Skip to content

Frankreich: Neues „Anti-Randalierergesetz“ erlassen – Hat die Regierung Angst vor den „Gelben Westen“?Lesezeit: 3 Minuten

Emmanuel Macron - Bildquelle Wikipedia / EU2017EE Estonian Presidency; Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 2.0 generisch“

Emmanuel Macron – Bildquelle Wikipedia / EU2017EE Estonian Presidency; Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung 2.0 generisch“

Am 31. Januar 2019 stimmte der Großteil der französischen Nationalversammlung dem Loi anti-casseurs („Anti-Randalierergesetz“) zu. Ein Gesetz, dass nicht nur aus den Reihen von Emmanuel Macrons eigener Partei En Marche stammt, sondern auch Dank der Unterstützung der Partei des ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy verabschiedet wurde. Bereits Anfang Januar hatte der französische Senat eine ähnliche Gesetzesvorlage auf den Weg gebracht, dessen am hitzigsten diskutierter Teil im neuen Gesetz Einzug fandet: dem Recht, dass Teile des französischen Staatsapparates bestimmten Personen die Teilnahme an Protesten verbieten können.

Damit wandert die Entscheidung, ob Demonstranten an Protesten teilnehmen dürfen, in die Hände ungewählter französischer Präfekten, die von der Regierung benannt werden.

Auf lokaler Ebene können jetzt die Präfekten bestimmte, nicht genehme Personen daran hindern an Demonstrationen teilzunehmen. Eine vollkommenes Verbot ist aktuell durch einen Präfekten noch nicht möglich – aber bekanntlicherweise bedürfen manche Dinge eines nur etwas längeren Anlaufs.

Mittels des neuen Gesetzes können bestimmte Personen für den Zeitraum eines Monats nicht mehr an Protesten teilnehmen, wenn diese Individuen in speziellen Polizeiakten/-datenbanken auftauchen – selbst wenn sie keine Vorstrafen haben.

Der Innenminister Frankreichs, Christophe Castaner dazu in schönstem Orwellschen Neusprech:

Es gibt keinen Grund Zerrbilder zu zeichnen, da dieses Gesetz unter keinen Umständen etwas anderes tut als das Demonstrationsrecht zu schützen.

Auf deutsch: das Aussetzen des Demonstrationsrechts für bestimmte Personen schützt das Recht auf Protest.

Das Loi anti-casseurs („Anti-Randalierergesetz“) umfasst auch ein Verbot, dass die Demonstranten keine Helme, einen Schal oder Masken tragen dürfen, um sich beispielsweise gegen Tränengas zu schützen. Verstösse dagegen können mit einer Strafe von bis zu 15.000 € belegt werden.

Artikel 1 des Gesetzes erlaubt es den Strafverfolgungsbehörden zudem, die Demonstranten nach potenziellen Waffen zu durchsuchen. Das kann darauf hinauslaufen, dass große Sicherheitskontrolldurchsuchungen durchgeführt werden müssen, bevor eine Demonstration überhaupt beginnen kann. Zudem erlaubt es der Polizei zu jedem Zeitpunkt Demonstranten aufzugreifen, zu durchsuchen und damit über einen längeren Zeitraum aus dem „Verkehr zu ziehen“.

Es ist nicht das erste Mal, dass Emmanuel Macron versucht der Staatsmacht mehr Möglichkeiten zur Sicherung der eigenen Macht angedeihen zu lassen. Bereits vor einem Jahr wurde ein Gesetz gegen Fake News erlassen, dass die direkte Zensur in Zeiten des Wahlkampfes von Nachrichtenquellen erlaubt, die man staatlicherseits als unglaubwürdig definiert hat. Diese Gesetz wurde im Übrigen kurz nach den MacronLeaks auf den Weg gebracht. Damals forderte die französische Wahlkommission die Hochleistungspresse dazu auf, die Leaks nicht zu thematisieren und „den Inhalt dieser Dokumente nicht weiterzugeben, um die Integrität der Wahl nicht zu verändern, die gesetzlich festgelegten Verbote nicht zu brechen und sich nicht der Begehung von Straftaten auszusetzen“.

Selbst in der Partei Macrons gibt es kritische Stimmen die sich gegen das Loi casseurs aussprechen, aber es letztlich nicht verhindern konnten. Charles de Courson, der nicht zu Macrons Partei gehört, fasste es treffend zusammen als er sagte:

Es ist, als lebten wir wieder unter dem Vichy-Regime [dem französischen kollaborativen NS-Regime der 1940er Jahre in Südfrankreich]. Sie sind vermutlich Mitglied der Resistance, also werfen wir Sie ins Gefängnis. Aufwachen! Wachen Sie auf, meine Kollegen!
[…] An dem Tag, an dem Sie eine andere Regierung an der Macht haben – eine rechtsextreme Regierung – und Sie sind in der Opposition, werden Sie feststellen, dass es ein reiner Wahnsinn ist, für diesen Gesetzestext zu stimmen.

De Courson wirft die berechtigte Frage auf, wie die Abgeordneten reagiert hätten, wenn ein solches Gesetz von einer rechtsextremen Regierung verabschiedet bzw. eingebracht worden wäre. Es käme dann wohl zu einem internationalem Aufschrei und möglicherweise zu internen Untersuchungen der Europäischen Union. Aber da Macron Pro-EU ist, dürfte eine solch kritische Betrachtung eher ausfallen.

Quellen:
Fearing Yellow Vests, Macron Attacks French Civil Liberties
Macron Is Using the „Fake News“ Excuse to Attack Press Freedom
French media warned not to publish Emmanuel Macron leaks

Beitrag teilen:

Ein Artikel bildet zwangsweise die Meinung eines Einzelnen ab. In Zeiten der Propaganda und Gegenpropaganda ist es daher umso wichtiger sich mit allen Informationen kritisch auseinander zu setzen. Dies gilt auch für die hier aufbereiteten Artikel, die nach besten Wissen und Gewissen verfasst sind. Um die Nachvollziehbarkeit der Informationen zu gewährleisten, werden alle Quellen, die in den Artikeln verwendet werden, am Ende aufgeführt. Es ist jeder eingeladen diese zu besuchen und sich ein eigenes Bild mit anderen Schlussfolgerungen zu machen.
www.konjunktion.info unterstützen:

Das könnte Ihnen auch gefallen …

9 Antworten

    Sie müssen angemeldet sein, um die Kommentare lesen zu können.
Skip to content