Geopolitik: Mackinders Herzland-Theorie und seine heutige Anwendung

1904 verfasste Halford Mackinder seinen damals wenig beachteten Aufsatz „The Geographical Pivot of History (Der geografische Dreh- und Angelpunkt der Geschichte)“ und seine sogenannte „Heartland-Theory (Herzland-Theorie)“. Der britische Geopolitiker verband – vereinfacht gesprochen – in dieser Theorie real existierende Gegebenheiten (Geographie, Technik, Wirtschaft, Industrie und Ressourcen [Rohstoffe und Bevölkerungen]) mit dem Wettbewerb der Menschen um Territorium und Ressourcen.

Dazu entwickelte er in seiner Theorie den Begriff der „Weltinsel“:

Mackinders WeltinselMackinders Weltinsel

Mackinders Weltinsel – Bildquelle: Wikipedia / Jesús Gómez Fernández

Innerhalb dieser „Weltinsel“ liegt das sogenannte „Herzland“ – bestehend aus Westsibirien und dem europäischen Russland, das aufgrund der oben erwähnten Gegebenheiten bei einem entsprechenden Aufbau der Infrastruktur und in dessen Folge durch eine hohe industrielle und wirtschaftliche Dichte zu einem entscheidenden Machtfaktor werden kann.

So schreibt Mackinder:

Who rules Eastern Europe commands the Heartland
Who rules the Heartland commands the World Island
Who rules the World Island commands the World

(Wer das östliche Europa beherrscht, befehligt das Herzland
Wer das Herzland beherrscht, befehligt die Weltinsel
Wer die Weltinsel beherrscht, befehligt die Welt)

Mackinder sah also bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts Russland und seine südlichen liegenden Nachbarn aufgrund ihrer mannigfaltigen Ressourcen als Gefahr für die Macht des britischen Empires an. Seine „Heartland-Theorie“ beeinflusste damals aber nicht nur die Politik Großbritanniens, sondern auch die der USA nachhaltig – und das bis in die heutige Zeit hinein.

Wenn man die politische Weltkarte und Mackinders „Weltinsel“ vergleicht, wird deutlicher welche Staaten an das „Herzland“ angrenzen:

Ausschnitt Weltkarte – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt Wikimedia

Diese Staaten sind: Ukraine, Georgien, Türkei, Syrien, Irak, Iran, Afghanistan, Pakistan und China. Staaten, deren geopolitische Bedeutung, sich seit nunmehr über 100 Jahren in Form von Kriegen, Putschen und Einflussnahme des angloamerikanischen Imperiums wiederspiegelt.

Versuchen wir einen kurzen Abriss der vergangenen 20 Jahre zu dieses Staaten im Einzelnen:

Ukraine
2004 fand hier die Orangene Revolution statt, in dessen Folge sich die Ukraine massiv dem Westen öffnet und sogar eine NATO-Mitgliedschaft anstrebte. Zwar hatte sich die Ukraine zwischenzeitlich wieder etwas Russland angenähert, doch spätestens seit 2014 erleben wir die gezielte Aufrüstung des Landes gegenüber Russland durch den Westen. Angela Merkel gab dieser Tage in diesem Kontext ein Augen öffnendes Zeit-Interview und bestätigte das, was alternative Medien seit langem schreiben:

Und das Minsker Abkommen 2014 war der Versuch, der Ukraine Zeit zu geben. Sie hat diese Zeit hat auch genutzt, um stärker zu werden, wie man heute sieht. Die Ukraine von 2014/15 ist nicht die Ukraine von heute. Wie man am Kampf um Debalzewe (Eisenbahnerstadt im Donbass, Oblast Donezk, d. Red.) Anfang 2015 gesehen hat, hätte Putin sie damals leicht überrennen können. Und ich bezweifle sehr, dass die Nato-Staaten damals so viel hätten tun können wie heute, um der Ukraine zu helfen.

Georgien
Hier kam es 2003 zur Rosenrevolution, die vornehmlich durch George Soros‘ Open Society Institute gesteuert wurde. Auch hier haben sich nach anfänglicher „Westeuphorie“ die Erwartungen des Westens, aufgrund des autoritären Präsidenten Saahaschwilli, nicht erfüllt. Jedoch gilt auch hier, dass ausländische NGOs im Land nach wie vor politisch tätig sind. Entsprechende pro-westliche bzw. Pro-EU-Proteste in Tiflis im Sommer dürften Beleg für die Einmischung in die inneren Angelegenheiten der ehemaligen UdSSR-Republik durch den Westen sein:

Zehntausende Menschen haben in Georgien für einen EU-Beitritt demonstriert. Sie forderten den Rücktritt von Regierungschef Garibaschwili. Seine Regierung habe zu wenig dafür getan, dass Georgien EU-Beitrittskandidat werde.

Türkei
Die Türkei ist fester Bestandteil der NATO und besitzt innerhalb derselben die zweitgrößte Armee nach den USA. Dieser Umstand stößt inzwischen den Transatlantiker sauer auf, da sich Ankara bis dato beharrlich weigert, die Aufnahme Schwedens und Finnlands in die NATO zu unterstützen. Da gleichzeitig der  türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit beitreten will, bleibt es spannend wie mit Ankara in den nächsten Monaten umgegangen wird.

Keine Frage, die Türkei ist schon lange ein Problemfall jenes Westens, der früher mal „der freie Westen“ hieß. Die Probleme hängen mit einem Mann zusammen: mit Recep Tayyip Erdogan, dem langjährigen Ministerpräsidenten, der 2014 in das Amt des Staatspräsidenten wechselte.

Syrien
In Syrien tobt seit 2011 ein von außen gesteuerter und durch die US-Proxys Saudi-Arabien und Katar finanzierter Bürgerkrieg, der den Sturz der Assad-Regierung als Ziel verfolgt. Offiziell liest man so gut wie nichts mehr über die Situation in Syrien, dabei sind dort immer noch vom Westen unterstützte/finanzierte Gruppierungen unterwegs, die für Proteste sorgen:

Seitdem die Regierung wieder die Kontrolle über den größten Teil von Syrien hat, sind Demonstrationen in dem Bürgerkriegsland selten. Im Süden gab es jedoch Proteste, bei denen mindestens zwei Menschen getötet wurden.

Bei Protesten in Syrien ist es zu Zusammenstößen mit mindestens zwei Toten gekommen.

Irak
Der Irak liegt seit dem illegalen US-Angriffskrieg von 2003 in Trümern und ist aufgrund der eingesetzten Uranmunition zu großen Teilen radioaktiv verseucht. Und auch dort finden wir vom Westen finanzierte Gruppen (konkret der Daesh/Islamische Staat), die im Falle des Iraks Attentate durchführen:

Bei einem Anschlag im Norden des Irak sind mindestens neun Polizisten getötet worden. Nach Angaben der Polizei explodierte am Sonntag nahe der Ortschaft Schalal al-Matar zunächst eine Bombe nahe eines gepanzerten Polizeitransporters, anschließend wurden die Sicherheitskräfte direkt „mit Kleinwaffen“ angegriffen. Ein Angreifer sei getötet worden, nach weiteren werde gefahndet, teilte ein Polizeivertreter der Nachrichtenagentur AFP mit.

Iran
Ständig erweiterte wirtschaftliche Sanktionen sollen den Iran zur Aufgabe bewegen und ihn in die westliche „Wertegesellschaft“ zwingen, gilt er doch als Land, das nach Atomwaffen strebt. Auch wenn es keinerlei handfeste Beweise für diese Behauptungen gibt, bleibt der Iran das neben Syrien wichtigste Ziel des Westens im Nahen Osten. Natürlich wird und wurde dort auch mittels westlicher NGOs kräftig „beeinflusst“. Die Oktober-Proteste dürften noch jedem in Erinnerung sein:

Im Iran ist es zu erneuten Protesten gekommen. Regierungsgegner gingen in Yazd im Zentrum des Landes sowie in mehreren anderen Städten auf die Straßen, darunter auch in Piranschahr nordwestlich von Teheran.

Afghanistan
Nach der False Flag-Operation 9/11 wurde auch Afghanistan von den USA und seinen Lakaien in Grund und Boden bombardiert. Nach dem überstürztem Abzug der USA im Sommer 2021 haben die Taliban das Land wieder im eisernen Griff und dürften alsbald wieder neue Proteste erleben wie wir aus einem heute erschienen Artikel der Tagesschau ableiten können:

Die Taliban haben die Frauenrechte weiter eingeschränkt: Afghaninnen dürfen nicht mehr Universitäten und Hochschulen besuchen. Die Studentinnen reagieren mit Unverständnis und Wut.

Pakistan
Pakistan gilt als Verbündeter der USA. Gleichzeitig töten die USA per Drone (seit 2004 360 offizielle Einsätze) und damit ohne rechtliche Grundlage Menschen in Pakistan. Ähnlich wie im Yemen werden die Opfer als Terroristen bezeichnet, obwohl ein Großteil der Opfer Zivilisten sind. Das Land wurde im Sommer von einer historischen Überschwemmung getroffen, so dass sich dort das bereits vorhandene „Explosionsniveau“ merklich in den nächsten Monaten erhöhen dürfte, was wohl wiederum der Westen in seinem Sinne zu nutzen wissen wird:

Es war eine Flutkatastrophe historischen Ausmaßes, die Pakistan im vergangenen Sommer erlebte. 33 Millionen Menschen waren betroffen, mehr als 1500 Menschen starben. Die Weltbank beziffert die Höhe der entstandenen Schäden auf rund 30 Milliarden US-Dollar.

China
China ist neben Russland der einzige Player, der den USA militärisch und vor allem wirtschaftlich annähernd die Stirn bieten kann. Welche Rolle China im Kontext des Großen Neustarts und der davor geschaltenen Plandemie spielt, dürfte Lesern des Blogs hinlänglich bekannt sein. Mit Taiwan haben die USA ein „Instrument an der Hand“, um Peking zu „beschäftigen“. Analysten gehen davon aus, dass es früher oder später zu einem offenen Konflikt zwischen dem Reich der Mitte und den USA kommen wird. Ich gehe nicht davon aus, da ich China als das neue „Rückzugsgebiet/Kerngebiet der Internationalisten/Globalisten/Eliten (IGE)“ erachte.

Taiwan ist ein Spielball strategischer Machtinteressen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Konflikt zwischen China und den USA eskaliert. Die Folgen wären fatal.

Conclusio

Wir sehen als eine Vielzahl an Brandherden um das „Herzland“, denen zumeist ein „westlicher Beigeschmack“ anhaftet. Wir sehen auch, dass die dem „Herzland“ angrenzenden Staaten immer mehr von westlichen NGOs unterwandert werden. Zwar ist der Versuch gescheitert Syrien auf diesem „Weg der Eingrenzung der Macht Russlands“ „auf Linie“ zu bringen, aber  nichtsdestotrotz erleben wir eine seit Jahrezehnten durchgeführte Politik des Westens Russland von allen Seiten einzugrenzen bzw. Gefahrenherde an den Grenzen Russlands zu entfachen, um sich letztendlich nach den Worten Mackinders die Macht auf der „Weltinsel“ zu sichern.

Dazu haben sich die USA militärisch in den vergangen Jahren im Mittleren und Nahen Osten wie die sprichwörtliche Heuschrecke ausgebreitet:

US Basen – Bildquelle: Screenshot-Ausschnitt US www.militarybases.com

Die südliche Grenze des „Herzlands“ wird von US-Basen von Bulgarien über die Türkei, Irak, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten bis nach Afghanistan und Kirgistan umschlossen. Die große unbesetzte Lücke stellt derzeit immer noch der Iran dar. Doch um den Iran militärisch angehen und somit dort US-Basen stationieren zu können, ist das Probem „Damaskus“ zu lösen. Zuerst muss das mit dem Iran verbündete Syrien fallen, bevor der Gürtel an US-Basen an der Südgrenze des „Herzlands“, inklusive der Einbindung eines dann unter westlicher Führung befindlichen Teherans, geschlossen werden kann. Nicht zu vergessen ist dabei, dass die USA weiter westlich (bisher ex Ukraine) mit ihrer NATO-Osterweiterung und der Errichtung eines Raketenabwehrsystem in ehemaligen Ostblock-Staaten die Eingrenzung Russlands bereits abgeschlossen haben.

Das Wissen ist eins. Seine Aufteilung in Fächer ist ein Zugeständnis an die menschliche Schwäche. – Halford Mackinder

Knowledge is one. Its division into subjects is a concession to human weakness. – Halford Mackinder

Quellen:
Die Heartland-Theorie oder der Schlüssel zur Weltherrschaft
Wikipedia – Heartland-Theorie
Die Herzland-Theorie von Halford Mackinder
„Hatten Sie gedacht, ich komme mit Pferdeschwanz?“
Georgier fordern EU-Beitritt – „Wenn nicht jetzt, wann dann?“
Türkei blockiert weiterhin NATO-Erweiterung
Die Türkei gehört (eigentlich) nicht mehr in die Nato
Tote bei Protesten in Syrien
Mindestens neun Tote bei Anschlag auf Polizei im Nordirak
Proteste im Iran weiten sich aus
Die Wut der Frauen auf die Taliban
Die Not nach der Flut
Konflikt zwischen USA und China um Taiwan – Dann bricht die Hölle los
Zitat Halford Mackinder

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