ledger-Technologie kompatibel ist, was an sich schon den Grundstein für die Realisierung einer CBDC legen würde.
Wenn die globalen Planer ihren Zeitplan einhalten, wird bis 2025 die digitale Währung der Zentralbanken im Westen eingeführt sein. In der Zwischenzeit treibt China im Osten seine eigene Einführung einer CBDC voran. Wie bereits im Juni berichtet, haben in vier Städten im ganzen Land bereits Versuche dazu begonnen. Bis zu den Olympischen Winterspielen in Peking im Jahr 2022 dürfte jedoch eine viel größere Einführung in Sicht sein. Genau dann, wenn das erneuerte RTGS in Betrieb genommen wird. Zufall?
Im Vereinigten Königreich vertritt die Bank of England öffentlich den Standpunkt, dass jede CBDC „wahrscheinlich eher als Ergänzung zum Bargeld denn als Ersatz dienen würde (likely act as a complement to cash rather than a substitute)“. Dies ist aus meiner Sicht mit äußerster Vorsicht zu behandeln, einfach weil es im Gegensatz zu BIZ-Generaldirektor Agustin Carstens steht, der zu Protokoll gibt, dass in einer CBDC-Welt alle Zahlungen nur elektronisch erfolgen würden. Um ihn direkt zu zitieren:
Er oder sie hätte nicht mehr die Möglichkeit, bar zu bezahlen.
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(He or she would no longer have the option of paying cash.)
Meines Erachtens ist es das Ziel der Bankeneliten, ein globales CBDC-Netzwerk als Mechanismus für die schrittweise Abschaffung des Bargeldes zu implementieren. Der Ruf des physischen Geldes wurde zu Beginn dieses Jahres schwer beschädigt, als viele Länder in einen Lockdown versetzt wurden. Die Bargeldbestände und die Bargeldnutzung beginnen sich zwar langsam zu erholen, bleiben aber deutlich unter dem Stand von 2019. Eine weitere Runde mit weitreichender Schließungen inmitten eines gewollten Wiederaufflammens dieser P(l)andemie würde das Vertrauen der Menschen in den Umgang mit Banknoten weiter untergraben.
Während das Transaktionsvolumen der Geldautomaten in Großbritannien vor einem Jahr 50,9 Millionen betrug, sind es heute 32,8 Millionen. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass das Volumen wieder auf den Stand vom April zurückfällt – 20,5 Millionen – oder noch geringer, wenn die Herbst-/Wintersaison die viel gepriesene und medial bereits vorbereitete „zweite Welle“ mit sich bringt.
Besonders beunruhigend sind dabei Berichte über ein ganz aktuelles „Kriegsspiel“ zwischen Premierminister Boris Johnson und Kanzler Rishi Sunak, bei dem anscheinend diskutiert wurde, dass die über 50-Jährigen möglicherweise bald angewiesen werden, zu Hause zu bleiben, um eine weitere nationale Abriegelung zu vermeiden. Es sind eher die über 50-Jährigen, die darauf beharren, Bargeld als Zahlungsmittel zu verwenden. Wenn man sie aus Angst so weit einschränkt, dass sie praktisch im eigenen Haus eingesperrt sind, kann man sehen, wie sich dies auf das Bargeldnetz auswirken würde.
Während die Welt weiterhin von der Covid-19-Hysterie gefangen ist, machen die Zentralbanken hinter den Kulissen an zwei Fronten immer größere Fortschritte, um dem Bargeld den Todesstoß zu versetzen – bei der Erneuerung der Zahlungssysteme und bei den Plänen für die Ausgabe von digitalem Zentralbankgeld. Beides scheint Hand in Hand zu gehen.
Quellen:
BOE on Course to Begin Roll Out of New Payment System
The Bank of England appoints Accenture as the Technology Delivery Partner for the Real Time Gross Settlement Service Renewal Programme
ACCENTURE’S RELATIONSHIP WITH THE WORLD ECONOMIC FORUM
RTGS Renewal Programme Proof of Concept:Supporting DLT Settlement Models
Bank of England Selects Accenture to Renew Its Real-Time Gross Settlement Service
RTGS Renewal Programme plan
Latest thinking on using APIs to enhance how users interact with the renewed Real-Time Gross Settlement (RTGS) Service
Discussion Paper Central Bank Digital Currency – Opportunities, challenges and design
A Look at CBDC Developments at the Bank of England – Part One
RTGS Renewal Programme –External Advisory Body (EAB)
Innovation BIS 2025: A Stepping Stone Towards an Economic ‘New World Order’
Lost Within the Rate Cut: The Fed’s Drive to Establish a New Payment System
Currency war: Chinese government ramps up trials for digital currency to rival the dollar
BIZ – The future of money and payments
LINK Transaction Volume and Value by Week (millions)
Millions of over 50s could be told to stay at home to avoid a blanket second lockdown under ’nuclear plans‘ drawn up by Boris Johnson after bubble bursts on easing lockdown
ACCESS TO CASH REVIEW March 2019 Final Report