Finanzsystem: Zunehmende Inflation, steigender Lebensmittelpreisindex und die Manipulation der ZentralbankenLesezeit: 8 Minuten
Seit Monaten lesen wir, dass die Manipulation der Märkte für Staats- und Unternehmensanleihen durch die Fed, EZB und die angeschlossenen anderen Notenbanken und die schier nicht enden wollende „Liebe der Regierungen“ zu schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen am langen Ende zu steigenden Preisen führen wird. Gerade in Deutschland ist das Thema Inflation geschichtsbedingt ein sehr heikles, so dass in unserer Hochleistungspresse diese Thematik tunlichst zu vermieden wird.
Dabei zieht das „Inflationsgespenst“ bereits seit längerem seine Runden. Nicht nur in Deutschland oder den USA, sondern überall auf der Welt.
Dies sollte für den informierten Leser keine Überraschung sein. Schließlich ist eine „gewisse Inflation“ das erklärte Ziel der Notenbanken. Und bei einer Ausweitung der Geldmenge (M-2) allein in den USA seit dem Jahr 2000 um 410% – 3,7 Billionen US-Dollar oder 24% im Jahr 2020 – dürfte das wenig überraschend sein.
Steigende Lebensmittelpreise und die weltweite Zunahme an hungernden Menschen
Der Lebensmittelpreisindex der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen ist im Dezember den siebten Monat in Folge gestiegen und erreichte den höchsten Stand seit Ende 2015.
Wie die Grafik rechts zeigt, sind die weltweiten Lebensmittelpreise in den letzten Monaten enorm gestiegen. Auch ein Vergleich zum Jahr 2015 zeigt, dass der Index von 93,1% auf 107,5% angezogen hat. Das entspricht einem Anstieg von 14,4% (durchschnittlicher jährlicher Anstieg von 2,9%).
Dion Rabouin von Axios berichtete dieser Tage, dass einerseits die Konsumenten- bzw. Verbraucher-Indizes in den meisten Ländern durch eine schwache Beschäftigungslage und minimale Lohnerhöhungen sowie durch die Kosten für bestimmte Anschaffungen wie Hotelübernachtungen, Flugtickets und Kleidung gefallen sind. Jedoch steigen auf der anderen Seite die Kosten für lebensnotwendige Güter – insbesondere für Lebensmittel – seit mehreren Jahren, wie oben aufzeigt, an.
Es ist für jeden offensichtlich, dass die US-Handelskriege und insbesondere die P(l)andemie die globalen Lieferketten gestört und die Arbeitsmärkte auf der ganzen Welt massiv beeinflusst haben und vor allem noch werden. Hinzu kommt, dass Lebensmittel, wie Gold und die meisten anderen Rohstoffe, größtenteils in US-Dollar eingepreist werden.
Und da der Dollar auf den niedrigsten Stand seit mehr als 2½ Jahren gefallen ist, sind die Lebensmittelpreise um ein recht beachtliches Niveau (2,9% pro Jahr seit 2015) gestiegen, was gerade für Menschen, „die aus der Hand in den Mund leben müssen“ die Existenz- und Überlebensfrage stellen lässt.
Doch dies betrifft nicht nur allein die sogenannten Entwicklungsländer. So hat die US-Behörde Census Bureau im letzten Monat bekannt gegeben, dass 29 Millionen Erwachsene in den USA angaben, dass ihr Haushalt in der letzten Woche „manchmal oder oft“ nicht genug zu essen hatte. Das sind 14 % aller Erwachsenen im Land – mehr als jeder zehnte US-Amerikaner über 18 Jahren. Und die Zahl steigt auf 18 % der Erwachsenen mit Kindern, 21 % bei den Latinos und 24 % bei den schwarzen Erwachsenen.
Lisa Davis, Vizepräsidentin der No Kid Hungry-Kampagne der Non-Profit-Organisation Share Our Strength, sagte dazu:
Es ist besonders herzzerreißend, denn bevor COVID zuschlug, waren wir auf einem guten Weg, den Hunger bei Kindern zu beenden und hatten in den letzten Jahren bemerkenswerte Fortschritte gemacht, die in nur wenigen Monaten zunichte gemacht wurden.
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(It’s particularly heartbreaking because before COVID hit, we were on a pathway to end childhood hunger and had seen remarkable progress over the last several years, all of which was undone in just a matter of months.)
Jenseits der Lebensmittelthematik
Der Preisindex des Institute for Supply Management für den US-Dienstleistungssektor kletterte im Dezember auf den höchsten Stand seit Anfang 2012. Gleichzeitig stieg der ISM-Preisindex für das verarbeitende US-Gewerbe auf den höchsten Stand seit Dezember 2018.
Eine Reihe von Ökonomen sagen, dass die Märkte seit Mitte letzten Jahres stetig eine höhere Inflation einpreisen, wobei die 5-, 10- und 30-jährigen Breakeven-Inflationsraten Anfang dieser Woche den höchsten Stand seit zwei Jahren erreicht haben. Die Breakeven-Inflationsrate ist ein marktbasiertes Maß für die erwartete Inflation. Sie ist die Differenz zwischen der Rendite einer nominalen Anleihe und einer inflationsgebundenen Anleihe mit der gleichen Fälligkeit.
Trotz des letzten Inflationsberichts der US-Regierung, der behauptet, dass die Verbraucherpreise im Dezember nur geringfügig gestiegen sind, zeigen andere Quellen, wie John Williams‘ ShadowStats.com, dass die tatsächliche Inflation bis zu 9% beträgt.
Wendet man die Methoden der Regierung aus dem Jahr 1980 an (diese Methoden spiegelt die Preise genauer wieder als die heute verwendeten), kann Williams aufzeigen, dass der jährliche Anstieg der Verbraucherpreise seit Ende der 1980er Jahre nie mehr unter 5% lag.
In jedem Fall ist zu konstatieren, dass alle bisherigen Stimulimaßnahmen der Zentralbanken und zukünftige „fiskalische Anreize“ die Inflation weiter steigen lassen werden. Aber was bedeutet das konkret für die Bürger?
Warum wir der Inflation mehr Aufmerksamkeit schenken sollten
Die Inflation ist eng mit den Löhnen verknüpft, und manche sagen, dass die jahrelang niedrige Inflation dazu beigetragen hat, dass die Einkommen der meisten Arbeitnehmer im letzten Jahrzehnt nicht gestiegen sind bzw. es zu Reallohnverlusten gekommen ist.
Das niedrige Lohnwachstum hat einen großen Einfluss auf die wachsende Ungleichheit in der Welt. Während Arbeitnehmer Reallohnverluste erleiden, nehmen die „Kapitalgewinne“ Einzelner astronomische Höhen an. So haben allein die 643 US-Milliardäre seit Beginn der P(l)andemie einen durchschnittlichen Vermögenszubau von 29% (Stand Ende Oktober 2020) „erzielt“.
Letzten Sommer kündigte die Fed eine bedeutende Änderung in der Art und Weise an, wie sie die Zinssätze verwaltet, was dazu führen könnte, dass sich die Inflation mehr als verdoppelt. Der Vorsitzende Jerome Powell kündigte die vorgeschlagene Änderung an, indem er sagte, dass die Fed hofft, dass eine höhere Inflation das Lohnwachstum ankurbeln wird, das seit weit über einem Jahrzehnt (manche sagen seit über 30 Jahren) anämisch ist.
Er sagte unter anderem:
Das Wichtigste, was wir tun können, ist die Unterstützung eines starken Arbeitsmarktes.
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(The single most important thing that we can do is support a strong labor market.)
Die massiven Ankäufe von Staats- und Unternehmensanleihen durch die Zentralbanken werden die Inflation wohl schneller als viele derzeit denken unter Druck setzen. Die Schaffung der sogenannten Unternehmensfazilitäten im vergangenen März markierte das erste Mal in der Geschichte, dass sich die Fed zum Kauf von Unternehmensschulden verpflichtete, angeblich um die Wirtschaft zu stützen. Und die EZB ist schon weit länger auf dieser Schiene unterwegs. Fakt ist zudem, dass dieses Vorgehen in Wirklichkeit weit über frühere Quantitative Lockerungen hinaus geht, bei denen die Zentralbanken staatlich besicherte Wertpapiere aufkauften.
Einige Leute denken jedoch, dass, wenn es der Fed mit einer erneuten Quantitativen Lockerung und der Änderung der Inflationspolitik gelingt, die Inflation anzukurbeln, dies einen signifikanten – d.h. positiven – Einfluss auf das Leben und den finanziellen Wohlstand der Amerikaner haben könnte. Sie weisen darauf hin, dass die niedrigen Zinssätze der Fed, die sich bereits in niedrigen Kreditzinsen für Haushalte und Unternehmen niederschlagen – für alles von Autokrediten und Eigenheimhypotheken bis hin zu Unternehmensexpansionen – wahrscheinlich noch einige Jahre lang ultraniedrig bleiben werden (müssen). Dies impliziert jedoch, dass das bestehende System eine „Spielverlängerung“ erfährt, was ich jedoch ausschließe.
Eine höhere Inflation bedeutet immer, dass die Preise für Waren und Dienstleistungen für die meisten Menschen ansteigen werden. Die Optimisten behaupten jedoch, dass der technologische Fortschritt und die Tatsache, dass viele Konsumgüter in Übersee hergestellt werden, die Preise wahrscheinlich langsamer steigen lassen würden als die Löhne vor Ort. Andere sagen jedoch, dass Vorsicht geboten ist. In einem Meinungsbeitrag im Wall Street Journal vom Mittwoch schreiben die ehemalige Leiterin der FDIC Sheila Bair und Lawrence Goodman:
Während es wenig Beweise dafür gibt, dass der Aufkauf von Unternehmensschulden durch die Fed der Gesellschaft zugute gekommen ist, sind die Kosten und unbeabsichtigten Folgen beträchtlich und schaden eindeutig der Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität.
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(While there’s little evidence that the Fed’s corporate debt buy-up [has] benefited society, its costs and unintended consequences are significant, with clear damage to competitiveness and productivity.)
Anstatt dazu beizutragen, dass Angestellte weiter eine Arbeit haben und Unternehmen nicht pleite gehen, glauben sie, dass die Fed-Programme zu einer „riesigen und unnötigen Rettungsaktion für die Emittenten von Unternehmensschulden, Emissionsbanken und Anleihegläubiger geführt haben (a huge and unnecessary bailout of corporate debt issuers, underwriters and bondholders)“.
Bislang haben die Programme und die Politik der Notenbanken vor allem zu einer Ausweitung der Einkommensungleichheit geführt, wobei sich die Lohnerhöhungen weitgehend auf höhere Angestelltengruppen und ihre Chefs konzentrieren. Der Rest der Belegschaft hängt entweder im Niedriglohn-Limbo fest oder, schlimmer noch, ist durch die P(l)andemie arbeitslos geworden.
Kurz gesagt, die Notenbanken werden solange ihre Geldpolitik beibehalten, bis der „Große Neustart“ finalisiert ist. Die dabei entstehende Inflation wird man über die Aktienmärkte zu kanalisieren versuchen, was wiederum einen Vermögenszuwachs bei den bekannten Spielern mit sich bringen wird. Parallel dazu werden die Lebensmittelpreise weiter anziehen, was gerade die Ärmsten der Armen hart treffen wird.
Quellen:
INFLATION ISN’T COMING…IT’S HERE! Will the Fed’s Market Manipulation Actually Help?
FAO Food Price Index – FAO Food Price Index hits a three-year high in 2020, following additional gains in December
Tracking the COVID-19 Recession’s Effects on Food, Housing, and Employment Hardships
Manufacturing PMI® at 60.7% – December 2020 Manufacturing ISM® Report On Business®
Shadowstats.com – Alternate Inflation Charts
Geldpolitik Und Beschäftigung: Ist Niedrige Inflation Gift Für Den Arbeitsmarkt?
Inflation frisst Lohnerhöhungen auf
Gewinner der Corona-Pandemie Bezos, Gates und Zuckerberg werden immer reicher
Federal Reserve says inflation should rise dramatically
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