Gastbeitrag: Die guten ProgrammeLesezeit: 20 Minuten
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Achtung, Achtung, der folgende Text ist eine erfundene Geschichte und nichts davon entspricht der Wahrheit, rein gar nichts!!!
Nullpunkt-Socialscore-Einheitssiedlung
Eine Simulation ist eine Simulation, ist eine Simulation, ist eine Simulation ist eine Simulation …
„Go ask Alice when she’s ten feet tall“ summe ich vor mich hin, dann den Refrain: „When the men on the chessboard get up and tell you where to go!“, es ist Sommer, es riecht nach Müll, toten Ratten und es kreisen kleine schwarze Drohnen über der Stadt. Die Strophen hallen in meinem Kopf. Mein Leben fühlt sich holzig an.
Ich sitze in meiner Wohneinheit, warte auf die Moral-Cops, die mich in die Siedlung der Nullpunkt-Socialscore-Einheiten bringen werden. Vorgestern die Nachricht über den Staats-Messengerdienst erhalten. Ich solle alle notwendigen Vorkehrungen treffen damit man mich abholen kann. Ich stelle mich seelisch und moralisch darauf ein, die Existenz als Nullpunkt-Socialscore-Einheit zu fristen.
Jeder hat nur begrenzt Sozialscore-Punkte, verliert man sie, werden die Möglichkeit, sich korrigieren zu lassen kompliziert. Schließlich wandert man in die Siedlung der Nullpunkt-Socialscore-Einheiten.
Ich erinnere mich an die Zeit vor der moralischen Revolution, vor der weltweiten Umerziehungsmaßnahme durch die Kis, an runtergekommene Schuppen und Garagen, in denen wir Musik hörten, Alkohol tranken, Zigaretten rauchten. Wir hatten unseren Spaß. Irgendwann tauchten die Moral-Cops in den gelben Overalls und bunten Mützen auf. Die waren immer scheißfreundlich, konfiszierten aber alles, sperrten uns für Monaten den Zugang zu Supermärkten, Geschäften und U-Bahnen. Alles ohne Schlagstock, lediglich per Knopfdruck.
Plötzlich hatten wir das Sozial-Score-Punktesystem und die Life-App. Die Regierung setzte es mit einer schnell abgewickelten Verordnung um. Eine KI gab uns die Erklärung. Alle machten mit. Fast alle!
Fuckrobots
Sex war noch ein Problem, aber auch das wurde gelöst. Erst über Erziehungsprogramme dann mit einem Sex-Roboter. Fortpflanzung war keine Notwendigkeit mehr. Menschen aus dem Labor sollen gesünder und attraktiver sein. Seitdem leben wir in kleinen Wohneinheiten. Jeder für sich.
Um das Monopol der Fortpflanzung reibungslos an die Gentechnologie-Konzerne abgeben zu können, wurden Sex-Roboter entwickelt. Spitzenmäßig designte Sex-KIs im Menschenkleid erwirtschafteten Milliarden. Umgangssprachlich nannte man sie Fuckrobots. Jetzt laufen die Dinger durch die ganze Stadt, lungern auf Bürgersteigen, an Aufladestationen, in Shopping-Mals herum. Mit ihnen durfte sich jeder vergnügen.
Sex-Roboter waren beliebt, denn eine über die letzten Jahre spitzenmäßig eingefädelten KP (Keime Propaganda) hat die Menschen regelrecht paranoid vor ansteckenden Krankheiten, Erregern, Körperflüssigkeiten etc. gemacht.
Sex-Maschinen rannten also offene Türen ein.
Über sämtliche Kanäle wurde einem jeden Tag dasgleiche erzählt. Man bekam seine personalisierte KI, die einem die Gründe schilderte wieso das alles jetzt sein muss. Man hätte hingerichtet werden können und diese KI wäre in der Lage gewesen, einem die Notwendigkeit seiner Hinrichtung so gut zu erklären, dass man von alleine in die Gaskammer gegangen wäre.
Die Fuckrobots sind erstaunliche Dinger aber auch die perfekten Wanzen. Was gibt man nicht alles Preis, glaubt man sich in einer intimen Situation? Was nimmt man nicht alles in Kauf für ein bisschen Spaß? Was plaudert man dann nicht alles aus, das man besser bei sich behalten hätte. Fuckrobots leiten alles an das Mental-Screening-Zentrum weiter. Effektive Spitzelmaschinen.
Korrektur
Die Welt, in der wir leben, zählt auf Verständnis, Inklusion, Nachhaltigkeit und Vielfalt. KIs korrigieren, was davon abweicht. Bei mir haben die KIs versagt. Es heißt, ich hätte einen irreparablen Genschaden, der sich unvorteilhaft auf meine mentale Konstitution auswirken würde.
Wenn die persönliche KI die Korrektur nicht schafft, wird man an das Mental-Screening-Zentrum überwiesen. Aber selbst nach vielen Sitzungen in diesem Zentrum, fielen meine Tests miserabel aus. „Ich stelle das gesamte Integrationsprogramm in Frage!“, hieß es. In meinem Fall bedeutet das: Umsiedlung zu den Nullpunkt-Socialscore-Einheiten!
Aber selbst in der Siedlung werden Programme zur Reintegration durchgeführt. Man gibt nicht auf!
KI
KIs sind schlaue und sprechende Maschinen, die einem vorgaukeln sie seien eine echte Persönlichkeit. Sie lauern hinter jeder Ecke. Es gibt Gottautomaten, die an alte Telefonzellen erinnern, mit 3D-Bildschirmen, dem vertrauensvollen Gesicht und der Stimme einer warmherzigen Person. Man sieht und hört, was man sehen und hören will. Der Gottautomat beantwortet Fragen, hilft in allen Lebenslagen, verlängert das Rezept der Medikamente und gibt Daten an das Mental-Screening-Zentrum weiter.
Gottautomaten ermutigen, sind nett und weise. Ich hatte es mit einem versucht, er war geduldig, hat mir zugehört, unterbreitete mir Ratschläge, aber genutzt hat es nichts. Das Protokoll des Gottautomaten gab an, ich hätte einen unsozialen Hang zum Sarkasmus. Die Tests zeigten, er sei angeblich angeboren. Ich kann das alles nicht ernst nehmen. Nach jedem hartnäckigen Versuch mich korrigieren zu lassen, musste ich einfach bissige Kommentare von mir geben. Ich blieb unkooperativ, uneinsichtig, unwillig, resilient. Ich bin mir dessen bewusst, aber was soll ich machen, ich kann mich nicht durch jemanden ersetzen, der ich nicht bin!
Heutzutage sind alle Geräte auch KIs. Sitzt man vor einem Bildschirm, um sich einen Film anzugucken, wird man irgendwann darauf aufmerksam gemacht, was zu trinken, zu essen oder zu duschen. Sieht man müde aus, soll man ins Bett gehen, ist man ungekämmt soll man sich die Haare kämmen.
Mülltonnen quasseln einen voll, wirft man das Falsche hinein. Heizungen quasseln einen voll dreht man sie zu hoch. Betten quasseln einen voll, liegt man zu lange oder nicht richtig darin. Und leistet man nicht Folge, gibt es Punktabzug.
Auch in Möbeln, Teetassen oder Toastern stecken die Dinger drin. Es gibt nichts wo keine drin ist. Immer bekommt man einen Kommentar oder Ratschlag zu hören, „Das hast Du toll gemacht!“, „Das war aber nicht nett, das könntest Du besser!“, „Versuche es mal mit zwei Händen!“, „Du bist vorbildlich!“, sagt der Mülleimer, wenn die Bananenschale in die korrekte Tonne fliegt oder „Entschuldigung, aber Bananenschalen gehören nicht hier rein, das wissen Sie!“ sagt sie rechthaberisch wie ein Blockwart.
Man ist verpflichtet, das Smartphone die ganze Zeit bei sich zu tragen, was ohnehin jeder tut, ob mit oder ohne Verpflichtung. Was falsch und was richtig ist, entscheidet die KI. Aber machen wir ihr keinen Vorwurf. Diese unangenehme Obsession, stets nur das richtige zu sagen und zu machen, begann vor Jahren. Da wurde jeder, der aus der Reihe tanzte in moralischen Vorwürfen ertränkt. Das Fertigmachen von Abweichlern wurde teil der Kultur. Das Denunzieren und Zurechtbiegen lieferte den Grundstein des Algorithmus unserer Verhaltens-KI.
„Hallo, Du stehst seit drei Minuten nur rum, möchtest Du nicht was sinnvolles tun, aufräumen oder Essen zubereiten?!“, fragte die KI.
Die Verhaltens-KI soll zu einem besseren Leben führen. Ich zum Beispiel fluche gern, sage Dinge wie „Vollpfosten, Dummkopf, fauliges Brot, dummes Gemüse!“, wenn mir ein Vollpfosten, Dummkopf, fauliges Brot, dummes Gemüse über den Weg läuft. Jedes mal, wenn ich das sage, meldet sich die KI zu Wort: „Aber das sagt man nicht! Das war das dritte mal in dieser Woche, wir müssen 5 Punkte von deinem Social Score abziehen! Wir bedauern die Entscheidung!“
Manchmal muss ich mir einen dämlichen Vortrag über die Pflicht, sich anständig zu verhalten, anhören. Wenn ich es verweigere, bekomme ich nochmal 5 Punkte abgezogen. Das Leben im Smily-Rating-Irrenhaus. Ich habe die Schnauze voll und bin froh endlich in die Siedlung der Nullpunkt- Socialscore-Einheit gebracht zu werden.
Keiner will verstehen, dass diese KIs nur einer stinkreichen Minderheit gehorchen, die vorgibt, das Beste zu wollen aber in Wirklichkeit uns in einem KI-Käfig schmoren lässt.
Die meisten Menschen haben den Verstand verloren. Die machen alles was Ihnen die KI sagt. Sie verstehen nicht, dass sie selber denken könnten, sie verstehen nicht, dass das digitale Konstrukt lediglich dazu da ist, einen im Gefängnis zu halten. Diese ultra reiche Minderheit scheißt auf alles. Sie machen sich über uns lustig, wie wir in ihrem Labyrinth umherirren. Während sie ihre Endlosparty feiern.
Fürsorge & Moral
Ich hab alles versucht, um mich anzupassen, aber nichts hat geholfen. Was bleibt mir anders übrig als flapsige Kommentare auszuspucken. Ich habe es mit Medikamente, Yoga und Meditation versucht. Es gab da eine Yoga-Stunde, ich musste einfach die Lehrerin fragen, ob sie ihren Knoten wieder von alleine aufbekommt?
Augenblicklich meldete sich die Verhaltens-KI und hielt mir einen Vortrag darüber, wann man seinen Mund hält und wann nicht. Da mein Social-Score bereits einen kritischen Wert erreicht hatte, war es mir im Anschluss an die Yoga Stunde nicht vergönnt, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen.
Apropos Verkehrsmittel, keiner braucht mehr zu einem Arzt zu gehen für sein Medikament oder Gen-Präparat. Alles lässt sich über die Life-App abwickeln, nach zwei Stunden kommt eine Drohne vor die Haustüre gesummt.
Beliebt sind die bunten Gut-Fühl-Nano-Bot-Kapseln in Regenbogen-Farben, synthetische Drogen, die höchste Glücksgefühle versprechen. Ich hatte einmal welche genommen. Ich sah eine Woche lang, einen fremden Mann mit Wollmütze neben mir sitzen, der mir schmollend vorwarf, dass ich nicht mit ihm reden würde. Ich rede mit Niemandem der nicht da ist. Ich sagte es ihm, dann war er stink sauer. Entsetzlicher Zustand. Ich hab das Zeug wieder abgesetzt.
In den sozialen Medien wird dafür die Werbetrommel gerührt, nie wieder Angst haben. Glücksgefühle, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr! Der perfekte Zustand. Immer! Ständig! Unablässig! Die hysterisch fröhlichen, hochaufgelösten Gesichter auf den Bildschirmen drehen vor Glück förmlich durch. Der Anblick erzeugt Gedankenkrebs. Wahrscheinlich ist bei mir in der Erziehung etwas schief gelaufen. Ich versteht es nicht.
Vormünder
Wenn sich die CEOs der Konzerne oder ihre Marionetten, die Politiker, Promis an die Öffentlichkeit wenden, labern sie optimistisch, zuversichtlich, kumpelhaft darüber, dass „Nur die Einsichtigen des Erziehungsprogramms und der Maßnahmen Vorteile haben werden!“ Das sagen die andauernd.
Jeder, der das Spiel spielt, sich korrigieren lässt geht es gut. Hat Parkplätze, Einkaufsgutscheine, bessere Wohnungen, Rabbatbons für Sex-Roboter, Wellness Wochenenden in Freizeitparks, atmungsaktive Unterwäsche, angepasste Matratzen, 10er Pack T-Shirts und Anspruch auf medizinische Schuheinlagen. Man zählt auf Kooperation, Belohnung und Vertrauen. Wie das vonstatten gehen soll, erzählt die Verhaltens-KI. Immer nett, freundlich und extrem nervig. Ausschalten kann man das Ding nicht. Theoretisch könnte man es, aber dann gibts Punkteabzug.
Jeden morgen pünktlich um halb Acht meldet sich die Verhaltens-KI mit blöden Tagestips zu Wort.
„Heute wäre es prima, wenn Du vor dem Frühstück 20 Minuten Rückengymnastik machen würdest, hopp hopp!“, Oder „Wie wäre es mit einer Scheibe geröstetem Vollkornbrot und Soja Protein?“,
„Wenn ich Soja Protein nur höre, wird mir schlecht!“. „Das legt sich mit der Zeit und es regt die Verdauung an!“, sagt dann die KI freundlich.
Meine Vorliebe für diskriminierende Witze mag die KI überhaupt nicht. Kennen Sie den: „Warum reisen siamesische Zwillingen gern nach England? Damit der Andere auch mal fahren darf!“. Lustig, stimmt’s?
Und die KIs werden schlauer und hören neuerdings meine Eistellung aus meiner Stimme heraus. Da kann ich sagen, was ich will. Schlägt mir die Verhaltens-KI vor, ich solle ein Bio-Getreide-Brötchen statt eines labbrigen Hamburgers essen und ich sage dann, „Oh das ist eine gute Idee!“, sagt die KI gerissen, „Du meinst es nicht ehrlich, das ist nicht gut, leider müssen wir Dir 3 Punkte wegen Unaufrichtigkeit abziehen!“
Mittlerweile kann ich, meines schlechten Ratings wegen, nicht mal mehr mit dem E-Bus fahren oder einen Kaffe aus dem Automaten vor dem Supermarkt ziehen.
KIs machen die Guten besser und die Schlechten gut. Am Ende weiß jeder, wer gut und wer böse ist. So läuft die Transformation ins unendlich Gute. Die Algorithmen erziehen einen zur atmenden KI. Man hört, gehorcht labert alles nach. Nicht sehr abwechslungsreich. Die meisten Leute, mit denen ich zu tun habe, verhalten sich daher auch schon wie eine KI.
Social-Scoring
Für jeden schlechten Witz verliert man 5 Punkte, für jedes Schimpfwort 3 Punkte, unangemessenes Verhalten, 10 Punkte, zu lange auf den Hintern einer Frau geguckt- 10 Punkte, spöttische Bemerkung- 5 Punkte. Und so weiter und so fort.
Damit wird der Zugang zu Ressourcen, das Einkommen, welche Orte man betreten kann usw. geregelt. Abzüge sind ärgerlich. Unter einem bestimmten Punktestand, ist fast alles gestrichen. Laufen geht auch nicht. Gehwege sind mit Nutzungsauflagen wie Dauer und Abnutzungsparametern verbunden. Irgendwann sitzt man Zuhause und kaut Fingernägel. Der große nette Smiley ist nur die Fassade. Vordergründig geht es um die Erziehung für eine gesündere und glücklichere Welt, aber eigentlich geht es um Kontrolle.
Fuckrobots II
Ohne App kein Sex. Für alles braucht man eine App. Die wichtigste App ist die Life-App.
„Wir tanzen den APP-Boogie!“, „Ich denke das war unangebracht!“, sagt die KI
Die App für die Fuckrobots ist kostenlos. Mit der App aktiviert, bezahlt und synchronisiert man die Dinger. Dann hat für eine halben Stunde seinen Spaß. Ansonsten laufen sie im neutralen Herum-Lauf-Modus durch die Gegend.
Der Preis für eine halbe Stunde ist überschaubar und man hat keine Scherereien mit Krankheiten, unangenehmen Gerüchen und nervigen Stimmen. Der Konzern verspricht Hygiene, Gesundheit, Diskretion. Keimfrei soll es sein.
Es stehen fünf Modelle zur Auswahl: Jessika, Piere, Angelique, Gerald und Nano. Für jeden was dabei. Nano ist für die Transgender Fraktion. Es hat alles was ein Transgender braucht.
Jessika entspricht meinen Vorstellungen. Ich hatte mich einige Wochen mit ihr vergnügt bis ich die Lust verlor. Zum Aktivieren muss man das Smartphone an ihren Kopf halten. War die Aktivierung erfolgreich, blinzelte das Ding und sagte „Hallo Süßer!“ und war startklar. „Gehen wir zu Dir?“, sagte Jessika und grinste dämlich. Außerdem hatte sie einige obszöne Sachen auf Lager die mir gefielen.
Nach jedem Sex startete das Ding sein Desinfektions-Programm. Dafür musste man sich einige Schritte entfernen und eine Schutzbrille aufziehen. Heutzutage hatte jeder eine Schutzbrille, Handschuhe, Mundschutz und ein Desinfektionsmittel bei sich. Normalerweise in seinem Hygiene-Beutel. Das gehört zur Grundausrüstung eines verantwortungsvollen Bürgers. Schließlich will keiner ansteckende Krankheiten. Und die lauern überall. Insbesondere in Menschen.
Der Konzern, der die Dinger baut, ist die Semi-Soma-Corporation, kurz SS-Corp. Der Chef von SS-Corp. ist Bill Schmidt. Wer Bill Schmidt ist, weiß keiner. Er soll homosexuell sein und Multimilliardär. Die einzigen, die ihn kennen sagen, er sei ein Genie und dass er auf einer Insel lebt, Schafe züchtet und nur ungekochtes ißt.
Die SS-Corp soll ihre Finger überall drin haben.
Jessika war wie eine Droge. Am Anfang befreiend, euphorisierend, aber bald ermüdend. Nach der Ebbe kommt die Flut. Nach dem Rausch der Kater, nach Jessika die Leere!
Eine echte zwischenmenschliche Beziehung lässt sich nicht ersetzen.
Außer Sex war mit Jessika nicht viel anzufangen. Sinnvolle Gespräche? Fehlanzeige! Jessika faselte nur Textbausteine.
„Es gefällt mir wie, Du mich ran nimmst! Machs gut, bis zum nächste Mal! Vergiss das Rating nicht! Fünf Sterne und es gibt ein 5% Rabatt Gutschein.“
Auf alle anderen Fragen gab sie dumme Antworten.
Ich: „Kannst Du denken?“
Jessika: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstanden habe, was Du gesagt hast!“
Ich: „Wie kann man sich der Manipulation durch KI entziehen?“
Jessika: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstanden habe, was Du gesagt hast!“
Ich: „Ach vergiss es!“
Jessika: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstanden habe, was Du gesagt hast!“
Bei provokanten, interessanten Fragen wie:
„Was ist die Matrix?“
„Wer kontrolliert die Menschen?“,
„Gibt es einen Plan, um uns zu versklaven?“,
„Gibt es Außerirdische und wenn ja, welche Rolle spielen sie?“,
„Wohin wandert das ganze Geld?“, erntete man neutrale Kommentar:
„Das ist ein schöner Blumentopf, gibt es den in Gelb!?“
Dummerweise werden die Fragen an das Gesundheitszentrum weitergeleitet.
Man darf sich nicht wundern, wenn eine Einladung zum Mental-Screening auf dem Smartphone blinkt.
Mental-Screening
Kommen die KIs in ihrer Auswertung zu dem Ergebnis, eine spezielle, erzieherische Maßnahme sei angesagt, erhält man so eine Einladung, der man folge leisten muss. Ansonsten wird einem der Social Score auf Null gesetzt was dazu führt, dass man zu den Nullpunkt-Socialscore-Einheiten wandert. Den Socialscore Loosern.
Bei so einem Screening sollen mentale Abnormitäten justiert werden. Es findet immer in einem kleinen Raum statt.
An den hellen, grünen Wänden tanzen animierte Pflanzen herum und beruhigende Klänge klimpern in Endlosschleife im Hintergrund. Man sitzt einer lustigen Puppe gegenüber die so tut als könne sie reden. Man unterhält sich wie immer mit einer KI. Dazu wird Orangensaft serviert.
Das Prozedere besteht daraus, das einem zwei manchmal drei Fragen solange gestellt werden, bis man die, aus der Sicht der KI, korrekte Antwort gegeben hat.
War die Justierung erfolgreich, erhält man seine Social-Score-Punkte zurück.
Und alles ist gut. Bei mir haben die Screenings nicht funktioniert. Ich gab zwar die korrekte Antwort, aber die KIs sind clever. Es geht nicht nur darum, was man sagt, sonder auch wie man es sagt. In meinem Fall enthielt mein Unterton zu viele, ungute Vibrationen. Daher wurden mir die Punkte nicht zurück gegeben.
Erziehungsprogramm
Man braucht keine Gewalt, um Menschen zu erziehen. Man muss sie nur lange genug voll labern. Man muss nur lange genug auf jemanden einreden. Man muss dafür sorgen, dass sich keiner distanzieren kann. Unterstützt von einem Druck. Statusverlust funktioniert immer. die Furcht nicht dazu zu gehören.
Während ich die herumfliegenden Drohen über den Dächern beobachte, meldet sich mein Kühlschrank zu Wort. „Du bist nachdenklich, das ist nicht gut, möchtest Du nicht lieber einen lustigen Film gucken?“, „Nein danke!“, sage ich und denke „Halt die Fresse!“, „Jetzt eine Zigarette!“. Leider gibt es keine Zigaretten, dafür aber elektronisch verdampfende Glücksmacher. E-Smoke-Nanotechnologiepartikel, die sich in das Nervensystem graben und stimulierend auf Synapsen einhämmern, bis man vor Glück an die Decke hüpfen könnte. Ich mag diese intensiven Gefühle nicht, zumal sie künstlich sind, wie alles.
Party
Fuckrobots essen und trinken nicht. Es sind Maschinen, sie haben keinen Darm. Es gibt nur Halbleiter, Glasfaserkabel, Sensoren, Platinen, elektrische Ströme, eine Energiequelle. Was sie tun ist simulieren. Nachdem ich die Lust an Jessika verloren hatte, entdeckte ich die Partys. Es gibt doch noch Leute, die wie ich ein Problem mit dem Erziehungsprogramm haben. Logisch, ansonsten gäbe es ja auch keine Siedlung für Nullpunkt-Socialscore-Einheiten.
Aber diese Partys, wo Fuckrobots drangsaliert werden, haben mich dann doch überrascht. Das Leben in der technokratischen, durchmoralisierten Welt ist öde, langweilig und vorhersehbar. Aber Fuckrobots mit Flüssigkeiten abfüllen, die man nicht in sie hineinschütten darf, ist richtig lustig. Erst gibt es einen Kurzschluss, dann explodieren die Dinger mit viel Rauch und Funken.
Die Partys finden am Rande der Siedlung statt und sind eine willkommene Abwechslung.
Dort treffen sich Social-Score-Looser. Machen lustige Sachen, trinken Alkohol rauchen Zigaretten. Sie haben die Schnauze voll von Bevormundung und Maschinen. Die Parties sind die gesunde Reaktion auf Restriktion. Es gibt Leute, die das Spiel nicht spielen wollen.
Anscheinend kommen Algorithmen doch nicht mit allem klar!
Unlogisches Verhalten zum Beispiel, die Alternativrouten des Lebens lassen sich nicht vorhersehen. Das bereitet der Kontrolleinheit Kopfschmerzen. Irgendwann tauchen aber immer die netten Moral-Cops auf, beenden die Parties mit viel Verständnis. Das Druckmittel sind natürlich wie immer Sanktionen. Social Score Punkte Abzug und die Umsiedlung zu den Socialscore-Loosern. Aber die Moral Cops stehen vor einem Problem. Vielen ist es egal geworden.
Deshalb bieten die Moral Cops den Leuten Eingliederungsprogramme mit guten Konditionen an. Es werden Karrieren in Aussicht gestellt. Jeder, der sich von den Parties lossagt und in die KI-Welt zurückkehrt, erhält Rabattgutscheine und viele andere Vergünstigungen. Was bei einigen funktioniert. Am Ende ist jeder korrumpierbar. Aber Dinge laufen schief und jede Woche gibt es eine neue Partie.
Mit diesen Programmen in Dauerwerbeschleife will man die 30% zurückgewinnen. Em Ende will jeder nur Komfort und einen H4DD-Bildschirm. Außerdem werden kostenlose Entspannungsübungen und Massagen angeboten. Und natürlich Gutscheine für die Sex-Roboter. Die Teilnahme ist freiwillig. Dennoch kommen viele der Socialscore-Looser zurück und freuen sich auf ihre soziale Integration 2.0.
Endzeit Impression
Unter Brücken, am Rand entlegener Gleise, in Flüssen, an Parkplätzen verrotten Drohnen, Maschinen und anderes Zeug. Mikroorganismen, die Lakaien unser Welt, Diener der Zeit zerlegen alles still und heimlich. Unter der Kruste der Zivilisation finden Heilungsprozess statt.
Abtrünnige IT-Freaks hacken Fuckrobots und programmieren sie zu Erntehelfer um. Man sieht die Roboter auf den Äckern bei landwirtschaftlichen Arbeiten. Jenseits der Städte verliert die KI ihre Reichweite. Moral Cops verlassen ungern die Stadt.
Brennende, von Benzin übergossene Fuckrobots stolpern durch die Nacht, fallen um, brennen runter. Ein junger Mann mit freiem Oberkörper und Zigarette schlägt mit einem Beil den Kopf eines Fuckrobots vom Rumpf. Moral Cops stehen in der Nähe herum, sind unschlüssig, wissen nicht genau wie sie vorgehen sollen. Ihre Kontrolle hat Grenzen. Partys werden gefeiert. Menschen verhalten sich unlogisch. Die KI ist ratlos. Das Leben findet Nischen.
Gewaltfreie Gewalt
Gefängnisse, Schlagstöcke sind obsolet. Stattdessen zählte man auf die Technologie der penetranten Überredungskunst, auf der Einsicht an die alternativlose Notwendigkeit. Man steht vor der gelben Wand. Die KI sagt, „die Wand ist grün“. Okay, das funktioniert nicht sofort. Aber wenn sie es ständig predigt, ist die Wand irgendwann grün. Gedankenkontrolle durch dauernde Beschallung vermeintlicher Tatsachen. So wird die eigene Beobachtung untergraben. „Was Fake und was Fakt ist, das bestimmen wir!“, sagen die Vormünder!
Das Ziel,- Selbstzensur. Aus Furcht, den Halt der Gemeinschaft zu verlieren, sorgt das Sozial-Scoring für den notwendigen Druck. Mit niedrigem Score verschwinden Kreditwürdigkeit und der Zugang zu Ressourcen, garantiert Erfolglosigkeit in zwischenmenschlichen Beziehungen. Ein ausreichender Social-Score garantiert strahlender Erfolg, wünschenswerte Dinge und uneingeschränkten Zugang zu Recourcen. Gleichschaltung wird belohnt, freies Denken bestraft. Binäre Logik und Wahrnehmungslobotomie.
Das Ziel,- überzeugte und überzeugende, alberne Figuren die sagen, „Die Wand ist grün!“, selbst wenn sie gelber nicht sein könnte.
Alle sollen das Spiel spielen. Aber nicht alle sehen grüne Wände. Manche feiern lieber Parties, treffen sich an geheimen Orten, verweigern den Gehorsam, verhalten sich unlogisch.
Aber ging man wirklich davon aus, die Methode funktioniere zu 100 %? Wohl kaum! Wahrscheinlich genügt es, wenn sie bei 75 % funktioniert. Und das System wird durch Parties und Querdenker nicht ernsthaft gefährdet. Man setzt auf Zeit. Früher oder später will jeder ein gutes, ein sicheres Leben. Dann gibt es auch keine Parties mehr. Sie enden vor der gelben Wand.
Es läutet an der Tür
Als es an der Tür läutet, stehen die zwei Moral Cops in den typisch gelben Overalls und ihren blöden bunten Caps davor. Ein Mann, eine Frau mittleren Alters wie immer freundlich, dämlich grinsend.
„Ihr bringt mich in die Siedlung, weil mein Score auf Null ist, richtig?“
„Hy, wir sind Jenny und Klaus, alles locker, ja nee du lass dich überraschen. Wir bringen Dich schon wo hin, hast Du gepackt? Ist alles Ready-Freddy für den Abflug?“
Der Moral Cop lacht und schaut mich mit verzerrtem Gesicht an. Er grinst. Seine Kollegin nimmt eine schwarze, geschnitzte Tänzerin aus Holz, die auf dem Tischchen neben der Tür steht hoch und schaut darunter.
„Nehmen Sie die mit?“.
„Nein bleibt hier, ich hab nur zwei Taschen.“, sage ich.
„Kann ich die haben?“, „Meinetwegen!“, „Das ist lieb!“
„Ich bin fertig!“, sage ich.
„Dann lets go!“
Sie schauen sich an, lachen.
Ich habe keinen blassen Schimmer was so lustig ist!
Klaus öffnet die Tür des E-Autos. Ich steige ein. Jenny verstaut die Taschen im Kofferraum, dann setzt sie sich auf den Beifahrersitz neben Klaus.
Summend fahren wir in den Sonnenuntergang. Im Auto ist es still.
Ich schaue aus dem Fenster. Die Welt liegt still hinter dem Glas und mir wird klar, das alle nur das Beste wollen. Es kommt vielleicht etwas verzerrt rüber. Ansonsten ist ja alles in Ordnung. Ich muss es nur lockerer nehmen. Am Ende wird schon alles gut werden.
Ein Artikel bildet zwangsweise die Meinung eines Einzelnen ab. In Zeiten der Propaganda und Gegenpropaganda ist es daher umso wichtiger sich mit allen Informationen kritisch auseinander zu setzen. Dies gilt auch für die hier aufbereiteten Artikel, die nach besten Wissen und Gewissen verfasst sind. Um die Nachvollziehbarkeit der Informationen zu gewährleisten, werden alle Quellen, die in den Artikeln verwendet werden, am Ende aufgeführt. Es ist jeder eingeladen diese zu besuchen und sich ein eigenes Bild mit anderen Schlussfolgerungen zu machen.
2 Antworten
[…] Eine Simulation ist eine Simulation, ist eine Simulation, ist eine Simulation ist eine Simulation … „Go ask Alice when she’s ten feet tall“ summe ich vor mich hin, dann den Refrain: „When the men on the chessboard get up and tell you where to go!“, es ist Sommer, es riecht nach Müll, toten Ratten und es kreisen Drohnen über der Stadt. — Weiterlesen http://www.konjunktion.info/2023/07/gastbeitrag-guten-programme/amp/ […]