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Kaliningrad: Provokation der NATO oder Teil der Agenda des Großen Neustarts?

Kaliningrad - Bildquelle: Pixabay / zoosnow; Pixabay LicenseKaliningrad - Bildquelle: Pixabay / zoosnow; Pixabay License

Kaliningrad – Bildquelle: Pixabay / zoosnow; Pixabay License

Die internationale Gemengelage verschärft sich weiter. Mit der jetzt durchgeführten Eisenbahnblockade der russischen Enklave Kaliningrad (Königsberg) wurde gezielt ein neuer „Schauplatz“ bzw. Brandherd durch die NATO erzeugt, um Russland zu einem „Angriff“ auf ein NATO-Mitglied (Litauen) zu provozieren, damit die NATO und die USA einen umfassenden militärischen Angriff auf Russland rechtfertigen können. Wobei aus meiner Sicht anzumerken ist, dass ich (Stichwort „Falsches Ost-West-Paradigma“) nicht ausschließen kann, dass beide Seiten dieses „Spiel spielen“, um diktatorische Kontrolle über die natürlichen Ressourcen und das Geldsystem der Welt zu behalten. Dazu aber am Ende des Artikels mehr.

Um die ganze Dynamik des Geschehens zu verstehen, muss man sich zunächst mit der Geografie von Kaliningrad vertraut machen. Dieses russische Territorium liegt an der Ostsee und bietet Russland den einzigen ganzjährigen Zugang zum Meer, der nicht während eines Teils des Jahres zugefroren ist. Das Kaliningrader Gebiet ist jedoch vom litauischen Gebiet eingeschlossen und nicht mit dem russischen Festland verbunden. Eine Eisenbahnlinie führt durch Litauen und verbindet das Kaliningrader Gebiet mit dem russischen Festland. Diese Eisenbahnverbindung besteht schon seit Jahrzehnten und wurde von Litauen stets als Vorrecht Russlands zur Versorgung des Kaliningrader Gebiets anerkannt.

Lage Kaliningrad – Bildquelle: Encyclopedia Britannica

Litauens Eisenbahnblockade

Auf Druck der NATO und der USA hat Litauen (ebenfalls ein NATO-Mitglied) nun etwa die Hälfte des Güterverkehrs auf dieser Eisenbahnstrecke blockiert und damit im Grunde eine illegale Kriegsblockade gegen Kaliningrad verhängt. Dies kann als Kriegshandlung gegen Russland interpretiert werden und verstößt gegen die EU-Vorschriften, die einen offenen Zugang über die Grenzen hinweg erlauben. Begründet wird dieser Vorgehen mit den Sanktionen gegen Russland und dass nur Güter blockiert werden, die unter diese Sanktionen fallen würden.

Russland hat eine sofortige Aufhebung der Blockade gefordert, und das russische Außenministerium erklärte:

Sollte der Gütertransit zwischen dem Kaliningrader Gebiet und dem übrigen Gebiet der Russischen Föderation durch Litauen in naher Zukunft nicht vollständig wiederhergestellt werden, behält sich Russland das Recht vor, Maßnahmen zum Schutz seiner nationalen Interessen zu ergreifen.

(If in the near future cargo transit between the Kaliningrad region and the rest of the territory of the Russian Federation through Lithuania is not restored in full, then Russia reserves the right to take actions to protect its national interests.)

Kaliningrad beherbergt nukleare Kurzstreckenraketen, die Polen und Deutschland erreichen können

Kaliningrad liegt geostrategisch in einer vorteilhaften Position, die es Russland ermöglicht den größten Teil der baltischen Republiken, Deutschlands und Polens mit Kurzstreckenraketen zu erreichen. Russland verfügt über die fortschrittlichsten und modernsten Raketensysteme der Welt, darunter die „Iskander“-Rakete mit einer Reichweite von 500 km. Iskander-Raketen werden von straßentauglichen Fahrzeugen aus gestartet und sind daher mobil.

Das Iskander-Raketensystem kann nukleare Sprengköpfe tragen. Es kann aber auch konventionelle Sprengköpfe und sogar Treibstoff-Luft-Sprengstoff (thermobarischer Sprengstoff) tragen, der in Bunker eindringen kann. WorldCrunch.com schreibt dazu:

Wladimir Putin hat seine Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft versetzt – ein Schock für viele, aber noch mehr für diejenigen, die direkt an der polnischen Grenze zu Kaliningrad liegen, wo russische Atomraketen stationiert sind, die auf europäische Hauptstädte von Warschau bis Berlin gerichtet sind. Die Region, die geografisch von Russland getrennt ist und an der Ostsee liegt, ist für Moskau von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, Europa zu bedrohen – vor allem mit Atomwaffen.

(Vladimir Putin has put his nuclear forces on alert — a shock for many, but even more so for those just across the Polish border from Kaliningrad where Russian nuclear missiles are stationed, and aimed at European capitals from Warsaw to Berlin. The region, which is geographically separated from Russia and located by the Baltic Sea, is of vital importance to Moscow when it comes to threatening Europe — with nuclear weapons in particular.)

NationalInterest.org schreibt ebenfalls über die Iskander-Raketensysteme und warum sie wichtig sind. In einem Artikel mit dem Titel „Why Russia’s Iskander SRBM in Kaliningrad Is Such a Big Deal (Warum Russlands Iskander SRBM in Kaliningrad so eine große Sache ist)“, lesen wir:

Von Kaliningrad aus kann die Iskander Ziele in Polen, Teilen Ostdeutschlands, Südschwedens, Lettlands, Litauens und Estlands, Weißrusslands und einem großen Teil der Ostsee treffen. […] Von der Exklave aus kann Russland Ziele im größten Teil der Ostsee treffen, was eine wichtige Schifffahrtsroute bedroht, und Ziele der NATO angreifen.

(From Kaliningrad, the Iskander can hit targets in Poland, parts of eastern Germany, southern Sweden, Latvia, Lithuania, and Estonia, Belarus, and a great part of the Baltic Sea. […] From the exclave, Russia can hit targets in most of the Baltic Sea, threatening an important shipping route, and hit NATO targets. )

Bereits 2011 wurden im Kaliningrader Gebiet nukleare Kurzstreckenraketen gesichtet. Bei NonProliferation.org lesen wir hierzu:

Vor zehn Jahren, fast auf den Tag genau, berichtete die Washington Times, dass Russland möglicherweise Sprengköpfe für bodengestützte Kurzstreckenraketen vom Typ Tochka-U (SS-23) nach Kaliningrad verlegt hat. […] Die SS-23 in Kaliningrad, die 2001 Anlass zur Besorgnis gaben, sind immer noch dort, aber jüngste Berichte fügen einen neuen Aspekt hinzu: die zusätzliche Präsenz neuer bodengestützter Iskander-Raketen mit einer Reichweite von fast 500 km.

(Ten years ago, almost to a day, The Washington Times reported that Russia had possibly moved warheads for short-range Tochka-U (SS-23) short-range ground-launched missiles into Kaliningrad. […] The SS-23s in Kaliningrad that were a concern in 2001 are still there, but recent reports add a new wrinkle: the additional presence of new Iskander ground-launched missiles with the range close to 500 km.)

Die Quintessenz? Wer sich mit Kaliningrad anlegt, riskiert einen Vergeltungsschlag durch Russlands hochleistungsfähige Raketen.

Russlands RS-24 YARS ICBMs

Nachfolgendes Diagramm zeigt Russlands „Raketenarsenal“ und stammt vom Center for Strategic International Studies:

Raketen in Kaliningrad – Bildquelle: Center for Strategic International Studies

Diese Grafik zeigt, dass Iskander-Raketen Polen, Deutschland und mehrere andere baltische Staaten erreichen können. Sie zeigt auch, und das ist noch wichtiger, dass Russlands RS-24 YARS ICBMs (in der Grafik wird die NATO-Bezeichnungen „SS-29 YARS“ verwendet) das gesamte Festland der Vereinigten Staaten sowie ganz Europa erreichen können.

Die russischen Interkontinentalraketen können also jedes Ziel auf der Nordhalbkugel der Erde erreichen.

Was Sie über das RS-24 YARS-System wissen müssen, ist Folgendes:

  • Es fliegt mit Mach 20.
  • Es kann von keinem bekannten Raketenabwehrsystem der USA oder der NATO aufgehalten werden.
  • Es kann während seines Fluges Ausweichmanöver durchführen, um ein Abfangen zu vermeiden.
  • Es kann mehrere MIRVs (nukleare Wiedereintrittsfahrzeuge) einsetzen, von denen jede ein anderes Ziel trifft.
  • Es wird gesagt, dass Russland Dutzende oder sogar Hunderte dieser Raketen in Bereitschaft hält.

Mit anderen Worten: Sobald Russland beschließt gegen Westeuropa und die USA vorzugehen, kann es dies mit den RS-24 YARS-Raketen problemlos tun. Und dazu bedarf es nicht einmal des Einsatzes der SARMAT-ICBMs, die noch größer sind und beim Wiedereintritt Hyperschall-Gleitfahrzeuge (HGVs) einsetzen können.

Die NATO und die USA schätzen den Ausgang eines Weltkriegs mit Russland völlig falsch ein

Der springende Punkt ist, dass die USA und die NATO – die beide von verrückten, machthungrigen Neokonservativen geführt werden, die keine Rechtsstaatlichkeit, keine internationalen Verträge und keine nationale Souveränität respektieren – zwar glauben, sie könnten Russland in einem globalen thermonuklearen Krieg besiegen, dass sie aber genauso wahnhaft sind wie bei ihren Versuchen, Russland mit Wirtschaftssanktionen zu schaden, die de facto bislang nur den westlichen Nationen Schaden zugefügt haben.

Wenn Biden Putin zu einer nuklearen Verteidigung Kaliningrads und Russlands zwingt, werden Europa und die Vereinigten Staaten und die NATO durch Russlands Atomwaffenarsenal vernichtet, selbst wenn dies bedeutet, dass Russland einen Vergeltungsschlag hinnehmen muss (den es dank seiner ICBM-Abwehrsysteme und seines Netzes von Atombunkern überleben kann).

Was wäre, wenn…

Ich möchte aber noch einmal auf meine Eingangsbemerkung „dass beide Seiten dieses ‚Spiel spielen'“ zurück kommen.

So schrieb die Berliner Zeitung am 20. Juni zu den Frachtrestriktionen:

Es ist nicht Litauen, das etwas tut – es sind die europäischen Sanktionen, die am 17. Juni in Kraft getreten sind.

Am 21. Juni können wir bei NTV lesen, dass

Russland […] mit Sicherheit auf solche feindlichen Handlungen reagieren [wird]. Entsprechende Maßnahmen werden derzeit im ressortübergreifenden Format ausgearbeitet und in naher Zukunft ergriffen.

Zudem findet vom 26. bis 28 Juni im bayerischen Elmau der G7-Gipfel der Kriegstreiberfraktion statt, auf dem mit Sicherheit auch der Ukraine-Konflikt eines der Hauptthemen sein wird. Interessant ist übrigens, dass der Eintrag zum G7-Gipfel auf der Webseite der Bundesregierung unter dem Menüpunkt „Gesetzesvorhaben der Bundesregierung“ läuft…

3er Meldung – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitte, www.konjunktion.info

Angesichts dieser drei Meldungen erachte ich durchaus folgende(n) Entwicklung/Fahrplan für möglich: Moskau beschließt Gegenreaktion am Freitag/Samstag. Der G7-Gipfel reagiert ab Sonntag/Montag. Eskalation im Sinne der NATO aka Des Etsablishments folgt alsbald. Alles abgesprochen zwischen allen Beteiligten, da ich nach wie vor Moskau/Peking mit im Boot des Großen Neustarts (Stichwort Falsches Ost-West-Paradigma“) sehe.

Es sieht für mich zu stark nach „Zufälligkeiten“ aus, als dass hier nicht eine abgesprochene Agenda der Krisen- und Panikverschärfung abgearbeitet wird, um die Menschen weiter im Griff der Manipulation und Angst halten zu können und um weiter die Implementierung des Großen Neustarts voranzutreiben. Aber was meinen meine geneigten Leser zu dieser Hypothese? Gerade weil ein ähnliches Vorgehen bereits einmal 1939 beim Danziger Zollinspektorenstreit zur Provokation Deutschlands bestens funktioniert hat:

Der Zollinspektorenstreit 1939

Besonders kritisch wird im Sommer 1939 ein Zwist, der als der „Zollinspektorenstreit“ bekannt geworden ist. Ab Mai verschärfen sich Kontrollen und Verhalten der polnischen Zollbeamten gegenüber den Danzigern im kleinen Grenzverkehr, der für die Menschen dort in ihrer Insellage von besonderer Bedeutung ist. Die polnischen Zollbeamten maßen sich gegenüber ihren deutschen Kollegen Befehlsbefugnisse an, die sie so nicht haben, und die Zahl der polnischen Beamten wird wesentlich erhöht. Die deutsche Polizei behauptet, ein Teil der zusätzlichen Zollbeamten gehöre dem polnischen Nachrichtendienst an und werde auf diese Weise nach Danzig eingeschleust. Die deutschen Beamten arbeiten daraufhin mit den polnischen nicht mehr recht zusammen. Die wiederum verzögern die Ausfuhr Danziger Agrar- und Fischereiprodukte, die im heißen 39er Sommer besonders leicht verderben. In dieser angespannten Lage beschwert sich der Präsident des Danziger Senats Greiser beim polnischen Generalkommissar über die beschriebenen Vorfälle und kündigt an, daß deutsche Zollbeamte von den polnischen zu Zukunft keine Weisungen mehr entgegen nehmen werden. Der Generalkommissar Chodacki schickt dem Präsidenten Greiser als Antwort postwendend ein Ultimatum, diese Weisung bis 18 Uhr des gleichen Tags zurückzunehmen, andernfalls

„wird die polnische Regierung unverzüglich Vergeltung gegen die freie Stadt anwenden“.

Außerdem teilt Chodacki mit, daß der polnische Zoll ab sofort bewaffnet werde. Hitler, vom Senatspräsidenten um Rat gefragt, drängt, für Entspannung zu sorgen und „die Angelegenheit nicht noch mehr zu vergiften“. Es gelingt dem Präsidenten Greiser den Generalkommissar Chodacki zu bewegen, das Ultimatum aufzuheben.

Kriegsgefahr um Danzig

So belanglos dieser Zwischenfall auch scheint, er zeigt doch, wie nah die Welt am Rand des Krieges steht. Staatssekretär im Auswärtigen Amt von Weizsäcker übermittelt dem polnischen Geschäftsträger in Berlin die Mißbilligung der Reichsregierung zum Zollinspektorenstreit, zum Ultimatum und zur Drohung gegenüber der Danziger Bevölkerung. Der nimmt Rücksprache mit seinem Ministerium in Warschau und teilt von Weizsäcker tags darauf offiziell mit, daß Polen jede Einmischung der Reichsregierung in die polnisch-Danziger Beziehungen zu Lasten Polens als „Angriffshandlung“ betrachten werde. Das polnische Außenamt gibt damit zu verstehen, daß schon jedes Parteiergreifen der Reichsregierung zu Gunsten Danzigs und zu Lasten Polens Krieg bedeuten werde. Angesichts des unbedeutenden Zollstreits in Danzig ist das eine ganz massive Drohung, zumal England und Frankreich zugesichert hatten, Polen in jedem von Deutschland ausgelösten Krieg zu unterstützen.

Hitler zeigt sich über das polnische Ultimatum in dieser ohnehin so spannungsreichen Zeit empört, und er spricht davon, daß „die Grenze seiner Duldsamkeit erreicht ist“. Polens Presse gießt nun noch Öl ins Feuer, indem sie schreibt, Hitler habe im Zollstreit „klein beigegeben“ und eine einzige ein wenig schroffe Note habe genügt, „ihn in die Knie zu zwingen“.

Das ist drei Wochen vor dem Krieg. Das Chodacki-Ultimatum und Hitlers Reaktion darauf so kurz vor Kriegsbeginn lassen Rückschlüsse auf dessen Absichten in Bezug auf Polen zu. Wenn der „Führer“ wirklich Krieg mit Polen statt nur Danzig und die Transitwege hätte haben wollen, hätte er ihn jetzt leicht haben können. Er hätte dem Danziger Senat nur bedeuten müssen, im Zollinspektoren-Streit nicht nachzugeben. Polen wäre dann, wie angedroht, gegen den Freistaat vorgegangen. Danzig hätte als Reaktion darauf den Anschluß an das Deutsche Reich erklären können und Polen wäre – das ist sicher – militärisch gegen Danzig vorgegangen. Damit hätten die Polen und nicht die Deutschen den Krieg, der in der Luft liegt, ausgelöst. Wenn Hitler Anfang August 1939 unbedingt Krieg mit Polen hätte haben wollen, hätte er sich diese Chance kaum entgehen lassen. Er hätte Senatspräsident Greiser wohl nicht den Rat gegeben, „die Angelegenheit nicht noch mehr zu vergiften.“

Quellen:
NATO pushing for Kaliningrad CATASTROPHE by provoking Russia into global nuclear war
Moscow Reels, Lashes Out At Lithuania Over Kaliningrad Cutoff
Kaliningrad Revisited: Where Putin’s ​Nuclear Threat Is Most Chilling
Why Russia’s Iskander SRBM in Kaliningrad Is Such a Big Deal
A Second Sighting of Russian Tactical Nukes in Kaliningrad
Webseite Center for Strategic & International Affairs
Streit um Kaliningrad: Russland droht Litauen mit Maßnahmen „zum Schutz“
Russland droht Litauen mit negativen Konsequenzen
G7-Gipfel 2022 in Schloss Elmau
Die Zuspitzung um Danzig 1939

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