Scripted Reality: Die politische TäuschungLesezeit: 4 Minuten
Unter Scripted Reality versteht man ein Fernsehformat, das zum Genre des Reality-TV gehört, „in dem die Dokumentation realer Ereignisse vorgetäuscht wird. Die Szenen werden dabei von Schauspielern (meist Laiendarstellern) nach Regieanweisung (Skript) gespielt.“
Laut Wikipedia laufen allein 33 Sendungen im deutschen Fernsehen, die unter diese Kategorie fallen. Darunter sind solche „Perlen“ wie „Frauentausch“, „Berlin Tag & Nacht“ oder „Köln 50667“ zu finden. „Richterin Barbara Salesch“ war 1999 die erste Scripted Reality-Produktion (ausgestrahlt von SAT1), die im deutschen Fernsehen zu sehen war. Mittels dramaturgischer Inszenierungen soll in diesen Produktionen der Anschein erweckt werden, dass es sich um eine Dokumentation oder eine Reportage handelt, die reale Geschehnisse abbildet.
Wesentliche Merkmale sind dabei
- der dokumentarische Stil als dramaturgisches Mittel (Vortäuschung von Authentizität),
- dass alle handelnden Personen nach einem Drehbuch agieren,
- dass die handelnden Personen meist von gecasteten Laiendarstellern gespielt werden,
- dass eine gewisse Neigung zu Voyeurismus und Vulgarität vorherrscht und
- dass die frei erfundenen Geschichten häufig bestehende Vorurteile bedienen.
In den USA ist diese Form der „billigen Sendeplatzbefüllung“ noch älter. Kein Wunder also, dass immer mehr vor allem jüngere Zuschauer Probleme haben, die bewusste Verschleierung des fiktionalen Charakters einer solchen Sendung zu erkennen und die gezeigten Inhalte als „echt“, „glaubwürdig“ oder „gespielt“ einzuordnen. Nach einer Studie mit 1.000 Zuschauern des Marktforschungsinstituts Ipsos bzw. einer Analyse des Medienforschungsinstituts GöfaK, die auf dieser Studie beruhte, werden als echt empfundene Ausschnitte einer Scripted Reality-Sendung von den Zuschauern sehr gerne auf die Wirklichkeit projiziert. Soll heißen, dass Themen, die in solchen Sendungen angesprochen werden, von den Zuschauern leichter als real und glaubwürdig empfunden werden – selbst wenn es um fiktive Dinge wie einen in der Studie eingeführten Schulermittler (den es so in Deutschland nicht gibt) geht.
Die Studie kommt gar zu einem bemerkenswerten Ergebnis:
Die Einschätzung der in einer Sendung gezeigten Handlung als echt (und nicht gespielt), fördert demnach die Tendenz, die Welt aus der Perspektive der Fernsehrealität wahrzunehmen und zu beurteilen.
Diesen Satz sollte man zweimal lesen, um seine Brisanz gerade bzgl. der heutigen Politik einschätzen zu können. Heißt dieser Satz denn nicht auch, dass das, was uns die heutigen Vertreter der Fernsehzunft in den Nachrichten präsentieren, nicht dafür prädestiniert ist uns ein gewünschtes Abbild der Realität in die Köpfe zu pflanzen – jenseits der echten Wirklichkeit? Kann es gar sein, dass diese Scripted Reality-Produktionen den Weg dafür bereitet haben, dass diese Technik auch in der Wahrnehmung der „falschen politischen Realität“ so erfolgreich sein kann wie sie es ist? Wie oft hört man in den Alternativen Medien die Frage, warum die Leute nicht erkennen wollen, welches Spiel mit ihnen gespielt wird, warum sie nicht erkennen können (oder wollen), dass sie Propaganda und Lügen aufsitzen? Natürlich liegt es zum einen daran, dass diese Menschen meist un- bzw. nur teilinformiert sind und nicht über den Mainstreamtellerrand hinausblicken. Aber liegt es zum anderen nicht auch daran, dass sie so konditioniert wurden? Konditioniert so zu reagieren, wie sie es tun? Eben auch durch Formate wie diese Scripted Reality-Sendungen?
Betrachtet man rückblickend den US-Wahlkampf oder auch das tägliche politische Geschehen, dann kommen einem unweigerlich die Merkmale der Scripted Reality (siehe oben) in den Sinn:
- Vortäuschen von Authentizität? Siehe sich gemein machen mit dem einfachen Bürger, um nach der Wahl doch wieder die Versprechen nicht einzulösen.
- Agieren nach einem Drehbuch? Wer hat nicht das Gefühl, dass alle Politiker gleich handeln und das gleiche tun, wenn sie die politische Macht in den Händen halten?
- Gecastetes Personal? Siehe die jetzige „Kabinettsbildung Trumps“ oder die Tatsache, dass nur jene Figuren politisch nach oben kommen, die man im Volksmund als Ja-Sager tituliert.
- Neigen zu Voyeurismus und Vulgarität? Stichwort Dunkeldeutschland, Pack oder Deplorables.
- Bedienen bestehender Vorurteile? Ich würde hier fast von politischem Tagesgeschäft sprechen.
Zusammen mit der Public Relations (PR), dem Verkaufen falscher Tatsachen, ist die Scripted Reality die heutige tägliche politische Realität. Wir werden mittels PR dazu genötigt nicht nur irgendwelche sinnbefreiten Konsumgüter zu kaufen, sondern auch die uns aufgetischte „falsche politische Wirklichkeit“. In Kombination mit der Scripted Reality ist damit eine der wirkungsvollsten Indoktrinationswaffen der Moderne entstanden. Solange wir aber den Kreis aus Täuschung und Indoktrination nicht durchbrechen, solange werden wir auch keinen politischen Wandel erreichen können und solange werden uns die Machteliten steuern, gegeneinander ausspielen und missbrauchen können.
Quellen:
Wikipedia – Scripted Reality
Wikipedia – Liste deutscher Scripted-Reality-Sendungen
Lexikon der Filmbegriffe – Scripted Reality
Wie wirkt „Scripted Reality“?
Zitate.net – Salvador Dali
Ein Artikel bildet zwangsweise die Meinung eines Einzelnen ab. In Zeiten der Propaganda und Gegenpropaganda ist es daher umso wichtiger sich mit allen Informationen kritisch auseinander zu setzen. Dies gilt auch für die hier aufbereiteten Artikel, die nach besten Wissen und Gewissen verfasst sind. Um die Nachvollziehbarkeit der Informationen zu gewährleisten, werden alle Quellen, die in den Artikeln verwendet werden, am Ende aufgeführt. Es ist jeder eingeladen diese zu besuchen und sich ein eigenes Bild mit anderen Schlussfolgerungen zu machen.
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