Ukraine: US-Kriegsvorbereitungen per Gesetzesvorlage „Russian Aggression Prevention Act“?Lesezeit: 6 Minuten
Bereits am 1. Mai 2014 brachte der republikanische Senator Bob Corker, Tennessee, den sogenannten Russian Aggression Prevention Act of 2014 als mögliche Gesetzesvorlage in den Senat ein. Zwischenzeitlich wurde dieser Gesetzesvorschlag zweimal gelesen und an das Committee on Foreign Relations weitergeleitet.
So weit, so gut. Doch was steckt hinter diesem von Neusprech strotzenden Titel wirklich?
1. Dauerhafte Stationierung von NATO-Truppen in Polen und den baltischen Staaten (S. 11, Z. 8ff.)
2. Beschleunigung des Ausbaus der dritten Stufe des Raketenabwehrschildes (S. 11 Z. 17ff.)
3. Forderung nach Abzug der russischen Truppen von der russischen (!) Grenze (S. 21, Z. 14ff.)
4. Stärkung der US-deutschen Zusammenarbeit bei globalen und europäischen Sicherheitsfragen (S. 14, Z. 3ff.)
5. Der Passus „Abschreckung weiterer russischer Aggression in Europa“ umschreibt die
[…] policy of the United States (1) to use all appropriate elements of United States national power, in coordination with United States allies, to protect the independence, sovereignty, and territorial and economic integrity of Ukraine and other sovereign states in Europe and Eurasia from Russian aggression;[…] (S. 14, Z. 14ff.)
([…] Politik der Vereinigten Staaten, alle geeigneten Elemente der nationalen Macht der Vereinigten Staaten, in Koordination mit den Alliierten der Vereinigten Staaten, zu verwenden, um die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Ukraine und andere souveräner Staaten in Europa und Eurasien gegen russische Aggression zu schützen.)
a. to support the people of Ukraine, Moldova, and Georgia in their desire to forge closer ties with Europe, including signing an Association Agreement with the European Union as a means to address endemic corruption, consolidate democracy, and achieve sustained prosperity (S. 17, Z. 6ff.)
(um das Volk der Ukraine, Moldawien und Georgien in Ihrem Wunsch zu unterstützen, engere Verbindungen mit Europa zu schmieden, eingeschlossen der Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union, um endemische Korruption anzusprechen, um Demokratie zu festigen und anhaltendem Wohlstand zu erzielen.)
b. to explore ways for the United States Government to assist the countries of Europe and Eurasia to diversify their energy sources and achieve energy security, including through the development of a transatlantic energy strategy. (S. 18, Z. 23ff., wie auch S. 52, Z. 9ff.)
(um Wege für die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zu finden, die Länder von Europa und Eurasien bei der Diversifizierung der Energiequellen zu unterstützen und Energiesicherheit zu erreichen, einschließlich durch die Entwicklung einer transatlantischen Energiestrategie.)
c. Zusätzlich sollen auch die Exportmöglichkeiten der USA bezogen auf deren „Natural Gas“ (Fracking) schneller bereitgestellt werden (S. 51, Z. 10ff.) und ukrainische Energiequellen sollen durch die Hilfe von US-Regierung und -Firmen erschlossen werden (S. 52, Z. 11ff., S. 53, Z. 22ff.).
Daneben beschäftigt sich die Gesetzesvorlage auch mit einer zusätzlichen europäischen Gasleitung durch die Türkei nach Osteuropa (Reporterstellung, S. 55, Z. 22ff.), der US-Unterstützung beim Bau neuer Kernkraftwerke in der Ukraine (S. 56, Z. 13ff.) und der Unterstützung der russischen Demokratie und Zivilorganisationen mit einem jährlichen Budget von 10 Millionen US-Dollar (S. 42, Z. 15ff.)
Weiterhin soll mit diesem Gesetz eine neue, verschärfte Runde an Sanktionen gegen Russland möglich sein, falls nach Verabschiedung dieses Gesetzes die russischen Truppen nicht innerhalb von sieben Tagen die Krim verlassen haben (falls sie nicht Teil der Abkommen zwischen Russland und der Ukraine sind, S. 19, Z. 3ff.).
Hinzu kommen umfangreiche Militärlieferungen an Kiew (S. 44, Z. 14ff.), der Austausch von Aufklärungsdaten und Geheimdiensterkenntnissen (S. 47, Z. 10) und die Verleihung des „Major non-NATO ally“-Status an die Ukraine, Georgien und Moldawien.
Doch der wesentlichste Punkt ist in Section 102 (S. 8, Z. 9ff.) versteckt:
The President shall direct the United States Permanent Representative on the Council of the North Atlantic Treaty Organization (in this Act referred to as the „United States Permanent Representative to NATO „), to use the voice, vote, and influence of the United States to
(Der Präsident leitet die ständigen Vertreter der Vereinigten Staaten für den Rat der Organisation des Nordatlantikvertrags (in diesem Gesetz als „Ständige Vertreter der Vereinigten Staaten bei der NATO“ bezeichnet), um die Stimme, das Votum und den Einfluss der USA zu nutzen, um)(1) reaffirm the United States commitment to the NATO Alliance, including its Article V commitment to all NATO member-states, regardless of size or duration of membership;
(das US-Engagement innerhalb der NATO-Allianz zu bekräftigen, einschließlich des Artikels V für alle NATO-Mitgliedsstaaten, unabhängig von Größe oder Dauer der Mitgliedschaft;)
Artikel 5 des NATO-Vertrags ist der sogenannte Bündnisfall:
Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird; sie vereinbaren daher, dass im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jede von ihnen in Ausübung des in Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen anerkannten Rechts der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung der Partei oder den Parteien, die angegriffen werden, Beistand leistet, indem jede von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Parteien die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten.
Von jedem bewaffneten Angriff und allen daraufhin getroffenen Gegenmaßnahmen ist unverzüglich dem Sicherheitsrat Mitteilung zu machen. Die Maßnahmen sind einzustellen, sobald der Sicherheitsrat diejenigen Schritte unternommen hat, die notwendig sind, um den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit wiederherzustellen und zu erhalten.
Zusammen mit dem angedachten „Major non-NATO ally“-Status für die Ukraine ist das eine klare und unverhohlene Kriegsdrohung und -vorbereitung der USA gegenüber Russland. Interessanterweise finden ab September zahlreiche NATO-Übungen in der Ukraine und angrenzenden Ländern statt. Auch wenn die Zahl der Soldaten an diesen Übungen für einen Angriff nicht ausreichen dürfte (ca. 3.340 Mann), kann man das alles unter dem Begriff der Kriegsvorbereitungen subsummieren:
- Stärken oder Errichten von Bündnissen.
- Schwächung der russischen Wirtschaft durch Sanktionen.
- Ausbau der Raketenabwehr.
- Fünfte Kolonne in Russland stärken.
- Abhängigkeit von russischen Energiequellen reduzieren.
Sollte dieser Gesetzesvorschlag angenommen werden, zieht Washington Linien in den Sand, die Russland in dieser Form niemals akzeptieren kann und wird. Die Konsequenzen bei Nichteinhaltung des zu verabschiedenden Gesetzentwurfs sind zunächst weiter verschärfte Sanktionen auf vielen Gebieten. Wir befinden uns also noch in der Phase ein bis zwei Jahre vor einem möglichen Waffengang. Es ist zu befürchten, dass die USA nicht mehr aufhören werden in den Medien für entsprechende Stimmung zu sorgen und den Druck auf Russland konsequent vergrößern. Spätestens bei der Krimfrage werden die Russen ihre eigene rote Linie gezogen haben und die USA und ihre Vasallen bekommen den Krieg, denn sie anscheinend so dringend wollen und brauchen.
Quellen:
S.2277 – Russian Aggression Prevention Act of 2014
S.2277 – Russian Aggression Prevention Act of 2014 – PDF
Senator Bob Corker
Wikipedia – Bündnisfall
Ein Artikel bildet zwangsweise die Meinung eines Einzelnen ab. In Zeiten der Propaganda und Gegenpropaganda ist es daher umso wichtiger sich mit allen Informationen kritisch auseinander zu setzen. Dies gilt auch für die hier aufbereiteten Artikel, die nach besten Wissen und Gewissen verfasst sind. Um die Nachvollziehbarkeit der Informationen zu gewährleisten, werden alle Quellen, die in den Artikeln verwendet werden, am Ende aufgeführt. Es ist jeder eingeladen diese zu besuchen und sich ein eigenes Bild mit anderen Schlussfolgerungen zu machen.
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