USA Freedom Act: Ausweitung der Überwachung durch die Hintertür – Las Vegas sei Dank?Lesezeit: 6 Minuten
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Bereits nach 9/11 wurde mit dem US Patriot Act ein Gesetz in den USA verabschiedet, das die Bürgerrechte massivst beeinträchtigte und weltweit Folgen hatte, weil sowohl andere westliche Regierungen sich mit eigenen Gesetzen an diesem Patriot Act anlehnten als auch aufgrund einschneidender Maßnahmen, die die USA dem Rest der Welt oktroyierten. Dabei ist den Wenigsten bewusst, dass dieses Monstrum eines Gesetzes mit mehr als 1.200 Seiten bereits in den Schubladen eines gewissen John Kerry lag, bevor der 11. September 2001 als Begründung für alles Mögliche herhalten musste.
In wie weit es ähnlich gelagert ist, was das Las Vegas Attentat und die Ausweitung des sogenannten USA Liberty Acts (auch wenn dieser in seiner Urform bereits 2015 verabschiedet wurde) anbelangt, wird wohl – analog zum Patriot Act – erst die Zukunft zeigen. Nichtsdestotrotz – oder vielleicht gerade deswegen – hat sich bereits eine Allianz von 40 Organisationen (z.B. mit American Civil Liberties Union oder Freedom of the Press Foundation) gebildet, die gegen dieses Gesetz Sturm laufen, weil es der US-Regierung ermöglicht Abschnitt 702 des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) zu reautorisieren sowie weitere Schlupflöcher für die weltweite Überwachung schafft.
In einem Brief an das House Judiciary Committee geht die Allianz insbesondere auf diese „Durchsuchungssuchlücken durch die Hintertür (backdoor search loophole)“ ein, die es der US-Regierung ermöglicht, „Durchsuchungen ohne legalen Rechtsgrund nach Information von Personen durchzuführen, die keine Ziele von Abschnitt 702 sind, einschließlich US-Bürger und Einwohner (conduct warrantless searches for the information of individuals who are not targets of Section 702, including U.S. citizens and residents)“. Sollte sich bislang jemand gefragt haben, was ihn hier in Deutschland dieses Gesetz FISA angeht, findet er die indirekte Antwort im Passus „einschließlich US-Bürger und Einwohner“, denn das Abschnorcheln persönlicher Informationen ohne richterlichen Beschluss betrifft insbesondere Nicht-US-Amerikaner.
Der USA Liberty Act weicht von der Empfehlung der Überprüfungsgruppe des Präsidenten für die Überwachung, von Änderungsanträgen, die das Haus bereits verabschiedet hat, und von Forderungen der zivilgesellschaftlichen Organisationen ab, die vor der Durchsuchung der Datenbank nach Section 702 einen Haftbefehl für einen US-Staatsbürger oder einen Einwohner ohne eng definierte Ausnahmen erforderlich gemacht hätten, ab. Wie geschrieben, wirft es einige Bedenken auf. Erstens ist der gravierendste Mangel des Gesetzes, dass es keinen richterlichen Beschluss für den Zugriff auf Inhalte in Fällen benötigt, in denen der primäre Zweck darin besteht, ausländische Geheimdienstinformationen zurückzugeben. Dies ist eine Ausnahme, die die Regel zu verschlucken droht.
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(The USA Liberty Act departs from the recommendation made by the President’s Review Group on Surveillance, appropriations amendments that have previously passed the House, and urgings of civil society organizations, which would have required a probable cause warrant prior to searching the Section 702 database for information about a U.S. citizen or resident absent narrow exceptions. As written, it raises several concerns. First, the bill’s most glaring deficiency is that it does not require a warrant to access content in cases where the primary purpose is to return foreign intelligence. This is an exception that threatens to swallow the rule.)
Wenig überraschend wird seitens Washingtons verargumentiert, dass das Gesetz die „Privatsphäre der Amerikaner besser schützt“, in dem es erforderlich macht, dass die Regierung „einen Zweck der nationalen Sicherheit (a legitimate national security purpose)“ nachweist, bevor sie die Informationen einer Einzelperson durchsuchen kann. Zudem müsse man, nachdem man diesen „Zweck“ nachgewiesen habe, „eine gerichtliche Anordnung erhalten, die auf die wahrscheinliche Ursache beruht, um den Inhalt der Kommunikation zu durchsuchen, außer wenn Leben oder Sicherheit bedroht sind oder eine frühere wahrscheinliche ursachenbezogene gerichtliche Verfügung oder Haftbefehl gewährt wurde (obtain a court order based on probable cause to look at the content of communications, except when lives or safety are threatened, or a previous probable cause-based court order or warrant has been granted)“.
Die „erste Hürde“ des „legitimate national security purpose“ ist aber allein dadurch „nehmbar“, in dem beispielsweise das FBI irgendeinen Grund für die Anwendung des Gesetzes angibt, der jedoch seitens der Behörde nicht nachzuweisen ist. Damit sind der Durchsuchung und Überwachung nach Meinung der Allianz Tür und Tor geöffnet:
Die derzeitige Ausführung macht nicht klar, dass die Regierung einen Durchsuchungsbefehl für den Zugriff auf Inhalte für Strafverfolgungsrecherchen haben muss, wenn der Zweck nicht darin besteht, gezielt Beweise für ein Verbrechen zu erhalten, oder wenn es einen zweiten ausländischen Geheimdienst und einen kriminellen Zweck gibt. Als solche könnte der Gesetzentwurf der Regierung weiterhin erlauben, Anfragen zu stellen und auf Inhalte ohne richterlichen Beschluss in solchen Fällen zuzugreifen, in denen strafrechtliche Ermittlungen und Strafverfolgungen durchgeführt werden.
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(The current language does not make clear that the government must have a warrant to access content for law enforcement searches where the purpose may not be to specifically obtain evidence of a crime, or in cases where there may be a dual foreign intelligence and criminal purpose. As such, the bill could still permit the government to conduct queries and access content without a warrant in cases involving criminal investigations and prosecutions.)
Der USA Liberty Act und das damit „aufgebohrte FISA“ erlaubt es also nicht nur die Kommunikation der US-Bürger selbst zu überwachen, sondern insbesondere die von „ausländischen Zielen“, wenn diese des Terrorismus verdächtigt werden. Einmal mehr dient also der „Terrorismus“ als Begründung für eine Ausweitung und verdachtslose Durchsuchung und Überwachung der weltweiten Kommunikation durch die USA.
Sowohl 2001 mit dem Patriot Act als auch 2015 mit dem USA Freedom Act setzten die Regierungen des Kriegsverbrechers George W. Bush und des Drohnenmörders Barack Obama auf ein Klima der Angst und der Angst induzierten Propaganda, um „ihre Gesetze durchboxen zu können“. Jetzt da der Abschnitt 702 des Foreign Intelligence Surveillance Acts zum 31. Dezember 2017 ausläuft, ist seitens Washingtons dringender Handlungsbedarf gegeben und durch die Anbindung dieses Abschnitts an den bzw. Änderung des USA Freedom Act will man die Überwachungsmaßnahmen weiter ermöglichen bzw. sogar erweitern. Mit weltweiten Folgen…
Quellen:
Discover the Networks John Kerry
Media Silent As Government Uses Vegas Shooting To Push Bill Allowing Warrantless Searches
THE USA LIBERTY ACT
COALITION LETTER: ACLU AND OTHER GROUPS WON’T SUPPORT CURRENT VERSION OF HOUSE SURVEILLANCE BILL
9/11 Gave Us the Police State With the ‘Patriot’ Act, After Vegas Get Ready for ‘USA Liberty’ Act
Despite it Being Ruled Illegal, Obama’s Secret Court Just Let the NSA Keep Spying on Your Phone
Why are People Celebrating? USA FREEDOM Act is a Big Win for the NSA- Not Civil Liberties
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