In den vergangenen Jahren habe ich bereits des öfteren über die Trilaterale Kommission (TK) geschrieben bzw. Zitate verwendet, die von (ehemaligen) Mitgliedern der Institution stammten, und darüber berichtet wie das übergreifende Ziel der TK die Integration der Nationalstaaten auf Kosten der Souveränität und Selbstbestimmung ist.
Dabei besteht das vorherrschende Modell der Internationalisten/Globalisten/Eliten (IGE) aus dem Dunstkreis der TK, das mindestens bis zum Ersten Weltkrieg zurückreicht, darin, Krisen als Chance zu nutzen, indem sie zunächst Perioden des Chaos heraufbeschwören, bevor sie sich selbst als die „ordnende Hand“ in den darauf folgenden Turbulenzen präsentieren. Vier der größten globalen Institutionen der Welt – die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und die Vereinten Nationen – wurden nach diesem Prinzip gegründet. Ohne eine Reihe von Krisen hätten sie keine Daseinsberechtigung gehabt.
Ein Trend der letzten Jahre war, dass globale Gremien und Staatsoberhäupter inmitten von geopolitischen Konflikten dazu aufriefen, die Europäische Union und die Welthandelsorganisation im Zuge des zunehmenden politischen Nationalismus und Protektionismus grundlegend zu reformieren. Der Reformdruck wurde weitgehend damit begründet, dass die internationale „regelbasierte Weltordnung (rules based global order)“ – die aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs hervorgegangen ist – bedroht sei, und zwar als direkte Folge des Anwachsens der Anti-Globalisierungsbewegungen, die oft dem „Populismus“ zugeordnet werden.
Wenn also globale Institutionen ihre Macht durch eine tiefergreifende Zentralisierung ausweiten wollen, wo genau passt dann die Trilaterale Kommission hinein?
Auf der Website der Trilaterallen Kommission finden wir ein Papier vom Sommer 2019 mit dem Titel „Democracies Under Stress: Recreating the Trilateral Commission to Revitalize Our Democracies to Uphold the Rules-Based International Order (Demokratien unter Druck: Neuausrichtung der Trilateralen Kommission zur Wiederbelebung unserer Demokratien zur Aufrechterhaltung der regelbasierten internationalen Ordnung)“.
Bevor wir uns einige der in der Broschüre enthaltenen Details ansehen, sei darauf hingewiesen, dass ihre Veröffentlichung zwei Jahre nach dem Tod der beiden Gründungsmitglieder der Trilateralen Kommission – David Rockefeller und Zbigniew Brzezinski – im Jahr 2017 erfolgte. Er wurde auch erst nach dem Tod von Peter Sutherland, der von 2001 bis 2010 der europäische Vorsitzende der Kommission und auch der ehemalige Vorsitzende von Goldman Sachs war, verfasst. Insbesondere nach dem Tod von Rockefeller und Brzezinski sah die Trilaterale Kommission offenbar die Notwendigkeit, sich „neu zu erschaffen“ und die Arbeit ihrer Gründungsväter fortzuführen.
In der Zusammenfassung der Broschüre bemerkt die Kommission, dass „die globale Ordnung, die am Ende des Kalten Krieges so unbesiegbar schien, nun am Scheideweg steht (the global order that seemed so invincible at the end of the Cold War is now in doubt)“:
Ob sich die Welt als fähig erweist, die dringlichsten Probleme, mit denen die Menschheit heute konfrontiert ist, zu bewältigen, wird zum Teil von der Fähigkeit der fortgeschrittenen Demokratien abhängen, ihre derzeitige Malaise zu überwinden und so zusammenzuarbeiten, wie sie es in den vergangenen Jahrzehnten getan haben.
Die Trilaterale Kommission, eine fünfundvierzig Jahre alte Organisation, ist dabei, sich neu zu formieren, um bei diesen Bemühungen eine führende Rolle zu spielen und eine unverzichtbare Ressource zu sein.
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(Whether the world proves able to tackle the most urgent problems facing mankind today will in part depend on the ability of advanced democracies to overcome their current malaise and work together as they have in past decades.A forty-five year old organization, the Trilateral Commission is recreating itself to be a leader and an indispensable resource in this effort.)
Sie sprechen von der „Wiederentdeckung ihrer Wurzeln (rediscovering their roots)“, der „Schärfung (sharpening)“ ihrer Mission und der Notwendigkeit einer „Verjüngung (rejuvenating)“ ihrer Mitgliedschaft – alles unter dem Vorwand, die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen und „die regelbasierte internationale Ordnung aufrechtzuerhalten (uphold the rules-based international order)“.
Eine der größten Herausforderungen ist laut der Kommission, dass „das Streben nach tieferer Integration und größerer Globalisierung bis vor wenigen Jahren unumkehrbar schien (the drive toward deeper integration and greater globalization seemed irreversible until just a few years ago)“, aber die „unbeabsichtigten Folgen dieser Trends – von Ungleichheit bis hin zu kultureller Entfremdung – neue Formen der Unzufriedenheit geschürt und einen Anstieg von Populismus und Nationalismus in den fortschrittlichsten Volkswirtschaften und Demokratien der Welt ausgelöst haben (unintended consequences of these trends— from inequality to cultural alienation—have fueled new forms of discontent, spurring a rise in populism and nationalism in the most advanced economies and democracies in the world)“.
Die Kommission bezeichnet sich selbst als Lösung für die von solchen Institutionen selbst erschaffenen Problemen, indem sie feststellt, dass „die heutigen Institutionen – sowohl global als auch national – schlecht gerüstet scheinen, um diesen Trends entgegenzutreten und die Aufrechterhaltung der regelbasierten internationalen Ordnung zu gewährleisten (today’s institutions—both global and domestic—seem ill-equipped to face these trends down and ensure the maintenance of the rules-based international order)“.
Sie erwähnen, wie der Anstieg von Populismus und Nationalismus dazu geführt hat, dass Nationen auf der ganzen Welt „durch interne Spaltungen kompromittiert und von Institutionen regiert werden, die für die Realitäten des Tages nicht mehr gut geeignet sind (compromised by internal divisions and governed by institutions that are no longer well-suited to the realities of the day)“.
Wie nicht anders zu erwarten, hat die Kommission einen Plan, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Erstens müssen die Demokratien Nordamerikas, Europas und Asiens „wiederbelebt (revitalized)“ werden, und es müssen „autoritäre Regime, die Vertrauen gewinnen und sich auf der Weltbühne stärker etablieren (authoritarian regimes gaining confidence and establishing themselves more firmly on the global stage)“, beseitigt werden. Welch Ironie, wenn man sich die aktuelle „politische Lage“ vor Augen führt! Zweitens, damit diese „demokratische Erneuerung (democratic renewal)“ erreicht werden kann, sind „neue Stimmen und Denkweisen aus allen Segmenten dieser Gesellschaften erforderlich (require new voices and thinking from all segments of these societies)“.
Ein möglicher Weg zur „Erneuerung (renewal)“ ist die Übernahme des von den Vereinten Nationen entwickelten „Green New Deal“ auf nationaler Ebene, für den sich insbesondere die Demokraten in den USA (z.B. Alexandria Ocasio-Cortez) stark einsetz(t)en. Bei den kommenden Wahlen 2024 wird sich Ocasio-Cortez – dann 35 Jahre alt – im Übrigen für die Präsidentschaft bewerben können.
Aber scheinbar ist der Antrieb der Trilateralen Kommission, Reformen zu beginnen, nicht erst in vier Jahre geplant. Inmitten vermeintlich autoritärer Regime und aufgrund des Zusammenbruchs der internationalen Ordnung sieht sich die TK in einer idealen Position, um die „globalen Übel (global ills)“ zu bekämpfen:
Die Trilaterale Kommission ist gut aufgestellt, um eine wichtige Rolle bei dieser Wiederbelebung zu spielen, und versucht, wieder zu einem analytischen Ort zu werden, um die Belastungen der fortgeschrittenen Demokratien zu bewerten, Lösungen für den Umgang mit ihnen anzubieten und die Zusammenarbeit zwischen diesen Ländern in globalen wirtschaftlichen, politischen und sicherheitspolitischen Fragen zu fördern.
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(The Trilateral Commission is well-poised to play a vital role in this revitalization effort, and seeks to once again become an analytical home for assessing the stresses on the advanced democracies, offering solutions for dealing with them, and catalyzing cooperation among these countries on global economic, political, and security matters. )
Wie in der Broschüre erwähnt wird, war einer der Zwecke der Gründung der Trilateralen Kommission im Jahr 1973, „eine angeschlagene Handelsordnung zu stützen (buttress a beleaguered trading order)“. Bei der Betrachtung des zunehmenden politischen Protektionismus steht der Handel im Vordergrund der Diskussion. Neben den zukünftigen Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und der EU und dem anhaltenden Handelskonflikt zwischen den USA und China kommt nun verstärkt noch das „Coronavirus“ hinzu, das die globalen Lieferketten zu beeinträchtigen beginnt. Alles zusammengenommen war aus Sicht der TK bereits vor fast zwei Jahren erkannbar, das ein Schmelztiegel sich entwickelnder Krisen auf uns „zukommt“. Zufall?
Es überrascht nicht, dass die Kommission sich selbst als „einzigartig gut geeignet sieht, um die vielen Herausforderungen anzugehen, die den fortgeschrittenen Demokratien gemeinsam sind, und um eine größere Zusammenarbeit zwischen ihnen anzuspornen (uniquely well-suited to address the many challenges that are common to advanced democracies and to spur greater cooperation across them)“:
Sie ist die einzige Organisation, die alle betroffenen Länder in dieser trilateralen Struktur zusammenbringt und damit gut positioniert ist, um Experten, Institutionen und andere Einrichtungen miteinander zu verbinden, um zu diagnostizieren, was diese Demokratien belastet, und um Schritte zu ihrer Stützung voranzutreiben.
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(It is the only organization to bring all the affected countries together in this trilateral structure, positioning it well to connect experts, institutions, and other entities to diagnose what is straining these democracies and to prescribe steps to shore them up. )
Zufällig oder nicht, bei der Beschreibung, wie die internationale Struktur der Kommission in der Lage ist, „drängenden globalen Problemen (pressing global problems)“ zu begegnen, wird als eines der Beispiele dafür der Umgang mit Pandemien (!) genannt. Auch die Weiterverbreitung von Atomwaffen, der Klimawandel und der Protektionismus werden als Probleme aufgeführt.
Wie ich schon früher geschrieben habe, finden wir die Wurzeln der Kommission im Bereich des Bankwesens. Der Gründer David Rockefeller war früher Vorsitzender der Chase Manhattan Bank, und zu seiner Zeit waren acht Mitglieder des Vorstands von Chase Mitglieder von Rockefellers Kommission. Ein Blick auf die Mitgliederliste für das Jahr 2020 zeigt, dass die Kommission nach wie vor weitgehend von Unternehmensinteressen aus dem Banken-, Öl- und Mediensektor durchsetzt ist. Sie finden als Teil der Mitgliedschaft auch ehemalige Premierminister und Mitglieder nationaler Parlamente. In Großbritannien ist eines der bemerkenswertesten Beispiele Keir Starmer, der Anfang 2020 für das Amt des Vorsitzenden der Labour Party kandidierte. Michael Bloomberg, der als Kandidat der Demokraten bei den US-Wahlen antrat (und kläglich scheiterte), ist ebenfalls Mitglied.
Was als elitäre Organisation begann, ist auch heute noch eine solche, da sie von den Vorstandsvorsitzenden, Vorsitzenden und Vertretern einiger der größten Unternehmen und politischen Führer auf dem Planeten dominiert wird.
Bei einer Sonderveranstaltung im Jahr 1998 anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Trilateralen Kommission wurde eine Liste der finanziellen Unterstützer von 1973 bis 1998 veröffentlicht, auf der Namen wie Exxon Corporation, AT&T Foundation, The Coca-Cola Company, The First National Bank of Chicago, Morgan Stanley & Co und Goldman Sachs zu finden sind. Eine aktuelle Liste ist derzeit nicht ohne weiteres auffindbar. Man kann aber davon ausgehen, dass sich inzwischen auch Unternehmen wie Facebook, Google, Apple oder Twitter auf einer solchen Liste zu finden wären.
Abgesehen davon hat die Trilaterale Kommission bei der Ausarbeitung einer „neuen, stärker fokussierten Mission (new, more focused mission)“ eine Handvoll Themen identifiziert, die sie regelmäßig „beleuchten“ will. Eines davon ist der Populismus. Wenn die Kommission damals signalisierte, dass Populismus in Zukunft eines ihrer Hauptthemen sein wird, dann deutet das darauf hin, dass das Wiederaufleben von Nationalismus und Protektionismus aus deren Sicht „aktiv begleitet“ werden muss. Wenn man zwischen den Zeilen liest, ging die Kommission davon aus, dass die Auswirkungen des Populismus zu einer Zersplitterung der internationalen Ordnung führen und daher eine Verjüngung der globalen Gremien, z.B. durch eine stärkere Zentralisierung der Befugnisse, erforderlich machen werden. Und blickt man nun auf die vergangenen Monate nach der US-Wahl zurück, stellt man fest, dass plötzlich die „Jungen Vorsitzenden von Twitter, Facebook und Co.“ medial in den Vordergrund getreten sind.
Eine weitere interessante Aussage der Kommission ist, dass sie „auch Themen identifiziert, die von ihrer Mischung aus Politikern und Wirtschaftsführern vorangetrieben werden können und nicht unbedingt die Verabschiedung durch nationale Regierungen erfordern, um eine Wirkung zu erzielen (also identifying issues that can be advanced by its mix of policy and business leaders and do not necessarily require the adoption by national governments to have an impact)“. Eingebunden in das ganze Narrativ des Zusammenbruchs der „regelbasierten globalen Ordnung (rules based global order)“ besteht aus Sicht der TK die Gefahr, dass nationale Verwaltungen bei der Bewältigung internationaler Herausforderungen machtlos werden. Diese Passage könnte als Beleg gewertet werden, dass in Zukunft das traditionelle Modell der staatlichen Gesetzgebung – das oft dafür gerügt wird, nicht entschlossen oder willensstark genug zu sein, um Probleme wie den Klimawandel oder aktueller die P(l)andemie zu bekämpfen – zugunsten einer globalen Governance umgangen werden könnte. Eine Welt, in der Unternehmensinteressen im Gleichschritt mit reformierten globalen Institutionen in der Tat zu einer internationalen Legislative werden.
Diese Theorie wird vielleicht noch mehr zu einem Fakt, wenn die Kommission erklärt, dass sie sich nun darauf konzentrieren wird, „sich um die Belastungen zu kümmern, die die Fähigkeiten der heutigen fortgeschrittenen Demokratien gefährden, globale Dilemmas gemeinsam anzugehen (focus on tending to the strains that compromise the abilities of today’s advanced democracies to collectively tackle global dilemmas)“. Ich bin der Meinung, dass die Kommission ohne diese „Belastungen (strains)“ keine ausreichende Grundlage hat, um eine Ausweitung ihres Einflussbereichs zu rechtfertigen.
Das Papier lässt keinen Zweifel daran, dass die Kommission gezielt dabei war, sich „neu zu formieren (remaking itself)“. Dies wollte sie u.a. dadurch erreichen, dass sie „neue, innovative Rezepte in die nationale Debatte und den Regierungsprozess einbringt (injecting new, innovative prescriptions into the national debate and governmental process)“, um „bessere innen- und außenpolitische Ergebnisse“ zu erzielen (better domestic and foreign policy outcomes)“. Kommt einem hier nicht unweigerlich die konzertierte „Impfstoffkaufaktion“ westlicher Regierungen in den Sinn?
Da zahlreiche globale Medien in der Kommission vertreten sind, die natürlich bedeutende Unternehmensinteressen verfolgen, schien die TK gut aufgestellt zu sein, um mit der Gestaltung dieser „Rezepte (prescriptions)“ zu beginnen und den zukünftigen öffentlichen Diskurs durch die Medien der nationalen Presse und der sozialen Medien zu lenken. Immerhin sind unter den Mitgliedern Journalisten aus Großbritannien, Europa und den USA, eine Verbindung, die die Verbreitung von Informationen von der trilateralen Ebene bis hinunter zur allgemeinen Bevölkerung zu einer viel einfacheren Aufgabe macht.
Die TK wird nicht das letzte Beispiel sein, von dem wir erfahren, dass globale Institutionen inmitten steigender geopolitischer Instabilität weitreichende Reformen anstreben. Das gezielte Versagen und das zunehmende Chaos, das die Nationalstaaten derzeit „durchführen“, wird die Trilaterale Kommission und andere nur darin bestärken, die nationale Souveränität zugunsten global erdachter Lösungen zu verdrängen. Covid-19 einmal mehr als klassischer „Dosenöffner“…
Quellen:
EU must learn from Brexit and reform, says Emmanuel Macron
What mystery organisation do Sir Keir Starmer, Henry Kissinger and Jeffrey Epstein… have in common?
Democracies Under Stress PDF
Trilateral Commission – North American Region
T 51 – The Trilateral Commission at 25: 1973 – 1998: Between Past and Future