Afghanistan: USA gestehen den Terroranschlag gegen das „Ärzte ohne Grenzen“-Krankenhaus im Oktober 2015 einLesezeit: 4 Minuten
Während sich alle Aufmerksamkeit der Hochleistungspresse auf die Anschläge in Brüssel konzentriert, hat Washington still und leise die Verantwortung für die Bombardierung des „Ärzte ohne Grenzen“-Krankenhauses im letzten Jahr im Kunduz, Afghanistan übernommen.
„Als Kommandant“, sagte General John W. Nicholson, der jetzt die US- und NATO-Kräfte in Afghanistan befehligt, „möchte ich persönlich nach Kunduz kommen und die Familien besuchen und die Menschen in Afghanistan, um mich für die Ereignisse zu entschuldigen.“
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(„As commander,” said Gen. John W. Nicholson, who now commands U.S. and NATO forces in Afghanistan, “I wanted to come to Kunduz personally and stand before the families, and the people of Kunduz, to deeply apologize for the events.“)
Bei dem „Ereignis“ von dem Nicholson spricht, starben am 3. Oktober 2015 42 unschuldige Menschen und 37 wurden zum Teil schwer verletzt. Die Bombardierung eines bekannten und in den Karten der US-Armee eingetragenen Krankenhauses als „Ereignis“ zu „umschreiben“, dazu gehört schon eine Menge Chuzpe. Ich würde es als feigen Terroranschlag bezeichnen.
Man hat den Eindruck, dass Washington die „Gunst der Stunde“ nutzt, in der die Aufmerksamkeit der Welt auf ein anderes „Ereignis“ fokusiert ist, um seine Täterschaft „herunterzuspielen“. Gerade weil die USA in den Tagen und Wochen nach der Bombardierung jedwede Verantwortung weit von sich wiesen und sogar Beweismittel wissentlich zerstörten. Zeugen sprachen damals sogar davon, dass Menschen, die aus dem Krankenhaus fliehhen wollten, von den US-Kräften erschossen wurden.
Ärzte ohne Grenzen (ÄOG) veröffentlichte im Oktober mehrere Pressemitteilungen. Unter anderem diese, die die Bombardierung beschrieb:
Eine Reihe von mehreren, präzisen und nachhaltigen Luftangriffen zielte auf die wichtigsten Krankenhausgebäude, während der Rest der Gebäude des ÄOG-Geländes vergleichsweise unberührt blieb. Dieses spezifische Gebäude des Krankenhauses korreliert exakt mit den GPS-Koordinaten, die den Parteien des Konflikts zur Verfügung gestellt wurden (GPS-Koordinaten wurden direkt vor dem Hauptkrankenhausgebäude aufgezeichnet, das von den Luftangriffen getroffen wurde).
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(A series of multiple, precise and sustained airstrikes targeted the main hospital building, leaving the rest of the buildings in the MSF compound comparatively untouched. This specific building of the hospital correlates exactly with the GPS coordinates provided to the parties of the conflict (GPS coordinates were taken directly in front of the main hospital building that was hit with the airstrikes).)
Die Bekanntgabe der GPS-Koordinaten an alle in einem Konfliktfall beteiligten Parteien ist gängige Praxis von ÄOG, damit eine „versehentliche Bombardierung“ eben nicht erfolgt. Daher glauben internationale Beobachter und auch ÄOG, dass die Bombardierung kein Unfall oder Zufall war. Auch weil Zeugen Aussagen wie diese tätigten:
Viele Mitarbeiter beschreiben, dass Menschen erschossen wurden, höchstwahrscheinlich von Flugzeugen aus [die in der Luft kreisten], als die Menschen versuchten aus dem Hauptkrankenhausgebäude zu fliehen, das mit jedem Luftangriff getroffen wurde. Einige Aussagen erwähnen Schüsse, die scheinbar den Bewegungen der Menschen auf der Flucht folgten.
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(Many staff describe people being shot, most likely from the plane [circling overhead], as people tried to flee the main hospital building that was being hit with each airstrike. Some accounts mention shooting that appear[ed] to follow the movement of people on the run.)
ÄOG beschuldigten daher die USA der Kriegsverbrechen und forderten eine vollständige Untersuchung der Bombardierung. Washington versuchte derweil in den Folgewochen jedwede Verantwortung auf die anderen Konfliktparteien zu schieben. Innerhalb von vier Tagen tischten die US-Behörden der Öffentlichkeit vier verschiedene „Erklärungen“ auf, was die Glaubwürdigkeit, dass die USA nichts mit der Bombardierung zu tun hatte, bereits im Oktober mehr als in Frage stellte.
Jetzt „gesteht Washington meschliches Versagen ein“ und hat gegenüber 12 US-Soldaten, die man wohl als Sündenböcke herausgepickt hat, „administrative Strafen (administrative punishment)“ ausgesprochen. Jedoch keine Strafanzeige, was in den Augen der Opfer bzw. Angehörigen einmal mehr ein Schlag ins Gesicht und eine Beleidigung sein dürfte.
Das Krankenhaus von ÄOG im Kunduz wurde übrigens nicht wieder aufgebaut. Und die Opfer wurden mit den Folgen der illegalen Bombardierung, besser Kriegsverbrechen, in klassischer US-Manier allein gelassen.
Ich bin gespannt, in wie weit wir dieses „Eingeständnis“ Washingtons – als das was es ist, ein Kriegsverbrechen und Terroranschlag – in unserer Hochleistungspresse wiederfinden werden.
Quellen:
In the Wake of Brussels Attack, US Quietly Admits to Their Own Act of Terror that Killed 42
US and Nato commander apologizes for Médecins Sans Frontières bombing
Report: US Shot At Victims Fleeing Bombing of Doctors Without Borders Hospital
Doctors Without Borders Demand War Crime Investigation of US Bombing of Hospital
Doctors Without Borders Bombing: U.S. Changes Story Four Times in Four Days
‘Disciplined’? Kunduz hospital bombing land ‘mainly administrative’ punishment for 12 US troops
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