Deutschland: Von stagnierenden Reallöhnen, zunehmender Wertschöpfung und „verschwundenen“ 4,5 Billionen EuroLesezeit: 5 Minuten
Bereits im Dezember 2014 machte Professor Hans-Werner Sinn die Rechnung auf, dass aufgrund der Niedrigzinspolitik der EZB Deutschland und seinen Bürgern seit 2008 ein jährlicher Schaden von 60-70 Milliarden Euro entstanden ist. Summa summarum also 420-490 Milliarden Euro.
Sinn, aber auch der inzwischen verstorbene Professor Wilhelm Hankel, beziffer(te)n zudem den Schaden den Deutschland seit Einführung des Euros zu tragen habe auf 300 Milliarden Euro pro Jahr. Das entspricht in etwa 4,5 Billionen Euro, die Deutschland seit 2000 nicht zur Verfügung stehen, um wichtige Investitionen, beispielsweise in die Infrastruktur, vorzunehmen.
Doch wer bzw. wohin fliessen/flossen diese 4,5 Billionen Euro?
Wer profitiert vom deutschen „Hamsterrad“, von der deutschen Schuldenbremse, die die Ersparnisse der Deutschen pulverisiert oder der längeren Lebensarbeitszeiten (vgl. 7 Jahre länger als in Frankreich)?
Jedes Jahr wird ein Eurogegenwert von 60% des Staatshaushaltes oder 10% des deutschen BIPs irgendwohin transferiert. Ein Transfer, der natürlich nicht von Medien, Politik oder Wissenschaft direkt adressiert wird. Nicht adressiert, weil es den Anschein hat, dass es eine stillschweigende Vereinbarung zu geben scheint, den deutschen Steuerzahler nicht die Wahrheit zu sagen: Dass diese 4,5 Billionen Euro letztendlich nichts anderes sind, wie eine andere Form von Versailles II.
Aber man muss ja aufpassen, wenn man solche unbequemen Tatsachen ausspricht, um nicht direkt in der rechten Ecke zu landen. Was natürlich Schwachsinn ist, aber die – insbesondere in Deutschland – einfachste Methode ist, um Kritiker und Nachfragende mundtot zu machen.
Die heutige Wertschöpfung wird vornehmlich von den Generationen der 1950er, 1960er und Anfang 1970er erwirtschaftet. In den letzten 15 Jahren fand zudem die größte Expansion der Weltwirtschaft (Asien, Südamerika) statt. Auch Deutschlands Firmen profitierten davon im erheblichen Masse. Doch was ist davon bei den Bürgern, bei den oben erwähnten Generationen, angekommen? Einfache Antwort: Nichts.
Heute ist es dagegen Standard, dass beide Elternteile zum Einkommen beitragen müssen, um über die Runden zu kommen. Die wenigsten wollen noch Kinder in die Welt setzen. Aus dem Wissen heraus, dass man es „sich nicht leisten kann“. Wie weit sind wir schon gekommen?
Während kritische Bürger, die instinktiv spüren, dass angesichts der zerfallenden Infrastruktur, unbenutzbaren Hochschuleinrichtungen oder einem bewusst dummmachenden Schulsystem etwas nicht stimmen kann, als Wutbürger von realitätsfremden Redakteuren abgekanzelt und verunglimpft werden, ist ein Ende nicht erkennbar. Stattdessen werden wir neue Maßnahmen sehen, die Deutschlands Bürger noch weiter belasten und – sagen wir es rund heraus – ausplündern werden. Bei der unabwendbaren Schuldenrestrukturierung im Euro-Raum wird Deutschland die Hauptlast tragen müssen. Nach Abgabenerhöhungen, Cross-Border-Leasing, steuerfreier Hebung der Rückstellungen für die Unternehmen, Cross-Holdings, Schuldenbremse, Investitionsstopp, Niedriglohn oder Energiewende, muss spätestens mit den Boston Consulting Group Papier Back to Mesopotamia? The Looming Threat of Debt Restructuring jedem klar sein, wohin der Weg unweigerlich führen wird.
Und niemand aus Politik, Wirtschaft und Medien stellt die offensichtlichen Fragen, wenn man sich dieser Gegebenheiten bewusst wird:
- Warum das Ganze?
- Wer zwingt Deutschland dazu?
- Wieso schafft es die deutsche Politik nicht – trotz des größten Anteils – einen deutschen EZB-Präsidenten durchzusetzen?
- Warum spielen wir das Spiel „Griechenland“ mit?
- Wieso wird der Einfluss von Goldman Sachs, JP Morgan und Co. im Zuge der Eurobeitritte von Griechenland oder Italien nicht aufgeklärt und gerichtlich verfolgt?
- Welche Rolle spielt der 2+4-Vetrag in dieser Thematik?
- Welche Zusatzprotokolle gibt es, die das plötzliche Einlenken Frankreichs und Großbritanniens zur deutschen Wiedervereinigung ermöglichten?
- Wie viel Souveränität hat Deutschland in Fragen der Wirtschaftspolitik (losgelöst von der Einbindung in die EU) wirklich?
Ich höre schon den einen oder anderen laut aufschreien: Verschwörungstheorien! Ja klar, die zweite alles vernichtende Argumentationskeule…
Seien wir bitte ehrlich. Geld verschwindet nicht einfach. Geld kann in unserem Schuldgeldsystem nur dann verschwinden, wenn gleichzeitig Schulden verschwinden. Aber es gab in den letzten Jahren/Jahrzehnten keinen Schuldenabbau. Ganz im Gegenteil. Die Schuldenberge haben historische Ausmasse angenommen. Ergo muss das Geld irgendwo gelandet sein.
Nehmen wir das Beispiel der ehemaligen Eurohypo, die als Bad Bank in der Halbjahresbilanz 2014 ausweist, dass es gelungen sei alle Hypothekenkredite aus Spanien, Portugal und den USA an den Finanzinvestor Lonestar (ja, genau jener Investor, der sich schon die IKB unter den Nagel gerissen hatte) zu verkaufen. Unter minimalen Verlusten. Aufgrund eines Gewinnabführungsvertrages dürfte die Commerzbank (wer ist da gleich nochmal größter Anteilseigner?) aber bereits im Vorfeld entsprechende „Wertberichtigungen“ vorgenommen haben. Ansonsten dürfte Lonestar (vgl. hierzu auch die IKB-„Geschichte“) nicht bereit gewesen sein, zu zu greifen. Hypothekenkredite werden aber nie ohne entsprechende Absicherung getätigt. Das heißt neben den Krediten sind auch die Sicherheiten „mitgewandert“. Was wiederum bedeutet, dass sich jetzt die harten Vermögenswerte, die von Deutschland finanziert bzw. gerettet wurden, ebenfalls in den Händen anderer befinden.
Seit 1990 sind die Reallöhne in Deutschland um gerade einmal 6% gestiegen, was de facto einer Stagnation seit 25 Jahren gleichkommt. Und das in einer Zeit in der gleichzeitig die Produktivität (natürlich auch aufgrund von Maschinen und Robotertechnik) um über 80% gestiegen ist oder das BIP pro Kopf von 19.751 Euro auf 35.237 Euro (Faktor 1,81). Die Bruttolohnerhöhungen machten aber nur 59,3% aus. Wo sind aber diese anderen gut 20% hin? Wer hat die Differenz abgeschöpft? Wer hat wirklich vom Euro profitiert?
Leider habe ich die Antworten auf die von mir gestellten Fragen nicht. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass unsere Politkaste und die Medien diese haben. Und sie uns ganz bewusst nicht geben.
Quellen:
Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn – Niedrigzins kostet Deutsche 300 Milliarden Euro
Deutschland und die Eurokrise – Zehn Gründe, warum wir die Verlierer des Euro sind
Back to Mesopotamia? The Looming Threat of Debt Restructuring
Entwicklung der durchschnittlichen Löhne/Gehälter 1995 – 2014
Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner in Deutschland von 1991 bis 2014
Ein Artikel bildet zwangsweise die Meinung eines Einzelnen ab. In Zeiten der Propaganda und Gegenpropaganda ist es daher umso wichtiger sich mit allen Informationen kritisch auseinander zu setzen. Dies gilt auch für die hier aufbereiteten Artikel, die nach besten Wissen und Gewissen verfasst sind. Um die Nachvollziehbarkeit der Informationen zu gewährleisten, werden alle Quellen, die in den Artikeln verwendet werden, am Ende aufgeführt. Es ist jeder eingeladen diese zu besuchen und sich ein eigenes Bild mit anderen Schlussfolgerungen zu machen.
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