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Systemfrage: Der Kanzler von BlackRocks Gnaden?Lesezeit: 6 Minuten

BlackRock Drehtür - Bildquelle: www.konjunktion.info (KI generiert)

BlackRock Drehtür – Bildquelle: www.konjunktion.info (KI generiert)

Unter dem „Revolving-Door-Effekt (Drehtür-Effekt)“ wird der Wechsel von Personen zwischen Positionen in der Politik, öffentlichen Institutionen und der Privatwirtschaft verstanden. Dieser Wechsel kann dabei in beide Richtungen erfolgen – von einer politischen oder öffentlichen Funktion in die Wirtschaft oder umgekehrt – und wirft nicht zuletzt Fragen zu Interessenkonflikten, Transparenz und ethischen Standards auf. Fragen, die natürlich jene gerne beiseite wischen, denen sie gestellt werden.

Dass der gezielte „Wechsel“ von Politik in die Wirtschaft und vice versa zahlreiche Probleme mit sich bringt und zu Kritik führt, hat viele Gründe:

  • Interessenkonflikte: Es besteht das Risiko, dass Personen Entscheidungen in der Politik zugunsten ihrer späteren Arbeitgeber treffen (oder umgekehrt).
  • Ungleichgewicht: Der Zugang zu politischen Entscheidungsträgern wird für große Unternehmen erleichtert, was zu einer Verzerrung des politischen Prozesses führen kann.
  • Imageverlust: Solche Wechsel können das Vertrauen in staatliche Institutionen und Unternehmen beschädigen, wenn sie als undurchsichtig wahrgenommen werden.
  • Machtmissbrauch: Wie unabhängig und unvoreingenommen wird ein Politiker agieren, wenn er a) Themen seines ehemaligen Arbeitgebers berührt oder b) weiß, dass er demnächst in ein Unternehmen wechselt, dessen Geschäftsbereich er mit seinen politischen Entscheidungen berührt?
  • Gesetzgebung: Der Großteil der heutigen Gesetze werden von Anwaltsfirmen geschrieben, die die Interessen ihrer Auftraggeber verfolgen. Auch hier findet ein reger Austausch zwischen Politik und Kanzleien statt.

Und genau jenen „Revolving Door-Effekt“ können wir wunderbar bei Friedrich Merz, dem designierten Kanzlerkandidaten und wohl auch zukünftigen Kanzler der CDU feststellen:

Friedrich Merz war zwischen 2016 und 2020 als Aufsichtsratsvorsitzender (Chairman of the Supervisory Board) der BlackRock Asset Management Deutschland AG tätig, der deutschen Tochtergesellschaft des weltweit größten Vermögensverwalters BlackRock:

1. Rolle und Aufgaben bei BlackRock Deutschland

Als Aufsichtsratsvorsitzender hatte Merz primär eine überwachende Funktion inne. Der Aufsichtsrat ist nicht für das operative Geschäft verantwortlich, sondern kontrolliert und berät die Geschäftsführung. Seine Hauptaufgaben waren:

  • Überwachung der Unternehmensführung: Sicherstellen, dass die deutschen Geschäfte von BlackRock in Übereinstimmung mit rechtlichen Vorgaben und Unternehmenszielen geführt werden.
  • Strategische Beratung: Unterstützung der Geschäftsführung bei strategischen Entscheidungen.
  • Repräsentation des Unternehmens: Als prominente Persönlichkeit war Merz auch eine Art „Aushängeschild“ für BlackRock in Deutschland.

2. Verbindung zur Politik und Lobbyismus

Merz’ Tätigkeit bei BlackRock muss im Kontext seiner Verbindungen zur Politik kritisch betrachtet werden. BlackRock verwaltet enorme Vermögenswerte, darunter auch Anteile an vielen DAX-Unternehmen, was dem Unternehmen erheblichen Einfluss verleiht.

Kritiker werfen Merz vor, BlackRock hätte ihn als Türöffner zur Politik genutzt, insbesondere in Deutschland und der EU. Merz selbst wies diese Vorwürfe zurück und betonte, er sei nicht für Lobbyarbeit zuständig gewesen.

3. Zeitlicher Kontext

Als Merz 2016 die Position übernahm, befand er sich in einer Phase zwischen seinen politischen Ämtern. Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag 2009 war er in der Wirtschaft tätig, unter anderem bei der Anwaltskanzlei Mayer Brown und verschiedenen Aufsichtsratspositionen. Er trat 2020 von seiner Position bei BlackRock zurück, als er sich erneut verstärkt in die Politik einbringen wollte, insbesondere mit Blick auf den CDU-Vorsitz.

4. Kritik und Kontroversen

Merz’ Tätigkeit bei BlackRock wurde in politischen und medialen Debatten häufig kritisch beleuchtet:

  • Cum-Ex-Skandal: BlackRock geriet im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften ins Visier der deutschen Finanzbehörden. Obwohl Merz zum Zeitpunkt dieser Vorgänge nicht im Unternehmen war und keine operative Verantwortung hatte, stand er durch seine Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender in der Kritik.
  • Interessenkonflikte: Gegner warfen ihm vor, seine Nähe zu einem globalen Finanzgiganten sei problematisch im Hinblick auf seine politischen Ambitionen. BlackRock selbst betonte, dass Merz kein Lobbyist im klassischen Sinne war und keine direkten Mandate für die Vermögensverwaltung vermittelt hat.

Merz Vergütung bei BlackRock belief sich im Übrigen laut Schätzungen auf rund 150.000 Euro pro Jahr, zusätzlich zu anderen Tätigkeiten wie Beraterposten und Aufsichtsratsmandaten.

Merz Politk und BlackRocks „Unternehmensziele“ haben (zufälligerweise *Ironie aus*) zahlreiche Gemeinsamkeiten:

So gibt es potenzielle Überschneidungen zwischen den politischen Vorstellungen von Friedrich Merz und den Zielen BlackRocks, insbesondere im Bereich Wirtschaftspolitik, Regulierung und Nachhaltigkeit (ESG-Kriterien: Umwelt, Soziales, Governance). Diese Überschneidungen basieren dabei auf Merz‘ wirtschaftsliberalen Positionen und BlackRocks Rolle als globaler Finanzakteur, der ESG zunehmend in den Fokus rückt.

1. Nachhaltigkeit und ESG-Kriterien

BlackRock hat unter dem Vorstandsvorsitzenden Larry Fink eine starke Betonung auf ESG-Kriterien gelegt, insbesondere durch die Forderung, dass Unternehmen sich stärker auf Klimaschutz und soziale Verantwortung konzentrieren. Das Unternehmen fordert von seinen Portfoliounternehmen:

  • Klimaziele: Klare Strategien zur Reduktion von CO2-Emissionen.
  • Governance-Strukturen: Verbesserte Transparenz und ethische Standards.
  • Soziale Verantwortung: Maßnahmen zur Diversität und zum Schutz von Arbeitnehmerrechten.

Friedrich Merz hat sich zwar kritisch zu strikten Umweltvorgaben und staatlich erzwungenen ESG-Maßnahmen geäußert, wie etwa zur EU-Taxonomie. Gleichzeitig bekennt er sich zu einer Fortführung der grünen Energiepolitik als auch der wirtschaftsfreundlichen Umsetzung von „Klimaschutz“, die auf Marktlösungen und Innovation statt staatlicher Regulierung setzt. Diese Haltung ist in Teilen mit BlackRocks Fokus auf nachhaltige Investitionen kompatibel, da BlackRock auf marktwirtschaftliche Mechanismen zur Erreichung von ESGZielen setzt.

2. Finanzmarktregulierung

BlackRock hat ein Interesse an stabilen, aber unternehmensfreundlichen Regulierungen, die es ermöglichen, Vermögen effizient zu verwalten. Merz’ liberale Einstellung zur Wirtschaft weist hier Berührungspunkte auf:

  • Steuerpolitik: Merz plädiert für niedrigere Unternehmenssteuern, was auch BlackRock indirekt zugutekäme bzw. den Firmen an den BlackRock Aktienanteile hält.
  • Regulierung der Finanzmärkte: Merz hat sich in der Vergangenheit für eine Entbürokratisierung und gegen übermäßige Regulierungen ausgesprochen. BlackRock hat sich ebenfalls gegen übermäßige Eingriffe positioniert, etwa im Zusammenhang mit der EU-Finanzmarktregulierung.

3. Förderung von Kapitalmärkten

Sowohl Friedrich Merz als auch BlackRock teilen die Überzeugung, dass eine stärkere Kapitalmarktfinanzierung notwendig ist:

Merz hat mehrfach gefordert, die Aktienkultur in Deutschland zu stärken, etwa durch die Einführung eines Aktiensparmodells für die Rente. BlackRock als großer Vermögensverwalter profitiert direkt von einem Ausbau kapitalmarktorientierter Altersvorsorge. Beide könnten somit ähnliche Ziele verfolgen, wenn es darum geht, Kapitalmärkte zu fördern und Menschen stärker für private Vorsorge zu gewinnen.

Conclusio

Merz’ wirtschaftsliberale Politik und seine frühere Tätigkeit bei BlackRock begünstigen potenziell (noch ist er nicht Kanzler) die Interessen der Finanzbranche, insbesondere in den Bereichen Steuererleichterungen und Deregulierung. Auch wenn die ESG-Initiativen von BlackRock mit Merz‘ skeptischer Haltung zu verbindlichen Nachhaltigkeitszielen in Konflikt geraten könnten, da diese oft strengere staatliche Vorgaben erfordern, dürfte Merz diese alsbald über Bord werfen, sobald er im Kanzleramt sitzt.

Die Annahme, dass Merz eine eigenständige Politik betreiben wird, die losgelöst von den Interessen seines alten Arbeitgebers sind, ist in meinen Augen realitätsfern. Friedrich Merz mag bei BlackRock nur eine kontrollierende und beratende Funktion inne gehabt haben, ohne direkt operativ tätig zu sein – dennoch muss seine Tätigkeit aufgrund des Machtpotentials von BlackRock und der engen Verzahnung mit der deutschen Wirtschaft zu kontroversen Diskussionen über Lobbyismus und mögliche Interessenkonflikte führen. Gerade dann wenn er tatsächlich der neue Kanzler Deutschlands wird.

Ein Kanzler von BlackRocks Gnaden?

Quellen:
Wikipedia – Drehtür-Effekt
„Revolving Doors“ als institutionelle Korruption im legislatorischen Feld – Ralf Kölbel
Blackrock wirft noch immer einen Schatten auf Friedrich Merz
Ex-Chef spricht über Gehalt von Friedrich Merz
Blackrock, die unbekannte Finanzmacht
Friedrich Merz und BlackRock: Plötzlich alles grün?

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