Spanien: Bankia-Skandal – Zentralbanker vor GerichtLesezeit: 5 Minuten
Nach Island versucht sich nun Spanien darin, seine Banker für die finanziellen Probleme des Landes haftbar zu machen. So hat jetzt das höchste Gericht Spaniens den ehemaligen Chef der Zentralbank, einen hohen Beamten der Marktaufsichtsbehörde und fünf weitere (ehemalige) Zentralbanker angeklagt, weil diese einen Schaden von mehreren Milliarden Euro verursacht haben, die die kleinen Investoren am Ende ausgleichen mussten.
Schwer vorstellbar, dass damit eine Abkehr von der allgemein als Bail-Out bzw. Bail-In bezeichneten Rettungspolitik einhergeht und endlich die wahren Verursacher zur Kasse gebeten werden. Vielmehr dürfte auch hier das Ganze auf eine Art Schauprozess hinaus laufen, bei dem am Ende die Banker und Verantwortlichen straffrei das Gerichtsgebäude verlassen werden und es maximal zu einer außerordentlichen Einigung kommt, bei der dann beispielsweise das Bankhaus eine Strafe zahlt, die nicht annähernd im Verhältnis zum Schaden bzw. zu den Einnahmen/Rettungsgeldern steht.
Bereits im letzten Jahr hatte der oberste spanische Gerichtshof entschieden, dass es zu „schwerwiegenden Ungenauigkeiten“ bei der Informationspolitik des Finanzinstituts Bankia gekommen ist, so dass die Bank Millionen Euro an Kompensationsstrafen leisten musste. Bankia ging 2011 aus den „Überresten“ von sieben insolventen Bankhäusern hervor und galt von Anbeginn als „nicht überlebensfähig“:
Als Teil der epischen, mehrjährigen strafrechtlichen Untersuchung des zum Scheitern verurteilten Börsengangs der spanischen Frankensteinbank Bankia – die aus den verheerenden Leichen von sieben bereits verstorbenen Sparkassen zusammengefügt worden war – hatte das spanische Nationalgericht sechs aktuelle und ehemalige Direktoren der Bank of Spain, einschließlich seines ehemaligen Gouverneurs, Miguel Ángel Fernández Ordóñez und seinem ehemaligen stellvertretenden Gouverneur (und derzeitigem Leiter des Instituts für Finanzstabilität bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich), Fernando Restoy, zur Aussage vor Gericht vorgeladen. Sie rief auch zur Vernehmung von Julio Segura, dem ehemaligen Präsidenten des spanischen Finanzmarktregulators, der CNMV [spanisches Äquivalent der SEC in den USA], auf.
Die sechs Zentralbanker und ein Beamter der Finanzmarktaufsichtsbehörde wurden beschuldigt, dass sie den Start von Bankia im Jahr 2011 trotz wiederholter Warnungen aus dem Inspektorenteam der Bank of Spain, dass die Bankengruppe „nicht überlebensunfähig“ sei, autorisiert haben.
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(As part of the epic, multi-year criminal investigation into the doomed IPO of Spain’s frankenbank Bankia – which had been assembled from the festering corpses of seven already defunct saving banks – Spain’s national court called to testify six current and former directors of the Bank of Spain, including its former governor, Miguel Ángel Fernández Ordóñez, and its former deputy governor (and current head of the Bank of International Settlements’ Financial Stability Institute), Fernando Restoy. It also summoned for questioning Julio Segura, the former president of Spain’s financial markets regulator, the CNMV [the Spanish equivalent of the SEC in the US].The six central bankers and one financial regulator stand accused of authorizing the public launch of Bankia in 2011 despite repeated warnings from the Bank of Spain’s own team of inspectors that the banking group was „unviable.“)
Bei AFP lesen wir zum aktuellen Fall:
Das Nationalgericht bestätigte die Schlussfolgerungen von Staatsanwälten, die folgerten, dass, wenn „eine nicht lebensfähige Einheit an der Börse notiert worden ist, dass [dann] ihre Verwalter oder Prüfer nicht alle Verantwortung tragen sollten“.
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(The National Court validated conclusions made by prosecutors who concluded that when „an unviable entity has been listed on the stock market, its administrators or auditor should not shoulder all the responsibility.“)
Während es noch keine Aussagen zu einem möglichen Strafmaß gibt, ist der eingetreten Schaden zumindestens für das Jahr 2012 bekannt:
Das Gericht fragt, warum sie [die Personen, die sich jetzt vor Gericht zu verantworten habe; Anm. www.konjunktion.info] es erlaubten, dass Bankia Aktien beim Börsengang im Jahr 2011 verkauft, weniger als ein Jahr bevor das Portfolio Bankias aus schlechten Hypothekendarlehen die Regierung dazu zwang, die Kontrolle über sie zu übernehmen. Es gab Anzeichen dafür, dass die Regulierungsbehörden über die Notlage von Bankia „volle und gründliche Kenntnis“ verfügten. Nach der Verstaatlichung setzten sie für 2012 einen Verlust in Höhe von 19,2 Mrd. € (24,7 Mrd. $) fest, dem größten in der spanischen Unternehmensgeschichte.
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(The court is questioning why they allowed Bankia to sell shares in an initial public offering in 2011, less than a year before Bankia’s portfolio of bad mortgage loans forced the government to seize control of it. It said there was evidence the regulators had „full and thorough knowledge“ of Bankia’s plight. After its nationalisation, it went on to report a €19.2bn ($24.7bn) loss for 2012, the largest in Spanish corporate history.)
Interne Mails und Dokumente spielten eine entscheidende Rolle dabei, dass man die Verantwortlichen jetzt vor Gericht bringen konnte. So warnten Prüfer davor, dass Bankia „eine Geld vernichtende Maschine“ ist, deren Probleme auch ein Börsengang nicht lösen würde. Aber wie immer in solchen Fällen wurden die Warnungen eines kleinen Mitarbeiters als nicht relevant erachtet und ignoriert. Auch wurden Vorschläge, anstatt eines Börsengangs die Bankia an private Interessenten zu verkaufen, abgelehnt. Daher ist der Schritt des obersten Gerichts in Spanien logisch, dass es weitere Untersuchungen vornehmen will, welche Rolle „andere Spieler, wie z.B. Beamte in der Zentralbank“ einnahmen.
Man darf gespannt sein, ob es zu einer Verurteilung inkl. Gefängnisstrafe kommt. Insbesondere da spanische Gerichte im Allgemeinen Finanzkriminelle äußert „sorgsam behandeln“. Eher ist davon auszugehen, dass auch diese Verhandlung zum allseits bekannten Endergebnis führen wird: ein kleiner Schlag auf die nehmende Hand, d.h. eine außergerichtliche Einigung über eine Zahlung von ein paar Millionen Euro. Damit ist keiner der Banker vorbestraft und die spanische Justiz hat den Anschein von Gerechtigkeit aufrechterhalten.
Also alles wie immer eben…
Quellen:
Spain Sets Massive Precedent — Charges Its Central Bankers in Court
La Audiencia Nacional ordena al juez del ‚caso Bankia‘ que impute a Fernández Ordóñez, Restoy y Segura
Ex-governor of Bank of Spain charged over banking scandal
The Unthinkable Just Happened in Spain
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